Zum Beispiel Kinder vor Hunden. Das jedenfalls ist die aktuelle Idee für den Blankensteinpark. Ein Zaun ist zu teuer, und das Ordnungsamt überfordert.
Morgens halb zehn im Blankensteinpark, jener Rumpelwiese, an der Prenzlauer Berg sanft den Friedrichshain küsst. So mal gar nichts los, was deshalb enttäuscht, weil hier für gewöhnlich mehrere Tonnen Hunde täglich anzutreffen sind. Ein paar sind dann doch da, ein rattenartiger, ein richtiger und dann sogar ein schöner. Kinder Fehlanzeige. Um die beiden geht es nämlich: Hund und Kind, genauer Hundebesitzer und Kinderbesitzer. Seit 2012 versuchen sich beide Gruppen im Park zu arrangieren, und zwar mittels eines noch zu bauenden Zauns. Nun, zwei Jahre später, scheint der Plan den eines üblichen Berliner Verwaltungsaktes zu gehen: Er scheitert, weil das Geld fehlt. Deswegen redet man jetzt über eine Hunde abweisende Hecke. Dazu später.
Die Situation im Blankensteinpark ist erfreulich eindeutig: Die Eltern haben recht, die Hundebesitzer, die ihre befellten Begleiter unangeleint laufen lassen, unrecht. Der Blankensteinpark ist als Spielplatz deklariert, und Hunde sind kein Spielzeug. Trotz dieser Gemengelage betont Karina Fissguss, Mutter und Mit-Initiatorin einer Elterninitiative pro Zaun, dass man mit den Hundevertretern im Park durchaus einig in den Zielen sei und frei von Gram. „Es gibt da keine Front oder sowas“ – einzig der Wunsch nach einem Zaun. Der sei nötig, weil an den Park nicht nur ein ganzer Kita-Komplex anschließt, sondern auch ein Spiel- und ein Bolzplatz. Entsprechend hoch sei das Kinderaufkommen, und das habe sich in den vergangenen Jahren nicht immer mit den freilaufenden Hunden vertragen. Sie habe von mehreren Beißereien gehört. Die gehen in aller Regel vom Hund aus.
30.000 Euro für einen mannshohen Zaun und wenig Sicherheit
Aus dieser Ausgangssituation und ausgerüstet mit 500 Unterschriften, gesammelt bei Eltern und Hundebesitzern, machten sich Anwohner im Frühjahr 2012 auf den Weg zum Friedrichshainer Bürgermeister und zum Pankower Ordnungsamt. Sechs Monate später kam es zu einem runden Tisch im Bezirksamt und, so die Auskunft der Vorsitzenden der Hundefreunde Berlin e.V. Sophie Schwab, im August dann zu einem Gespräch mit dem in Pankow für Grünanlagen zuständigen Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne). Es sei da, so Schwab weiter, durchaus Einigung erzielt worden, dass den Hunden ein Teil der Fläche zugestanden werden könnte, abgetrennt durch einen Zaun. Aber da lag wohl ein Missverständnis vor, wie jetzt von Stadtrat Kirchner zu hören ist.
Foto: Thomas Trappe
So hat es zwischen den Hundefreunden und Kirchner Diskussionen über eine Sondernutzungserlaubnis für einen großen Teil des Parks gegeben. Sophie Schwab berichtet, dass ihr Verein sogar schon einen Vertragsentwurf vorgelegt habe. Dem Verein, so die Idee, wäre mit dieser Erlaubnis eine Teilfläche überlassen worden, er wäre dann auch für die Pflege und den Bau eines Zaunes zuständig gewesen. An letzterem scheiterte es dann. Rund 30.000 Euro, so Kirchners Schätzung, würde ein Zaun kosten, denn er müsse stabil sein und hoch genug, um auch jene Hunde abzuhalten, die gerne mal das Herrchen ignorieren. „Der tut nichts“ – Sie wissen schon. Eine Sondernutzungserlaubnis könne der Bezirk aber für längstens drei Jahre erteilen, danach müsse wieder neu verhandelt werden. Für Sophie Schwab und ihren auf freiwillige Mitgliedsbeiträge angewiesenen Verein eine unmögliche Bedingung. „Wir können so viel Geld nicht ausgeben, ohne zu wissen, ob wir davon dauerhaft was haben.“ Das einzuzäunende Gelände würde die Hälfte des unteren Drittels im Park umfassen, zwischen dem Fahrrad-Center und dem Kita-Komplex an der Eldenaer Straße.
Die „Verpiss-dich-Pflanze“ macht Hoffnung
Ganz vom Tisch ist die Sondernutzungserlaubnis allerdings noch nicht, wenn auch unter fragwürdigen Vorzeichen. So soll dort, wo bis jetzt nur ein stabiler und mindestens 170 Zentimeter hoher Zaun als ausreichend erachtet wurde, eine Hecke als Ersatz dienen. Kirchner selbst scheint das nicht zu glauben, aber Fachleute hätten ihm versichert, dass es Hecken gebe, die Hunde strikt meiden würden. Das Internet verweist auf Berberitzen, Stechpalmen oder, sehr schön, die sogenannte „Verpiss-dich-Pflanze“ Coleus. Man ahnt den Haken, um es mal an der Stechpalme deutlich zu machen. Der Früchte sind giftig, mitunter tödlich. Für Hunde. Und Kinder. Abgesehen davon, auch das könnte ein Problem sein, brauchen Hecken erfahrungsgemäß ein gewisse Zeit, um zu wachsen. Und gepflegt werden müssen sie auch, und das könnte beim ständigen Personalmangel ja durchaus ein Problem sein. Kirchner will erst mal abwarten, was es für Vorschläge gibt. „Heckenspezialist bin ich nicht.“
Foto: Thomas Trappe
Verwaltungsspezialist allerdings schon. Da scheint die Frage angebracht, warum das Bezirksamt überhaupt darüber verhandelt, ein Gehege für freilaufende Hunde zu bauen, da doch Hunde im Blankensteinpark gar nicht unangeleint laufen dürfen. „Tja“, sagt Kirchner, „die Situation ist nun mal, wie sie ist. Wir können ja nicht so tun, als ob es die Hunde da nicht gebe.“ In den Worten des fürs Ordnungsamt zuständigen Stadtrats Torsten Kühne (CDU): „Die Festlegung einer Nutzungsbeschränkung ist eine Sache, deren Einhaltung stellt sich auf der anderen Seite jedoch solange als unlösbares Problem dar, solange sich nicht mehr Rechtsbewusstsein bei den Hunderhaltern etablieren wird.“ Nur ein bis zweimal pro Woche würde der Park vom Ordnungsamt kontrolliert. „Gemessen an der Vielzahl der dort täglich zu verzeichnenden Ordnungswidrigkeiten ist dies gewiss völlig unzureichend“, so Kühne, aber es fehle eben an Personal. Statistiken zu Beißvorfällen im Park gebe es nicht. Bezirksweit seien in den vergangenen drei Jahren 47 registriert worden.
Menschen zweiter Klasse im Hundeknast
Sophie Schwab ist mit ihrem Hund, einem Australian Shepherd Mix, zweimal täglich im Park unterwegs, sie sagt, sie habe noch nie mitbekommen, dass ein Hund ein Kind bedroht hätte. Generell habe sie den Eindruck, dass „man als Hundebesitzer in Berlin als Mensch zweiter Klasse behandelt würde“, als potenziell gefährlich, „da uns nicht zugestanden wird, selbst zu entscheiden, ob wir unsere Hunde im Griff haben“. Dass im Blankensteinpark Hunde unangeleint rumlaufen, verteidigt sie mit den nicht vorhandenen Auslaufflächen in der Gegend. „Hundehalter werden damit zu illegalem Verhalten gezwungen, wenn sie das Wohl des Tieres ernst nehmen.“ Auch Kirchners Wunsch nach einem mannshohen Zaun passe in das Muster der hundefeindlichen Stadt. „Ich habe keine Lust, von einem riesigen Metallgitter umgeben zu sein, wenn ich meinem Hund Auslauf gönnen will“, sagt Sophie Schwab. „Das fühlt sich an wie ein Gefängnis.“ Dass inzwischen über Alternativen nachgedacht werde, begrüßt sie. Lust auf weitere Verhandlungen habe sie aber erstmal nicht. Sie sei inzwischen doch recht ermattet vom Hin und Her der letzten Jahre.
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