Die Kleingärten in Prenzlauer Berg haben einen prekären Status. Jetzt fangen sie an, sich dem Kiezleben zu öffnen. Auch, weil es Stadtentwickler so fordern.
Jay Kaufmann sieht es ein: Es braucht einen Wandel in der Kleingartenkultur, Prenzlauer Bergs, sonst gibt es bald keine Kleingartenkultur mehr in Prenzlauer Berg. Der gebürtige Amerikaner, 46 Jahre alt, ist Sprecher einer kleinen Gruppe von Schrebergärtnern in den Anlagen Bornholm 1 und Bornholm 2, gelegen zwischen Bornholmer Straße und Esplanade. Es ist eine Gruppe von Gärtnern, die aus dem doch traditionell geprägten Umfeld in der Schreber-Kolonie heraussticht – junge Familien, manche von ihnen aus Holland, manche aus Amerika. Auch sie wissen, dass Berlin die innerstädtischen Kleingartenanlagen als potenzielle Wohnbebauungsfläche ausgemacht hat, und der Bezirk Mühe hat, das Anliegen abzuwehren. Und deshalb nun besagter Kulturwandel, erläutert Jay Kaufmann. „Wir brauchen eine Vision vom Zusammenleben, müssen zeigen, dass wir etwas für das Kiezleben in Prenzlauer Berg beitragen können. Nur so können wir bestehen.”
Das Fest, dass der Verein gestern ankündigte, ist also mehr als ein aktueller Veranstaltungstipp, obwohl Programmpunkte wie Schnipseljagd, Klezmerkonzert unterm Baum, Flohmarkt und Bratwurstgrill genau das vermuten lassen. Es ist die Umsetzung einer Forderung, die zuletzt das Abgeordnetenhaus im März mit einem Beschluss bekräftigt hatte. In diesem hieß es, dass man zwar den Erhalt der Anlagen wolle, die Kleingärtner aber auch im Gegenzug eine „noch stärkere Öffnung der Anlagen für die Allgemeinheit und Integration in den Kiez” forcieren sollten. Der jetzt angekündigte Tag des offenen Gartens am Samstag, 27. September, sei ein erster Schritt in diese Richtung, sagt Jay Kaufmann, der betont, dass man das nicht mache, weil es so gewünscht sei, sondern, weil man es wolle. „Gerade wir Jüngeren in den Gartenkolonien wünschen uns, dass sich das Kiezleben hier spiegelt.”
Konflikte mit älteren Pächtern nicht ausgeschlossen
40 Pächter machen mit, das ist etwas mehr als jeder zehnte in den beiden Anlagen, schätzt Kaufmann. Es soll nur die Auftaktveranstaltung sein. Es soll weitere Feste geben. Später könnten Kitas und Schulen Angebote in den Kleingärten wahrnehmen, auch dies explizit eine Forderung im Beschluss des Abgeordnetenhauses. „Das war ja auch die Grundidee der Schrebergärten”, so Kaufmann, „dass sich dort Kinder beschäftigen können”. Er selbst erlebe immer wieder, wie seine eigenen Kinder den Aufenthalt im Garten genießen. Für einen Kiez mit wenig Grünflächen und noch weniger Nutzpflanzen seien die Kleingärten daher von großem Nutzen – wenn sie denn der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.
Dass das Konzept geöffneter Gartensparten nicht auf ungeteilte Zustimmung bei allen Pächtern stoßen wird, ist Kaufmann bewusst. „Wir wollen die alte Gartenkultur auch gar nicht angreifen, wer seine Ruhe will, soll die weiterhin haben.” Ob es alles so konfliktfrei abläuft wie erhofft, müsse sich aber erst in den kommenden Monaten zeigen. Die junge Garde, so berichtet Kaufmann, will vermehrt ihre Ideen im Verein einbringen, viele Anträge bei Vereinsversammlungen stellen. „Wir hoffen, dass unser Engagement positiv aufgenommen wird. Es wäre nicht gut, wenn wir uns als Gemeinschaft gegenseitig im Weg stehen.”
Der Tag des offenen Gartens findet statt am 27. September von 14 bis 18 Uhr. Mehr Infos hier.