Der Bezirk soll ins Camping-Business einsteigen und einen Stellplatz für Wohnmobile einrichten. Bezirkshaushalt, Gastronomie und Geschäfte sollen profitieren. Tolle Idee?
Für Campingfreunde gibt es bislang in Prenzlauer Berg nur eine Anlaufstelle: Das Büro des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD) in der Ystader Straße. Vor 15 Jahren wurde dieser als Interessenvertretung der Campingunternehmer zur Förderung des Campingtourismus in diesem Land gegründet.
Im direkten Umfeld des Verbands-Sitzes ist bislang nicht zu beobachten, dass man mit diesem Vorhaben erfolgreich gewesen wäre. Wer mit dem Wohnwagen oder –mobil nach Berlin reist, kommt bislang in Kladow, Gatow oder Spandau unter. Innerhalb des S-Bahn-Rings gibt es lediglich einen Stellplatz für Wohnmobile an der Chausseestraße in Mitte. Ganz Pankow ist hingegen Camping-freie Zone.
Bezirks-Camping mit S-Bahn-Anschluss
Wenn es nach der SPD im Bezirk geht, soll sich das nun ändern. Sie hat einen Antrag auf den Weg gebracht, der die Einrichtung eines festen Standplatzes für Reisemobile vorsieht – eine Art besserer Parkplatz mit Strom- und Wasseranschluss, Abwasserentsorgung und Wlan. „Camping ist eine der nachhaltigsten Formen des Tourismus. Wir wollen herausfinden, wie der Bezirk das fördern kann“, erklärt Rona Tietje, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Pankower Bezirksparlament. Aus ihrer Sicht könnte eine bezirkseigene Fläche dafür genutzt werden. „Wichtig wäre eine gute ÖPNV-Verbindung“, so Tietje. Einen konkreten Ort habe man aber noch nicht im Blick. Darum solle sich das Bezirksamt kümmern, wenn der Antrag denn überhaupt eine Mehrheit findet.
11,87 Millionen Besucher hat das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg im vergangenen Jahr in der Stadt gezählt. 30.000 von ihnen brachten sich als Camper ihre eigene Unterkunft mit – das entspricht einem Anteil von 0,25 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Caravaner jedoch um zehn Prozent gestiegen. Zudem bleiben sie mit 3,8 Tagen im Durchschnitt länger in der Stadt, als Gäste, die Hotelbetten bevorzugen und nach 2,4 Tagen wieder abreisen.
Camper sollen Bezirkshaushalt stützen
Darüber hinaus hat die Pankower SPD noch weitere Besonderheiten identifiziert: Zum einen seien Camper meist Individualisten und als solche nicht am Massentourismus, sondern an der „Teilhabe an städtischer Kultur, Alltagsleben, Shopping und Flanieren“ interessiert, heißt es in dem Antrag. Zum anderen wird ihnen eine gewisse Kaufkraft zugesprochen – wer sich einen eigenen Caravan kaufen kann, muss Geld haben, so die Überlegung.
Auf dieses haben es die Bezirkspolitiker nun abgesehen: Statt in den Souvenir-Shops und Cafés Unter den Linden und am Kudamm soll es in Zukunft in Stellplatznähe in Pankow ausgegeben werden, meinen sie. Zudem könne der Bezirk mit Platzgebühren – gerechnet wird mit bis zu 20 Euro pro Tag – seine Haushaltskasse aufbessern.
Denn Geld kann der Bezirk immer gebrauchen. Doch ein paar Hindernisse gilt es bis zum eignenen Camping-Platz noch zu überwinden: „Das ist eine gute Idee, aber nicht unsere Priorität“, meint Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung. In Prenzlauer Berg sieht er zudem keinen Platz. „Hier brauchen wir bestehende Freiflächen für Wohnungsneubau, Infrastruktur und Grünflächen.“
Wie viel Stadt darf’s denn sein?
Ähnlich sieht das auch Stefanie Gronau, Leiterin des tic Kultur- und Tourismusmarketing Berlin-Pankow. „Im Norden Pankows liegen mit dem Naturpark Barnim und den Arkenbergen zwei touristische Ziele, die man noch besser erschließen könnte und in deren Nähe vielleicht Platz für ein derartigen Angebot wäre“, meint sie. Eine entsprechende Nachfrage hat sie bislang jedoch nicht registriert. „Mir ist nur bekannt, dass Busparkplätze benötigt werden.“
So sehen das auch die Camper, die bereits in Prenzlauer Berg heimisch sind. „Camping ist ein Naturerlebnis“, erklärt eine Sprecherin des BVCD. Den meisten Campern könne der Stellplatz daher nicht gar nicht weit genug vor den Toren der Stadt liegen.