Wer seine Wohnung verkaufen will, muss sich demnächst ranhalten. Steht ein Objekt mehr als sechs Monate leer, drohen saftige Strafen. Falls es irgendwann mal Personal gibt, das das kontrolliert.
Mieter sind kein Verkaufsargument, im Gegenteil, Mieter schrecken ab. Das ist eine Binse, und sie gilt für jegliches Geschäft mit Eigentumswohnungen, auch und vor allem in Prenzlauer Berg. Und deshalb ist es üblich und aus Sicht des Verkäufers rational, eine Wohnung vor dem Verkauf leer zu bekommen. So weit nichts Neues. Neu ist, dass sich Verkäufer künftig etwas beeilen müssen, wollen sie eine Wohnung verkaufen. Und das hat mit dem sogenannten Zweckentfremdungsverbot zu tun, das eigentlich mit Eigentumswohnungen nichts zu tun hat. Wohl aber mit Wohnungsleerstand.
Das Zweckentfremdungsverbot ist eine Verordnung, die seit 1. Mai dieses Jahres gilt und es verbietet, Wohnraum als Gewerbe oder als Ferienwohnung zu vermieten. Es gibt viele Möglichkeiten, gegen die Verordnung zu verstoßen, und Roland Schröder (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung, wollte wissen, ob dazu auch ein Leerstand von mehr als sechs Monaten gehöre. Das wurde jetzt von Stadtrat Torsten Kühne (CDU), dessen Ordnungsamt für die Umsetzung des Verbots zuständig ist, bejaht. Ausnahmen gebe es nur, wenn eine Wohnung trotz „geeigneter Bemühungen über längere Zeit nicht vermietet werden” kann, Wohnraum „zügig” modernisiert, umgebaut oder instandgesetzt wird oder „aus anderen objektiven Gründen nicht mehr vermietet werden kann”.
Mieter mindern Wert
In den meisten Fällen, folgert Roland Schröder, gelte also eine „Vermietungspflicht” für Eigentümer von leerstehenden Wohnungen. „Ich finde es wichtig, dass das klargestellt wird.” Jeden Monat würden im Bezirk, Prenzlauer Berg vorneweg, für mehrere Häuser vom Amt „Abgeschlossenheitsbescheinigungen” erteilt, sie belegen, dass Immobilien akustisch wie baulich von Nachbarwohnungen abgegrenzt sind und damit als Eigentum verkauft werden können. Die Zahl der erteilten Bescheide zeige, so Schröder, dass es regelmäßig neue Verkäufe gebe. Erfahrungsgemäß stünden solche Wohnungen oft länger leer. „Solange, bis der geeignete Käufer gefunden ist, und das kann sich hinziehen.” Seien die Wohnungen noch vermietet, könnte das den Verkaufspreis erheblich drosseln.
Schröder zeigt sich erfreut über die Antwort des Bezirksamts, und die konkrete Deadline, die gesetzt wird. Ab 1. November, dann ist die Zweckentfremdungsverbotsverordnung seit einem halben Jahr in Kraft, könnten erste Sanktionen gegen Eigentümer verhängt werden, sollte klar nachgewiesen werden, dass ihr Wohnraum seit längerem leersteht, obwohl er vermietet werden könnten. Aus einer anderen Antwort Kühnes auf eine Kleine Anfrage Schröders, ebenfalls gestern veröffentlicht, geht zudem hervor, dass Geldbußen bis zu 50.000 Euro drohten. Aber auch das: Eigentlich ist nahezu ausgeschlossen, dass überhaupt irgendein Verstoß geahndet wird.
Ein Sachbearbeiter, absolut überfordert
Denn das ist die schlechte Nachricht, die Kühne den Anhängern der Verordnung nun schon zum wiederholten Male überbringen muss: Das Amt hat gar keine Ressourcen, zu kontrollieren. Seit dem 1. September gebe es überhaupt erst einen Mitarbeiter im Bezirk Pankow für die Kontrolle des Verbots, vier sind geplant, aber noch lange nicht in Aussicht. „Derzeit sind keine Personalkapazitäten vorhanden, die eigene Ermittlungen zulassen”, erklärt Kühne, man könnte einzig Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen. Der eine Mitarbeiter ist dabei nicht zu beneiden. Auf seinen Schreibtisch fanden sich zu Dienstbeginn bereits 920 Anzeigen zur Wahrung des Bestandsschutzes, die er abarbeiten muss; und außerdem 70 Hinweise auf Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot. Schon bei der Erteilung von Eingangsbestätigungen kommt man daher im Bezirk kaum hinterher. Die Sanktionierung leerstehenden Wohnraums bleibt daher, wie wohl auch jede andere Umsetzung des Zweckentfremdungsverbots, ferne Zukunftsmusik.
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