Wahrscheinlich gar nicht, zumindest in Prenzlauer Berg. Denn die spektakulärsten Mietschweinereien der letzten Jahre wären wohl auch mit dem neuen Gesetz möglich.
Prenzlauer Berger Sanierungs- und Mietverdrängungsbericherstattung ist bekanntlich auch immer ein Stück Bundespolitik. Das ist daran zu erkennen, dass Fälle, die hier ihren Ausgang nehmen, es mit einiger Wahrscheinlichkeit in überregionale Medien schaffen. Auch umgekehrt gilt, dass landesweit beachtete Mietskandale nicht selten in unserem ja sonst sehr beliebten Stadtteil angesiedelt sind. Es sind Geburtshelfer für die kürzlich von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegte Mietpreisbremse, die Mitte nächsten Jahres in Kraft treten soll. Anlass genug zu fragen, was das eigentlich für Prenzlauer Berg bedeutet?
Kern der Mietpreisbremse ist die Regelung, dass „bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen die zulässige Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent angehoben werden darf“, wie es das Justizministerium erklärt. Zweifellos eine Regelung, die vielen Mietern helfen wird, so sie eine Wohnung finden. In Prenzlauer Berg ist das bekanntlich nicht die leichteste Übung, zumal viele Mieter in den vergangenen Jahren, ein Berliner Phänomen, ihre Wohnung nur im Notfall aufgeben, da sie wissen, dass sie kaum eine neue finden würden zu den gewohnten Konditionen, die ja oft noch auf einen älteren Vertrag fußen.
Das wiederum zieht nach sich, dass die zehn Prozent Zuschlag des Vermieters nicht auf das Niveau der zuvor gezahlten Miete erhoben wird, sondern die inzwischen erreichte Durchschnittsmiete. In Gegenden wie den Helmholtz- und Kollwitzkiez, wo der Durchschnitt in den letzten Jahren geradezu explodiert ist, ermöglicht das auch erhebliche Steigerungen bei Neuvermietungen. Immerhin: Auf den Aufschlag dürfen nur noch zehn Prozent, nicht aber 20 oder 30, aufgeschlagen werden.
An Modernisierungsverdrängung ändert sich kaum was
Das wichtigste an der geplanten Mietpreisbremse sind allerdings die Ausnahmen: Die gelten für Neubauten und, wichtig, für umfangreiche Modernisierungen. Hier dürfen die Kosten der Sanierung weiter auf die Mieter umgelegt werden. Statt elf Prozent der auf die Mieter aufgeteilten Gesamtkosten der Sanierung können nun allerdings nur noch zehn Prozent auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden. Das klingt nach einem geringen Unterschied, und zwar, weil es einer ist. Wichtiger ist die Regelung, dass die Erhöhung nur so lange gelten darf, bis die Kosten der Sanierung abgegolten sind. Bisher galt die Erhöhung für immer.
Ob das in den Prenzlauer Berger Fällen irgendetwas geändert hätte, ist die Frage. Genannt seien als besonders deutliche Beispiele für Verwerfungen durch Modernisierungen die Gleimstraße 52 und die Kopenhagener Straße 67. Wie auch in vielen anderen Sanierungsprojekten Prenzlauer Bergs waren hier schon die Sanierungsarbeiten als solche Stein des Anstoßes: Weil sie mit erheblichen Belästigungen oder gar Gesundheitsgefährdungen von Mietern einhergingen. Die Vermutung, dass es dabei darum ging, Bestandsmieter loszuwerden, liegt nahe. Und oft genug kam es auch so.
Statt 300 nur noch 270 Prozent
Immer wieder erzählten uns Bewohner diverser Häuser, dass sie durchaus bereit seien, eine Modernisierung in Kauf zu nehmen, wenn die Mieten danach nur moderat stiegen. Dieser Forderung nachzukommen, gibt Minister Maaß vor, indem er die Beschränkung auferlegt, nur noch die echten Kosten durch vorübergehende Mieterhöhungen reinholen zu lassen. Da lohnt sich wiederum ein Blick auf die Winsstraße 59. Hier berichteten wir neulich über das teuerste Außenklo der Stadt: Der Bauherr modernisiert hier energetisch und kündigte eine Mieterhöhung von 300 Prozent an. Die meisten Mieter in dem Haus würde auch eine zehnprozentige und beschränkte Umlage in die Knie zwingen – und sehr wahrscheinlich weit vor dem Ablauf der zehn Jahre, die sie auch nach neuem Stand die Umlage zahlen müssen (dann eben nur rund 270 Prozent mehr). Die Modernisierungsankündigung kann damit also auch weiterhin als schärfste Waffe der Vermieter, und potenzieller Entmieter, gelten. Und nahezu alle Prenzlauer Berger Kämpfe um Gehen und Bleiben in Mietshäusern wurden in den vergangenen Jahren auf diese Weise entschieden, meist zu Ungunsten der Vermieter.
Der Bezirk kann es nicht kontrollieren
Wenn die Mietpreisbremse im kommenden Jahr in Kraft tritt, liegt es an den Ländern und damit auch an der Senatsverwaltung in Berlin, die Gebiete festzulegen, für die sie gilt. Bis zu fünf Jahre haben sie dafür Zeit. Dass Prenzlauer Berg, zumindest der Teil innerhalb des S-Bahn-Rings, zu den Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gezählt wird, kann als sicher gelten. Die Frage ist nur, wie schnell die nötigen Festlegungen getroffen werden – immerhin ein umfangreicher Verwaltungsakt, was in Berlin gewöhnlich immer große Frustrationstoleranz erfordert. Hinzu kommt die Aufgabe, dass die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert werden muss.
Sollte das in die Hand der Bezirke gelegt werden, ist nichts Gutes zu erwarten. In Pankow müht sich derzeit ein Mitarbeiter, vielleicht inzwischen auch ein zweiter, damit ab, Eingangsbestätigungen für Beschwerden bezüglich des Verbots zweckentfremdeten Wohnraums zu verschicken. Es wird also wohl noch eine Weile dauern, bis Prenzlauer Berger sich tatsächlich auf die Mietpreisbremse berufen können. Vermieter mit bösen Absichten, davon muss man nach allen bisherigen Erfahrungen ausgehen, werden die Zeit bis dahin nicht einfach so verstreichen lassen.