Ein Teil der Fassade ist fertig, manche Hotelzimmer auch, das Restaurant ist ein Rohbau und die Schwimmhalle hat noch keiner angefasst: Noch ist das Stadtbad Oderberger Straße eine große Baustelle. Doch die ersten Gäste kommen im April.
Zum Glück hat Barbara Jaeschke heute den langen Mantel angezogen. So wirkt es besonders dynamisch, wenn sie mit wehenden Rockschößen durch das Labyrinth eilt, das sich hinter der Fassade des alten Stadtbads in der Oderberger Straße verbirgt. Aus den alten Heizungsräumen im Keller geht es über die Schwimmhalle hoch in die Galerie im ersten Stock und zurück. Hier ein bereits fertig gestelltes Hotelzimmer, dort fehlt die Eingangstür, die gerade denkmalgerecht saniert wird, und achten Sie auf die Frosch-Verzierungen neben den Durchgängen!
Dass auf der Baustelle ordentlich Tempo gemacht wird, ist nicht zu übersehen. „Der Seminar- und Hotelbetrieb wird im April starten. Wir nehmen schon jetzt Buchungen an; dann müssen wir fertig sein“, sagt Jaeschke. Die Eröffnung des Schwimmbades soll etwas verzögert im Herbst folgen.
Wohnen, Lernen, Schwimmen
Drei Jahre ist es her, dass sich die Betreiberin der Sprachschule GLS gegen zwei Mitbewerber durchgesetzt und das dringend sanierungsbedürftige, denkmalgeschützte Stadtbad erworben hat. Schon in den 1980er Jahre hatte der Badebetrieb dort eingestellt werden müssen, weil der Bau eines neuen Schornsteins zu Rissen im Wasserbecken geführt hatte. Nach dem Fall der Mauer hatte sich zunächst eine Genossenschaft, später die Stiftung Denkmalschutz Berlin um die Instandsetzung des um 1900 von Ludwig Hoffmann entworfenen Gebäudes bemüht – jedoch vergeblich. Nun machen Barabara und Hans-Dieter Jaeschke den Job.
Für ihre Sprachschule haben sie bereits die Sanierung des ehemaligen Gebäudes der Gustave-Eiffel-Schule in der Kastanienallee gestemmt. Nun wird deren Campus um das angrenzende Schwimmbadgelände erweitert. Dort entstehen 72 Hotelzimmer der Kategorie Vier Sterne plus, 15 Seminarräume und ein Restaurant. Zudem wird das Schwimmbad wieder instand gesetzt und auch für Besucher von außen öffentlich zugänglich gemacht. Das war die Bedingung für den Zuschlag an die GLS. Bei den Eintrittspreisen will man sich an den Berliner Bäderbetrieben orientieren. Strom und Wärme erhält der gesamte Komplex durch ein extra gebautes Blockheizkraftwerk, das in diesem Monat auf dem GLS-Gelände seinen Betrieb aufgenommen hat.
Schwimm- und Veranstaltungshalle in einem
Jaeschke steht im ersten Stock des Bades auf der Galerie, von der man einen guten Blick auf die alte Schwimmhalle hat. Während im Rest des Gebäudes überall Handwerker herumwuseln, ist es hier relativ ruhig. „Zunächst stellen wir die Hotel- und Seminarräume fertig, dann das Restaurant. Zum Schluss folgt das Schwimmbad, denn Wasser ist am empfindlichsten gegen Dreck“, erklärt die Unternehmerin.
Viel verändert hat sich daher hier bislang nicht. Allein der Boden wurde herausgebrochen, der schon vor Jahren im leicht abfallenden Schwimmbecken eingezogen worden war, um dort für die Nutzung als Veranstaltungsraum eine gerade Ebene zu schaffen.
Damit hier bald wieder geschwommen werden kann, muss nun ein Beton-Inlay gegossen und mit Fliesen verkleidet werden. So wird ein Becken mit 20 Metern Länge und einer Tiefe von 1,65 entstehen. „Um die Halle auch in Zukunft für Veranstaltungen nutzen zu können, wird der Boden des Becken so konstruiert, dass er innerhalb von zwanzig Minuten nach oben fahren kann“, erklärt Jaeschke. „Das Wasser fließt ab und bleibt im Becken erhalten; die Halle bietet dann Platz für bis zu 600 Personen.“
Denkmalschutz kostet
Doch die Inbetriebnahme des Beckens ist nur das eine. Zudem gilt es, die verzierten Sandsteinwände aufzuarbeiten und gegen die hohe Luftfeuchtigkeit zu schützen. Der Fachmann, der die Wände abbürsten, teilweise rekonstruieren und dann imprägnieren wird, wie es der Denkmalschutz verlangt, wurde gerade gefunden. „Das ist sehr aufwendig und teurer, als gedacht“, sagt Jaeschke. Der ursprüngliche Plan sah vor, das gesamte Gebäude für zwölf Millionen Euro zu sanieren. Für eine Aussage, ob das eingehalten werden kann, möchte sie die Fertigstellung abwarten.
Eine finanzielle Unterstützung durch das Land haben Jaeschkes bereits erhalten: Eine Millionen Euro gab es für die denkmalgerechte Sanierung der Stahlfenster in den Seitentrakten. Entlang des schmalen Durchgangs an der rechten Seite des Komplexes ist diese mittlerweile ebenso erfolgt wie die Instandsetzung der Fassade. Hier kann man nun sehen, wie das fertiggestellte Bad später von außen aussehen wird – nämlich unerwartet hell und damit so, wie es sich Anfang des 20. Jahrhunderts präsentierte.
„Wir stellen das Bad so wieder her, wie es der Architekt Ludwig Hoffmann konzipiert hat“, erklärt Jaeschke. Veränderungen, die später vorgenommen wurden – etwa der Bau des Schornsteines, bunte Anstriche oder die Glasbausteine in den Fenstern der Schwimmhalle – werden zurückgebaut. „Damit wird das Bad zwar etwas anders aussehen, als es Gäste von früher in Erinnerung haben. Aber wenn ich mit denjenigen spreche, erzählen sie meist von den beeindruckenden Gewölben und den schönen Verzierungen. Das bleibt alles erhalten.“
Lernen im alten Wannenbad
Ebenfalls bewahrt werden auch einige der Wannenbäder, die früher von Prenzlauer Bergern ohne eigenes Bad genutzt wurden. In der ersten Etage wurden einige von diesen bereits zusammengelegt und als Seminarrräume umgestaltet. Die gefliesten Wände sind dabei ebenso erhalten geblieben wie die alten Türen. Letztere dienen aber nur noch als Zierde. Da sie heutigen Brandschutzvorschriften nicht genügen, müssen noch zusätzliche Glastüren eingezogen werden.
Betreten wird das Gebäude auch in Zukunft durch den alten Eingang in der Oderberger Straße. Dahinter soll eine gemütliche Lobby enstehen, auf die im Rohbau bislang nur der bereits installierte Kamin hinweist. Hier werden die Hotelgäste einchecken und die Badegäste ihre Eintrittskarten kaufen können. Über Umkleiden und Duschen im Keller werden diese in die Schwimmhalle gelangen.
Wer zu keiner der beiden Gruppen gehört, aber trotzdem einen Blick ins alte Stadtbad werfen mag, dem bleibt der Gang ins Restaurant, das im rechten Seitenflügen entsteht, oder auch ein Besuch am Tag des offenen Denkmals. Die Tradition, das Haus dann für Besucher zu öffnen, solle auch nach der Sanierung beibehalten werden, sagt Jaeschke.
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