WGs für Asylbewerber gesucht

von Thomas Trappe 27. April 2015

Eine Initiative vermittelt Wohnungen an Asylbewerber – und setzt in Prenzlauer Berg unter anderem auf Senioren mit großen Wohnungen. Die CDU fragt sich, ob das alles legal ist.

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Sucht eine iranisch-christliche Asylbewerberfamilie eine Wohnung in Prenzlauer Berg. Das ist nicht der Anfang eines Witzes, sondern einer Farce, und die spielt sich dann wie folgt ab. Der Mann sucht mit Frau, achtjähriger Tochter und gültigem Aufenthaltstitel eine Wohnung, um der Enge einer Asylbewerberunterkunft zu entkommen. Das nötige Geld ist vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) bewilligt. Mit dem Finden einer den räumlichen und finanziellen Vorgaben entsprechenden Wohnung in der Nähe der Vinetastraße ergibt sich im Januar ein Dreieck idealer Voraussetzungen, um das Vorhaben der Wohnungsanmietung umzusetzen. Wäre da nicht der Aufenthaltstitel, der zwar mit Sicherheit verlängert wird, nun aber erst mal nur bis Ende Februar gültig ist. Es ist Januar, die Wohnung könnte im Februar bezogen werden, aber nur mit einem erweiterten Aufenthaltstitel. Den stellt die Ausländerbehörde nicht aus. Ende Februar bekommt die Familie die Bescheinigung. Die Wohnung ist dann aber schon vermietet. 

Über eine ehrenamtliche Helferin und durch Zufall gerät die Familie an eine Hauseigentümergemeinschaft, die eine Wohnung frei hat und flexibler ist als die städtische Wohnungsgesellschaft, an der die iranische Familie gerade gescheitert ist. Die Familie bekommt also einen Mietvertrag, der zwischen Lageso und einer zwischengeschalteten Stelle abgestimmt und genehmigt werden muss. Die Unterschriften kommen aber nicht, weil die Wohnung über eine Gasetagenheizung gewärmt wird und nicht klar geregelt ist, ob und wie die über die Nebenkosten abgerechnet werden kann. Erst nach weiterer wortintensiver Vermittlung kann man das Problem lösen. „Das ganze hat gut ein halbes Jahr gedauert“, sagt nun also Monika Bergen. Sie ist die Frau, die oben ganz beiläufig als ehrenamtliche Helferin bezeichnet wurde und ohne die die iranische Flüchtlingsfamilie wohl heute kaum eine eigene Wohnung hätte. 

Flüchtlinge haben im Bezirk Pankow nicht unbedingt ein Übermaß an Fürsprechern. Zu ihnen gehören Flüchtlingsinitiativen, die im Bündnis „Pankow hilft“ zusammengefasst sind und in der die pensionierte kommunal- und ministeriumserfahrene Juristin Bergen bei der Vermittlung von Wohnungen hilft. Die Geschichte der iranischen Familie, sagt Bergen, stehe exemplarisch für die Schwierigkeiten, mit denen Asylbewerber konfrontiert werden, suchen sie in Prenzlauer Berg und den anderen Innenstadtbereichen des Bezirks nach leerstehenden Wohnungen. „Davon gibt es ja nicht gerade viele“, sagt Bergen.

 

Vorbehalte im „weißen Stadtbezirk“

 

Die Lage der Flüchtlinge in Berlin ist mitunter desolat, bei der Gesundheitsversorgung und manch  anderen Bereichen hat die Verwaltung den Kollaps gelegentlich schon hinter sich. 275 Wohnungen halten laut Monika Bergen die landeseigenen Wohnungsgesellschaften für genehmigte Asylbewerber vor, das bedeutet eine Wohnung pro tausend Flüchtlinge. Seit 2013 haben sich im Bezirk Pankow mehrere Initiativen in der Umgebung von Flüchtlingswohnheimen gegründet, in Buch, in Pankow und im Umfeld der Prenzlauer Berger Unterkunft in der Straßburger Straße – sie alle sind im „Willkommensnetzwerk Pankow hilft“ zusammengefasst. Monika Bergen ist bei der Pankower Initiative Mühlenstraße seit Beginn dabei, die ersten Wohnungen vermittelte sie im Herbst 2013. Allerdings landeten die Flüchtlinge damals in einem Wohnblock im Stadtteil Buch, den offenbar auch szenebekannte Bucher Rassisten bewohnten. „Wir haben uns deshalb entschlossen, die Flüchtlinge zu schützen, indem wir sie in die örtliche Gemeinschaft einbinden.“ Bergen rief einen Deutschkurs ins Leben und engagierte sich weiter in der Wohnungsvermittlung. Das ist immer wieder eine Geduldsprobe, sagt sie. In zwei Jahren sei ihr so aber die Vermittlung von fünf Wohnungen gelungen, sie selbst zeigt sich mit dieser Quantität eher unzufrieden.

Angewiesen ist sie dabei neben den Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften vor allem auf private Vermieter – und die seien häufig etwas überrascht über die Anfrage. Pankow sei eben „noch ein sehr weißer Stadtbezirk“, sagt Bergen, die vorher lange in Hamburg-Altona lebte und in Pankow merken musste, dass es hier mit der multikulturellen Offenheit mancher Wohnungseigentümer nicht so weit her ist. Im harmlosen Fall bedeutet das überwindbare Vorbehalte, im schlimmeren Ablehnung, der durch Hass begleitet wird. Hier kommt einem Buch in den Sinn, wo sich besorgte Rassisten herzzerreißend gegen die Aufnahme von Asylbewerbern engagieren und die Speerspitze der Bewegung regelmäßig eine Containerunterkunft und deren Wachpersonal tätlich angreift.

 

Eigene Wohnungen kommen das Land billiger

 

Was der Braindrain für den Norden des Bezirks ist, sind Bürokratie und Wohnungsmangel im Süden. In Prenzlauer Berg, so Monika Bergen, sei es nahezu ausgeschlossen, verfügbare und vor allem bezahlbare Wohnungen zu finden – gezahlt wird vom Land nur ein Höchstbetrag für eine begrenzte Quadratmeterzahl pro Person, die Sätze liegen etwa auf Hartz-IV-Niveau. Monika Bergen sieht in Prenzlauer Berg aber eine andere Möglichkeit: Nämlich Flüchtlinge in Wohngemeinschaften unterzubringen. Dafür kämen einerseits Studenten-WGs in Frage, aber auch die Wohnungen älterer Menschen. Bergen denkt an Eltern, deren Kinder aus dem Haus sind und die nun freie Zimmer haben oder Senioren, die Platz anbieten könnten. Bezahlt würden auch solche Wohnformen vom Land, sagt sie. Es bräuchte nur einen Untermietvertrag. In Frage käme das allerdings wohl nur für Singles unter den Flüchtlingen – Familien müssten weiter in eigenen Wohnungen untergebracht werden.

Für das Land sei die Unterbringung in eigenen Wohnungen übrigens günstiger als jene in den Wohnheimen. Zwischen 10 und 30 Euro koste die Unterbringung dort pro Tag und Flüchtling, sagt Bergen, für eine vierköpfige Familie kommen so zwischen 1.200 und 3.600 Euro pro Monat zusammen. Für die Flüchtlinge wiederum bedeutet die eigene Wohnung einen deutlichen Gewinn an Lebensqualität: Sie müssen nicht mehr mit Gemeinschaftsbädern und -küchen leben, und vor allem nicht mit dem Umstand, von Wachpersonal abgeschirmt zu werden.

 

„Illegale“ werden nicht vermittelt

 

Berechtigt, eine Wohnung auf dem Mietmarkt zu bekommen, ist nur ein kleiner Teil der Asylbewerber. Die, deren Asylantrag genehmigt wurde und jene mit dem vorgeschalteten Status einer Aufenthaltsgestattung. Damit sind vor allem Flüchtlinge aus dem arabischen Raum die Ansprechpartner von Monika Bergen. Flüchtlinge mit abgelehnten Asylantrag zählten nicht zum Klientel, betont sie. Nötig wird diese Klarstellung durch eine schriftliche Anfrage im Abgeordnetenhaus, die genau das kürzlich in Frage stellte. Ob es Hinweise darauf gebe, fragte der CDU-Abgeordnete Stephan Lenz, dass das Netzwerk „Pankow hilft“ versuche, „sich illegal in Deutschland aufhaltenden Personen Unterkünfte zu vermitteln?“

Nein, derartige Erkenntnisse gebe es nicht, erklärte die Senatsverwaltung für Soziales, und Monika Bergen sagt jetzt das gleiche. Sie wundere sich, warum Lenz keinen Kontakt zum Netzwerk aufgenommen habe, wenn er einen solchen Verdacht hege. Lenz selbst will sich nach der eindeutigen Antwort der Senatsverwaltung nicht äußern. Man habe sich entschlossen, das Thema nicht zu kommentieren, lässt eine Mitarbeiterin des Abgeordneten ausrichten. 

 

Sie möchten helfen oder haben Wohnraum zu vermieten? Auf der Internetseite „Pankow hilft“ finden sich Mail-Adressen, hier können Sie Kontakt mit den Initiativen aufnehmen. Außerdem finden regelmäßige Treffen im „Café ohne Grenzen“ statt, wo Asylbewerber auch juristische Beratung bekommen können.

 

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