Happy Birthday, Planetarium!

von Kristina Auer 6. Oktober 2017

Das Zeiss-Großplanetarium wird 30 und sieht besser aus denn je. Das ist unfair! Ein persönlicher Geburtstagsbrief.

Liebes Planetarium,

der 30. Geburtstag ist nicht einfach, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Mich selbst ereilte dieser Meilenstein in der eigenen Biographie im letzten Dezember, und zwar in Form eines ausgedehnten, bierseligen und stellenweise tränenreichen Kneipenabends an der Gethsemanekirche, der in weiten Teilen einer Gruppentherapie ähnelte. Und am folgenden Tag wesentlich dazu beitrug, dass ich mich nicht nur wie 30 fühlte, was schon schlimm genug gewesen wäre, sondern eigentlich eher dem Rentenalter nahe.

Im Laufe des Jahres wurde ich Zeugin, wie meine Altersgenossinnen und -genossen nach und nach dasselbe Schicksal ereilte und sie von ihrem 30. Geburtstag in kleinere bis mittelschwere Lebenskrisen gestürzt wurden. Was wollten wir mit 30 nicht schon alles erreicht haben! Stattdessen waren wir weit entfernt davon, irgendwo anzukommen. Plötzlich mussten wir uns von Plakaten für Ü30-Parties angesprochen fühlen! Wir hatten immer noch keine Ahnung und so richtig sicher waren wir uns bei so ziemlich gar nichts. Und überhaupt, wer waren wir eigentlich? Und so weiter…

___STEADY_PAYWALL___

Und jetzt, liebes Planetarium, bist Du an der Reihe: Am Samstag feierst auch Du Deinen 30. Geburtstag! Herzlichen Glückwunsch, Du junggebliebenes Stück Geschichte! Kommt es Dir auch so vor, dass es seit Deinem 25. Geburtstag, als wir Dir zuletzt feierlich gratulierten, noch gar nicht so lange her ist? Im Vergleich zu unsereins ist bei Dir allerdings nichts beim Alten. Du hast schließlich eine umfangreiche Verjüngungskur bekommen. Zwei Jahre und fast 13 Millionen Euro hat man investiert, um Dich wieder schick zu machen.

Vorbei sind die Tage, in denen Du mit der veralteten Technik vorlieb nehmen musstest, die man Dir einst 1987 zur Eröffnung eingebaut hatte, als Du als eines der letzten Prestigeprojekte der DDR fertiggestellt wurdest. Es war damals der 9. Oktober, kurz nach dem 38. Gründungstag der DDR, und gefeiert wurde das 750-jährige Stadtjubiläum, die gesamte SED-Spitze nahm in Deinen blauen Plüschsesseln Platz.

Das Planetarium im September 1987, einen Monat vor der Eröffnung
© SPB / Foto: R. Lück

Gezählt sind nun nicht nur die Tage jener Führungsriege, sondern auch die der Plüschsessel und des dreieinhalb Tonnen schweren Sternenprojektors Cosmorama aus dem Hause Zeiss. Und selbst die harten Jahre nach der Wende hast Du überstanden, als die Besucher ausblieben und die Stadt Dich schließlich ganz „abwickeln“ wollte. Das digitale Zeitalter ist auch bei Dir endgültig angebrochen, in Deinem Inneren regieren nun der topmoderne Universarium Modell IX und seinen acht Planeten- und zehn Videoprojektoren und 49 Lautsprecher. Drinnen wird der Sternenhimmel mit natürlicher Brillanz an die Kuppel projiziert, draußen erhellt sie in allen Regenbogenfarben das nächtliche Prenzlauer Berg. Deinen Charme hast Du trotz aller Neuerungen nicht verloren.

Du, liebes Planetarium, wirst an Deinem 30. Geburtstag nicht verzweifelt in der Kneipe versacken, sondern eine große Party schmeißen und voller Zuversicht in die Zukunft blicken. Schließlich bist Du jetzt das modernste Wissenschaftstheater in Europa. Dass Du an Deinem 30. Geburtstag besser daherkommst als je zuvor, lässt uns – die wir tagtäglich unsere neugewonnen Falten hinnehmen müssen – vor Neid erblassen.

Und trotzdem freue ich mich natürlich, dass Du Deinen Geburtstag in solch prächtiger Verfassung begehst und Dir eine rosige Zukunft bevorsteht! Ich habe mir fest vorgenommen, Dich sehr bald wieder zu besuchen. Das Allerbeste an Dir ist nämlich: Wenn man sich so in Deine schönen neuen Sessel drückt und an Deiner Kuppel in die unendlichen Weiten des Alls blickt, dann wirken selbst die weltbewegenden Lebensfragen einer 30-Jährigen plötzlich gar nicht mehr so groß.

In diesem Sinne: Happy Birthday, Prost, und auf die nächsten 30 Jahre!

 

Zum Geburtstag feiert das Planetarium das ganze Wochenende über mit freiem Eintritt. Das gesamte Programm findet Ihr hier.

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar