Um Mieter besser schützen zu können, hat unser Lieblings-Bezirksgremium jüngst mutige Vorschläge gemacht. Die tatsächliche Umsetzung ist trotzdem fraglich.
Vorkaufsrecht und Sozialplanverfahren sind die zwei Stichworte, die derzeit die Diskussion um die Mietentwicklung in Prenzlauer Berg und ganz Berlin bestimmen. Immerhin: Der Wille, den Mieterschutz auszubauen und die strukturellen Umwandlungen der Wohnungssituation einzudämmen, scheint da zu sein. Das zeigen einige Bemühungen der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die Umsetzung könnte – wie so oft – komplizierter werden.
Sozialplanverfahren: Problem Gesetzeslage
Bereits im März beschloss die BVV einen Antrag der SPD-Fraktion, der die Einführung sogenannter Sozialplanverfahren bei Modernisierungsarbeiten in Milieuschutzgebieten forderte. Konkret geht es um Baugenehmigungen, die Grundrissveränderungen beinhalten, um Wohnungen an den allgemeinen Standard anzupassen. Diese sollten nur dann erteilt werden, wenn mit dem Eigentümer geregelt werde, wie die Mieter zu bezahlbaren Konditionen in ihren Wohnungen oder zumindest unmittelbarer Nähe bleiben können, so der Antrag.
Schöne Idee, aber nicht so einfach – so in etwa lautet das Ergebnis des Bezirksamts. Das Sozialplanverfahren stammt aus den ehemaligen Sanierungsgebieten. Der Unterschied: Damals habe die Kommune aktiv Veränderungsprozesse in Gang gesetzt, so das Bezirksamt. Bei den aktuellen Entwicklungen liegt der Anstoß zum Umbau bei privaten Eigentümern. Denen könne man jedoch nicht einfach Bedingungen auferlegen, es fehle die rechtliche Grundlage. Fazit: Ein Sozialplanverfahren darf nicht zur Bedingung für eine Baugenehmigung gemacht werden.
Vorkaufsrecht: Problem Finanzierung
Auch der Hoffnungsträger unter den politischen Instrumenten gegen die Gentrifizierung hinkt noch ein wenig. Zumindest hat sich der Bezirk schon mal an das bezirkliche Vorkaufsrecht erinnert. Man sei „bestrebt, die gesetzlichen Möglichkeiten zur Dämpfung des Preisniveaus auf dem Mietwohnungsmarkt auszuschöpfen und der Verdrängung von Mietern aus ihren Kiezen entgegenzutreten“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage des CDU-Fraktionsvorsitzenden Johannes Kraft vom April. Das Vorkaufsrecht solle fortan bei jedem Hausverkauf in den Milieuschutzgebieten geprüft werden, so das Bezirksamt weiter.
Der Haken: Der Kauf muss finanziert werden, und zwar von Dritten. In der Regel wären das kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften. Gerade für diese sind die hohen Preise auf dem Immobilienmarkt aber nicht bezahlbar. Vor allem die spekulativen Grundstückspreise haben sich zuletzt als Problem herausgestellt. Würden die Gesellschaften Häuser zu marktüblichen Preisen kaufen, müssten sie selbst anschließend die Mieten so stark erhöhen, dass von Mieterschutz nicht mehr die Rede sein könnte.
Hoffnungsschimmer: Milieuschutz verschärfen?
Wenn die neuentdeckten Instrumente vorerst keine schnellen Verbesserungen versprechen, hilft vielleicht ein genauerer Blick in das bestehende Erhaltungsgesetz: Ein Bauvorhaben sei „nicht zu genehmigen, wenn es den sachlich begründeten Anlass zu der Sorge gibt, dass die Zusammensetzung der Bevölkerung nachteilhaft verändert wird“, so sagt es das Bezirksamt mit eigenen Worten. Das klingt erstens kompliziert, und zweitens ziemlich nach Auslegungssache. Anlass zu genau dieser Sorge wird es in Prenzlauer Berg genug geben. Könnte der Bezirk also nicht einfach ein bisschen strenger sein?
Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) räumt ein, dass über eine Verschärfung des Milieuschutzes nachgedacht werden könnte. Die konkreten Bestimmungen in den jeweiligen Milieuschutzgebieten lägen nämlich zumindest teilweise in Bezirkshand. „In Friedrichshain-Kreuzberg gelten beispielsweise strengere Regeln für Baumaßnahmen als in Pankow“, sagt Kuhn. Der Ausbau von Dachgeschossen seien ein Beispiel dafür. „Hier haben wir sicherlich noch Möglichkeiten, stärker einzugreifen“, sagt Kuhn.
Wenn alle unsere Leser die Prenzlauer Berg Nachrichten mit ihrer Mitgliedschaft unterstützen würden, wäre unsere Zukunft gesichert. Hilf mit und werde Mitglied! Vielen Dank!
1 Kommentar
[…] Gut ein Jahr hat das Stadtentwicklungsamt Pankow gebraucht, um die Prüfkriterien für Milieuschutzgebiete zu „überarbeiten“. Das Ergebnis ist ein Witz. […]