IT-Verschwendung an den Schulen

von Carsten Janke 29. September 2015

An den Schulen in Prenzlauer Berg ist eine Viertelmillion Euro verschwendet worden – vom Senat. Für Server, die nun in den Schulkellern verstauben.

Es ist einer der größten Skandale des letzten Jahres, aber die Betroffenen wissen kaum etwas darüber. In den Schulen läuft weiter der Unterricht und in ihren Kellern verstauben Server, die Millionen wert sind, auch in Prenzlauer Berg. Sie sind nutzlos geworden, nachdem die Politik über Jahre mit immer neuen Problemen kämpfte bei dem Vorhaben, die Schulen zu digitalisieren – und im letzten Monat endgültig die Notbremse zog.

Seit 2009 läuft das Projekt “eGovernment@School” vom Senat mit dem Ziel, alle Abläufe in der Berliner Schulverwaltung zu digitalisieren. Über Jahre hinweg wurde versucht, ein dezentrales Netz aus Schulservern aufzubauen, die richtige Software dafür einzukaufen und die Schulleitungen im Umgang mit dem neuen System zu schulen. Auch am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Prenzlauer Berg wurden die benötigten Server vor zwei Jahren eingebaut und Weiterbildungen für die Schulleitung organisiert.

 

Ein Lehrer vom Käthe-Kollwitz-Gymnasium rüstete um – und sparte Geld

 

Nun ist anscheinend ein Großteil dieser Arbeit umsonst gewesen, denn inzwischen steht fest: Es wird ein zentrales Netzwerk werden mit einer Software, die man sich vom Land Hessen einkauft. Die Schulserver, die man in den meisten Berliner Schulen bereits eingebaut hat, sind nun überflüssig.

Ralf Kreutel ist seit vier Jahren Informatiklehrer am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in der Dunckerstraße. Dass die fabrikneuen Server zwei Jahre ungenutzt im Keller standen, ärgerte ihn. Also tauschte er sie vor ein paar Monaten gegen die alten Server des Schulnetzes aus. Neue Kabel, neues Betriebssystem, Daten überspielen – “alles in allem etwa fünf bis sechs Arbeitstage”, schätzt der Informatiklehrer, neben der normalen Lehrertätigkeit. Problemlos läuft die Schulverwaltung seitdem auf den modernen Rechnern und Lehrer Kreutel hat der Schule und der Stadt Berlin damit eine Menge Geld gespart.

 

24 von 27 Schulen in Prenzlauer Berg sind betroffen

 

An vielen anderen Schulen im Prenzlauer Berg aber bleiben die “Leichen” des Berliner “eGovernment”-Projekts in den Kellern liegen. Von 27 Schulen im Stadtteil sind 24 mit den sogenannten “Data-Center-Boxen” ausgestattet worden, das sind verschließbare Gitterschränke, in denen jede Menge Hardware steckt. Zumindest die Server und ihre Stromversorgung werden nun nicht mehr benötigt. In ganz Berlin sind dafür bereits etwa 7 Millionen Euro investiert worden. Für Prenzlauer Berg dürften es etwa eine Viertelmillion Euro sein.

So sieht eine Data-Center-Box aus. Foto: Carsten Janke

 

Ob viele andere Schulen dem Beispiel des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums folgen und die überflüssige Hardware umnutzen, ist indes fraglich. Das war die letzte Hoffnung der Senatsbildungsverwaltung: “Die Server (…) werden den Schulen für den Austausch bestehender Altkomponenten aus dem Schulbereich angeboten.” so die Antwort auf eine Schriftliche Anfrage von CDU-Abgeordneten. Wie Recherchen der Prenzlauer Berg Nachrichten nun zeigen, wird von diesem Angebot kaum Gebrauch gemacht. Die Schulleiter von drei anderen Schulen im Prenzlauer Berg, die nicht namentlich genannt werden wollen, teilten auf Anfrage mit, an ihrer Schule stünden die Data-Center-Boxen ungenutzt im Keller. Wie hoch der Schaden des Projekts “eGovernment@school” also letztendlich wird, hängt auch vom freiwilligen Einsatz der Informatik-Lehrer ab.

 

Ein „elektronisches Klassenbuch“ mit sieben Jahren Verspätung

 

Dabei hatte alles so gut angefangen: 2009 startete der damalige Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) das Projekt “eGovernment@school”, das mehr als 700 Berliner Schulen in die digitale Zukunft führen sollte. Es sollte als “führendes System” im Bereich der digitalen Schulverwaltung aufgebaut werden. Inzwischen steht das Projekt nach sechs Jahren wieder nahezu am Anfang: Nach Verspätungen, Kursänderungen und Personalwechseln in der Senatsbildungsverwaltung kündigte die jetzige Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) im letzten Monat ein “Umschwenken” an, nachdem der Landesrechnungshof schwere Versäumnisse attestiert hatte.

Experten schätzen den Schaden für das Land Berlin inzwischen auf 16 Millionen Euro. Stundenpläne, Zeugnisnoten, bessere Erfassung von “Schul-Schwänzern” durch ein “Elektronisches Klassenbuch” – all das sollte eigentlich seit vier Jahren in Berlin möglich sein. Jetzt wird es wohl erst 2018 soweit sein.

 

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