Beim Einkaufen die Welt retten – um nicht weniger geht es im Unverpackt-Laden „Der Sache wegen“. Wir haben nachgehakt.
„Der Einzelhandel trägt Verantwortung für das, was er verkauft“, finden Christiane Sieg (28) und Sima Kaviani (27). Kondomisierte Gurken, doppelt verpackte Zucchini oder Bananen im Plastiksack sind deshalb in ihrem Laden „Der Sache wegen“ nicht zu finden. Seit letzten Dezember lässt es sich in der Lychener Straße 47 verpackungsfrei einkaufen. Wie das mit dem Welt retten funktioniert, wollten wir genauer erfahren und haben bei Christiane Sieg nachgefragt:
Ihr habt einen verpackungslosen Supermarkt eröffnet. Was soll das?
Die Idee zum Laden hatte ich schon im Biologie-Studium. Ich wollte immer in den Umweltschutz gehen und habe überlegt: Wie kann ich viele Leute auf einmal ansprechen? Die Antwort: mit Einkaufen! Jeder geht doch einkaufen. „Der Sache wegen“ ist ein Laden, der nicht nur Einwegverpackungen sondern vor allem Plastik vermeidet. Deswegen gibt es bei uns auch keine Großspender aus Plastik, sondern welche aus Glas, Holz und Edelstahl. Kleine Tischlereien in Deutschland haben sie für uns gebaut.
Auf die Plastikhülle um die Gurke lässt sich leicht verzichten, aber wie sieht es zum Beispiel beim Reis aus? Wie wird der verpackungslos transportiert?
Wir bieten unsere Produkte zum selbst Abfüllen an. Das heißt, man kann bei uns wiederverwendbare Behälter kaufen. Die meisten bringen aber ihre eigenen mit. Das funktioniert bei Reis, Nudeln, Müsli, Nüssen, Kakao, Kaffee, Tee, Gewürzen aber auch Cremes oder Reinigungsmitteln.
Reicht es aus, verpackungslos einzukaufen und schon hat man die Welt gerettet?
___STEADY_PAYWALL___
Nein, natürlich nicht. Deshalb sind unsere Lebensmittel auch Bioprodukte und viele sind fair gehandelt. Man muss das wirklich so drastisch sagen: In einem normalen Laden dürfte man 90 Prozent der Produkte nicht anbieten, weil da Sklavenarbeit dahinter steckt. Am schlimmsten ist es bei Kakao und Kaffee, dahinter steckt am meisten Leid. Der Einzelhandel sollte vielmehr Verantwortung übernehmen. Hier und da mal ein Bio- oder Fairtrade-Regal reicht nicht.
Die Leute selbst haben nicht den ganzen Tag Zeit, um sich Gedanken zu machen, wo alles herkommt und wie die Bedingungen sind. Deshalb sitzen wir in unserem Laden ganz lange zusammen und beraten, welche Produkte wir anbieten wollen. Es ist möglich, ein Sortiment anzubieten, was man mit gutem Gewissen kaufen kann. Das ist es, was wir beweisen wollen.
Die Prenzlauer Berger sind dem Klischee nach in Sachen Bio ja ziemlich versiert. Rennen Euch die Leute den Laden ein?
Tatsächlich kommen viele unserer Kunden nicht von hier, sondern kennen uns aus dem Internet. Die Nachbarn hier im Kiez sind aber auch interessiert. In den ersten zwei Wochen waren viele Leute nur zum Gucken da.
Die Bio-Läden boomen zwar in Prenzlauer Berg, aber ich habe den Eindruck, dass fairer Handel noch nicht so sehr im Bewusstsein ist. Deshalb hängen kleine Schilder im Laden, die über die Produkte und deren Herkunft informieren.
Viele fragen mich auch, warum zum Beispiel unsere Nüsse so teuer sind. Insgesamt wird hier einfach ganz viel mit den Kunden geredet, was sehr viel Spaß macht. Wir sind wie ein Erklär-Laden.
Der Sache Wegen, Lychener Straße 47, 10437 Berlin / Mo-Fr 12:00-20:00 Uhr / Sa 10:00-20:00 Uhr / Telefon +49 30-85626102
In unserer Reihe „Was soll das?“ fragen wir regelmäßig Leute, was das soll. Falls Euch etwas auffällt, bei dem Ihr Euch das schon immer gefragt habt, freuen wir uns über einen Hinweis an redaktion@prenzlauerberg-nachrichten.de.
Foto: Victoria Scherff