Gerade die Harmonie zwischen Hunden und Kindern schätzt Daniel aus Kopenhagen an Berlin sehr. (Foto: Constanze Nauhaus)

Einfach mal den Hund halten

von Constanze Nauhaus 24. August 2017

Der Thälmannpark gilt als Hundeparadies – durchaus nicht zur Freude aller Parknutzer. Eine Petition fordert nun eingezäunte Auslaufgebiete und verstärkte Kontrollen beim Leinenzwang.

„Ich fordere einen eingezäunten Bereich für kleine Kinder, Mütter, Väter, Geschwister, junge Erwachsene und Großeltern auf den Wiesen, damit Hunde ohne Ängste spielen können, ohne die Gefahr in Scherben zu treten oder vergammelte Essensreste zu fressen.“ Das geht ja schon gut ab in der Kommentarspalte, auch die Gegenseite lässt nicht auf sich warten: „Köter sind Wildtiere, Du Äffchen!“ Hunde – eine Glaubensfrage. All die angestauten Aggressionen zwischen Hundeliebhabern und -hassern im Thälmannpark finden seit einem Monat auch in einer Petition ihr Ventil. Gar nicht im Sinne vom Initiator. „Alle Parknutzer sollen auf ihre Kosten kommen“, so Fabian Kröll, dessen bald zweijähriger Sohn im Thälmannpark in die Kita geht. Aber die große, eigentlich sehr schöne Wiese sei wegen des Hundekots einfach unnutzbar geworden. Zudem hielten sich viele Hundehalter nicht an die Leinenpflicht, und obwohl die Mehrheit der Hunde friedlich sei, würden sich kleine Kinder vor ungestümen Tiere oft ängstigen. „Meine Frau ist Hundeliebhaberin, und wir haben lange über eine Lösung nachgedacht.“

Diese ist nun seit Mitte Juli bei openPetition nachzulesen und kann bei Zustimmung noch knapp zwei Monate lang unterschrieben werden. Kröll fordert in seiner Petition das Bezirksamt Pankow auf, die Leinenpflicht im Park stärker zu kontrollieren, Hundekotbeutelspender aufzustellen sowie zwei eingezäunte Auslaufgebiete einzurichten. Bislang haben 114 Menschen unterschrieben – das sind gerade einmal zwei Prozent des Quorums. „Das ist eine hyperlokale Angelegenheit“, dessen ist Kröll sich bewusst. „Aber wir hoffen, dass das Thema dadurch mehr politisches Gewicht bekommt – vielleicht auch in anderen Gebieten der Stadt.“ Kröll hofft durch abgetrennte Hundeareale auf ein „harmonisches Miteinander von Hundebesitzern und anderen Parknutzern“. So wie im Mauerpark, das werde ja auch recht gut angenommen.

Angst vor „Problemhunden“

Von solchen Hundeauslaufgebieten hält Jenny gar nichts. „Da tummeln sich die ganzen, ich sage mal, Problemhunde.“ Die eben, die man nicht frei ohne Leine laufen lassen kann, weil sie auf Artgenossen nicht gut zu sprechen seien. Während ihr Podenco-Mischling einen Dalmatiner begrüßt, sitzt die junge Frau auf der Wiese zwischen Thälmann-Denkmal und Schwimmbad in der Sonne und denkt über eine Lösung für das Problem nach, von dem sie bis vor zwei Minuten gar nichts wusste. Unstimmigkeiten habe sie noch nie mitbekommen, sie selbst sei erst einmal von einem Spaziergänger auf die Leinenpflicht hingewiesen worden. „Vielleicht sagt man, hier ohne Leine und vorne, zwischen Kita und Planetarium, mit?“ Alle Anwohner wüssten doch eh, dass hier ein inoffizielles Freilaufgebiet sei. Ihren eigenen Hund leine sie ungern an, frei zu laufen und andere Hunde begrüßen zu können gehöre schließlich zu seinem Sozialverhalten. „Außerdem entwickeln sich zwischen angeleinten Hunden beim Spazierengehen eher Aggressionen, weil sie sich nicht ausweichen können.“ Wieder was gelernt.

Hannah sieht das anders. Während ihr großer Sohn davonradelt, steht die Mutter mit ihrem kleineren auf dem Weg neben der Wiese und beobachtet die Hunde beim Spielen. „Mich persönlich stören die Tiere nicht. Aber er spielt hier nicht mehr. Und auch sonst keine Kinder“, sagt sie mit einem Kopfnicken in Richtung ihres Sohnes. „Er hat Angst vor Hunden und nimmt sich ihnen zuliebe zurück. Das kann ja auch keine Lösung sein.“ Was sie von einer Umzäunung des Mosaik-Spielplatzes halte? Hannah fragt rhetorisch zurück: „Sollte man lieber die Hunde einzäunen oder die Kinder?“ Auf dem Spielplatz selbst herrscht heute pure Harmonie. Der kleine Damian sitzt auf der Rutsche, während „sein“ Hund, eine Mischlingsdame, durch den Sand wuselt. „Wir lieben die Freiheit hier sehr“, erzählt Vater Daniel, der mit seiner Familie gerade aus Kopenhagen hergezogen ist. Dort sei die Trennung Hund – Kind viel strikter. „Wenn Hunde frei laufen, vertraue ich dem Hundebesitzer, dass er seinen Hund kennt.“ Auslaufgebiete hält er trotzdem für ein gutes Konzept, aus Rücksicht den Hundeskeptikern gegenüber.

Zwei Auslaufgebiete fordert die Petition - und viele, viele Hundekotbeutelspender (Grafik: Fabian Kröll)

Zwei Auslaufgebiete fordert die Petition – und viele, viele Hundekotbeutelspender (Grafik: Fabian Kröll)

Ob gut oder nicht: Hakt man beim Bezirk nach, so scheint sich diese Frage sowieso zu erübrigen. „Auslaufgebiete neu zu konzipieren stellt derzeit keine oberste Priorität dar, sondern Wohnungsbaugebiete und Planungsrecht stehen im Vordergrund“, so der grüne Stadtentwicklungsstadtrat Vollrad Kuhn. Warum? Genau. „Fehlende Ressourcen.“ An denen wird auch die verstärkte Kontrolle der Leinenpflicht scheitern, weiß der zweite zuständige Stadtrat zu sagen: Daniel Krüger, der sich im Namen der AfD unter anderem um die Ordnung kümmert. „Ob mit oder ohne Petition  – „, steigt Krüger ein, „wir können nicht alle Kräfte im Thälmannpark bündeln.“

Das Ordnungsamt hat lediglich 25 Angestellte

Alle Kräfte? Was polemisch klingt, ist nackte Verwaltungswahrheit. Auf fünf nur für die Parkraumbewirtschaftung zuständige Mitarbeiter komme lediglich ein Angestellter für allgemeine Ordnungswidrigkeiten. Konkret: Ganze 25 Mitarbeiter, die keine Knöllchen verteilen, sind momentan beim Ordnungsamt angestellt. Für ganz Pankow. Logischerweise sind nie alle gleichzeitig im Einsatz, sondern „vielleicht zehn? Wenn wir nicht zu knapp rechnen“, so der Stadtrat. Wie oft da jemand im Thälmannpark vorbeikommt, kann man sich ausrechnen. (Vermutlich ähnlich oft wie in illegalen Ferienwohnungen.) Hinzu komme, dass die Verstöße gegen die Leinenpflicht, die von den Mitarbeitern auf ihren Patrouillen dann doch festgestellt würden, meist nicht geahndet werden könnten. „Sobald Hundehalter die Uniformierten erspähen, rennen sie weg oder leinen schnell ihre Hunde an.“ Von Zivil hält Krüger, der sich sehnlichst mehr Ordnungsamtsmitarbeiter wünscht, trotzdem nichts – der „Repräsentanz“ wegen. Anleinen sei momentan, nachdem bei mehreren Füchsen im Bezirk das für Hunde gefährliche Staupevirus festgestellt wurde, auch sehr im Sinne des Hundes, vergisst Krüger nicht zu erwähnen. Aber seine Lösung ist viel simpler: „Die Leute sollen sich einfach mal an die Ordnung halten!“ Ganz einfach.

 

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