Am Anfang war ein Bauwagen

von Kristina Auer 14. September 2017

Früher ein Bauwagen für die Kinder vom Helmholtzplatz, heute ein Bauwagen für die Flüchtlingskinder am Tempelhofer Feld: Das Mach-Mit-Museum wird 25.


ARTIKEL vom 14. September 2017:

Uta Rinklebe sitzt mit leuchtenden Augen an ihrem Schreibtisch im Mach-Mit-Museum in der Senefelder Straße: „Das Tollste ist, wenn man die Leute beim Hereinkommen sieht und dann nochmal nach zwanzig Minuten“, sagt die Museumsleiterin. „Am Anfang sind die meisten Erwachsenen verunsichert und fragen, was sie jetzt hier tun können. Dann merken sie irgendwann, dass sie einfach drauf los erkunden können und blühen richtig auf.“

Das Mach-Mit-Museum heißt zwar Museum für Kinder, weil die Kinder im Mittelpunkt stehen sollen, ist aber trotzdem auch für ganze Familien gedacht. Und es ist eines der ersten seiner Art in ganz Deutschland. Am Freitag feiert das Museum in der Eliaskirche sein 25-jähriges Bestehen. Von anfänglich einer halben Stelle hat sich das Museum heute zu 14 Mitarbeiterinnen entwickelt. Im letzten Jahr kamen 73 000 Besucher. Dass es gerade hier entstanden ist, hat viel mit der Geschichte von Prenzlauer Berg zu tun, sagt Rinklebe.

 

Ansätze alternativer Pädagogik aus der Oppositionshochburg Prenzlauer Berg

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„Als zentraler Ort der Opposition in der DDR sind hier schon vor der Wende Ansätze für alternative Pädagogik entstanden“, sagt Rinklebe. Dazu zählt vor allem das Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg, das unter anderem den Bauspielplatz Kolle 37 und die Jugendfarm Moritzhof betreibt. Aus ihm ist auch das Mach-Mit-Museum entstanden. „Der zweite Grund ist das Sanierungsgebiet Helmholtzplatz, für das es nach der Wende Fördergelder gab“, sagt die Museumsleiterin. Und Fördergelder braucht ein privates Kindermuseum.

 

Der historische Seifenladen stand früher in einem Geschäft in der Naugarder Straße

 

Aber nochmal von Anfang an: Das Mach-Mit-Museum entstand im Jahr 1992 als Bauwagen-Projekt, der Wunsch nach mehr Platz und einem festen Ort setzte sich aber schnell durch. Und so zog das Museum einige Jahre lang durch den Stadtteil, über eine kurze Station im Bezirksamt in der Fröbelstraße in die Grundschule in der Ibsenstraße, und schließlich in eine Ladenwohnung in der Schivelbeiner Straße. Aber auch hier wurde der Platz schnell zu eng. Als die Eliasgemeinde im Jahr 2000 beschloss, ihr Kirchengebäude zu verpachten und sich unter den konkurrierenden Bewerbern – einem Club und einer Sparkassen-Filiale – für das Kindermuseum entschied, war ein großer Meilenstein in der Museumsgeschichte geschafft.

 

Bauwagen Sven für geflüchtete Kinder am Tempelhofer Feld

 

Drei Jahre lang wurde das Kirchengebäude umgebaut, das Museum bekam sein Herzstück – das Kletterregal. Bis heute baut sich das pädagogische Konzept des Museums in drei Säulen auf: Die Ausstellung, bei der Kinder etwas lernen, das Kletterregal für ausreichend Bewegung, und am Schluss das Basteln oder Bauen eines Gegenstands, den die Kinder mit nach Hause nehmen können.

Seit 2003 ist das Mach-Mit-Museum endgültig in der Senefelder Straße zu Hause. Einen Bauwagen gibt es immer noch, oder besser gesagt wieder: „Sven“ hat Uta Rinklebe im letzten Jahr angeschafft, er steht nicht in Prenzlauer Berg, sondern auf dem Tempelhofer Feld. „Wir wollten etwas für die geflüchteten Kinder aus dieser riesigen Notunterkunft machen. Da war sofort klar, das ist viel zu weit, wir müssen vor Ort sein.“

 

Uta Rinklebe leitet das MachMit-Museum seit 2015

 

„Kein Spaziergang“

 

Einfach war es nicht, das Kindermuseum über ein Viertel Jahrhundert durchzubringen. „Das war kein Spaziergang“, sagt Uta Rinklebe. Das Mach-Mit-Museum ist ein privates Museum, das sich hauptsächlich über die Eintrittspreise finanziert. Zwar wird das Museum vom Senat und vom Pankower Jugendamt gefördert. Die Förderung betrage aber nur rund ein Fünftel der tatsächlichen Kosten, so Rinklebe. „Deshalb müssen wir fortlaufend Projektanträge für zusätzliche Förderungen schreiben.“

Die Museumsleiterin hofft, dass der Senat seine Förderung in Zukunft erhöht. „Wir sind ein Flaggschiff der Kindermuseumskultur und gerade auch der Prenzlauer Berger Jugendkultur“. Das 25-jährige Bestehen des Museums ist für die Leiterin „eine Riesenleistung“ – gerade auch im Hinblick auf die vielen Kultureinrichtungen in Prenzlauer Berg, die nicht überlebt haben, umziehen mussten oder fortlaufend bedroht sind. Die Murkelbühne, der Klub der Republik oder das Theater o.N. müssen hier wieder mal als aktuelle Beispiele herhalten.

Bevor man sich weiter Sorgen um die Zukunft macht, wird diese Riesenleistung im Mach-Mit-Museum jetzt aber erstmal gefeiert, und zwar an diesem Freitag ab 15 Uhr.  Mit viel Kuchen, Konzerten und freiem Eintritt für die aktuelle Ausstellung „Der weite Horizont“ über die indianischen Kulturen Amerikas. Wir wünschen schon mal alles Gute für die nächsten 25 Jahre!

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