Von Schrottfahrrädern und Schlagstöcken

von Christiane Abelein 29. April 2014

Warum das Pankower Ordnungsamt parkende Fahrräder kontrolliert und der zuständige Stadtrat Kühne in der BVV momentan nicht gerade beliebt ist.

Freitagnachmittag in der Stargarder Straße: Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben gut zu tun. Nicht etwa, weil sie eines der insgesamt 40.000 Knöllchen untern Scheibenwischer klemmen, die Pankow pro Monat verteilt. Nein, sie überprüfen mit großer Gewissenhaftigkeit ein Fahrrad. Das blaue Mountainbike lehnt ganz entspannt und gut gesichert an einer sogenannten Fahrradabstellanlage, also an einem dieser Metallbügel, die extra für solche Fälle errichtet wurden. Wo also liegt das Problem?

In diesem Falle gibt es keins. Aber es hätte ja sein können, dass… Ja, was eigentlich? Laut dem zuständigen Bezirksstadtrat Torsten Kühne hätte es sein können, dass der Besitzer sein Fahrrad nicht nur parken, sondern es auf für ihn bequeme Weise entsorgen wollte. Es gebe häufig Beschwerden darüber, dass Schrottfahrräder „das öffentliche Straßenland vermüllten“ oder zumindest den noch funktionstüchtigen Exemplaren den Parkplatz wegnähmen. In diesem Falle hätte das Rad einen gelben Punkt aufgeklebt bekommen. Wenn dieser Punkt nach vier Wochen noch dran ist und der Drahtesel immer noch am selben Platz steht, kommt die BSR und nimmt das Fahrrad mit.

 

Muss das sein?

 

Dagegen ist ja an sich nichts zu sagen, aber hat das Ordnungsamt wirklich so viel Personal, dass es auf den ersten Blick einwandfrei wirkende Räder unter die Lupe nehmen kann? Das hörte sich bisher häufig anders an. Kühne meint dazu: Die Kontrolle der abgestellten Räder gehöre nun mal zu den Aufgaben des Ordnungsamtes. „Wenn nicht so viele Räder im öffentlichen Raum entsorgt würden, könnten wir uns ja anderen Dingen widmen.“

Was seine Untergebenen nicht dürfen, sich aber dem Chef zufolge viele Bürger wünschen würden, ist: Verkehrsrowdies aufhalten, wenn sie zum Beispiel bei Rot über die Ampel fahren oder als Radler die Gehwege nutzen. Das Ordnungsamt ist nur für den „ruhenden Verkehr“ zuständig. Dazu gehören nicht nur geparkte Fahrräder, sondern natürlich auch geparkte Autos.

 

Dringlichkeitsantrag gegen Schlagstöcke

 

In diesem Zusammenhang hatte Kühne bekanntlich eine Idee. Er wollte den Einsatz der Mitarbeiter in der Parkraumüberwachung verbessern, indem er ihnen Schlagstöcke und Pfefferspray an die Hand gibt. Die Bezirksverordnetenversammlung in Pankow ist davon allerdings überhaupt nicht begeistert. Die Fraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke und die Piraten beschlossen einen Dringlichkeitsantrag, um den Vorstoß des CDU-Mannes Kühne zu verhindern.

Die Begründung könnte deutlicher nicht sein: Die Bezirkspolitiker halten den Vorschlag des Stadtrates für „unsachgemäß und populistisch“, und sie sind überzeugt:  „Diese Forderungen (…) schaden dem positiven Image der Parkraumbewirtschaftung und dem Ordnungsamt insgesamt und führen keinesfalls zu einer besseren Akzeptanz der Parkraumbewirtschaftung“. So weit, so gut. 

 

BVV: Die Vorteile herausstellen!

 

Die BVV selbst will also einen anderen Weg gehen als Kühne und auf die Vorteile der Parkzonen hinweisen. Vorteile? Ohja, die gibt es offenbar! Anwohner fänden „erheblich leichter“ einen Parkplatz in der Nähe ihres Wohnortes und Fußgänger profitierten davon, dass die Zugänge zu Gehwegen von den Parkraumüberwachern freigehalten würden. Außerdem seien „Parksuchverkehr, Lärm- und Umweltbelastung deutlich zurückgegangen, die Lebens- und Wohnqualität ist gestiegen.“ Woher die Mitglieder der BVV diese Erkenntnisse haben, ist nicht bekannt.

Den Angestellten im Ordnungsamt jedenfalls will die BVV auch ohne Schlagstöcke helfen – und zwar, indem die Volksvertreter „den Respekt vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihren Aufgaben stärken, um das Zusammenleben in Berlin gut und friedlich zu gestalten.“ Wie das gelingen soll, ist dem Antrag allerdings nicht zu entnehmen.

 

 

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