„Das macht Angst“

von Juliane Schader 19. März 2014

Komplizierte Bescheide, unnötige Drohungen und ein unstillbarer Bedarf an persönlichen Daten, das sind die Erfahrungen unserer Leser mit dem Pankower Jobcenter.

Nein, den eigenen Namen wollen die Betroffenen lieber nicht in der Zeitung lesen. Schließlich könnte das ja zum Nachteil werden, öffentlich über die Erfahrungen mit dem Jobcenter Pankow erzählt zu haben, wenn man das nächste Mal dort auf der Wartebank sitzt. So antworteten die meisten der Leser auf die Frage, ob wir Ihre Erlebnisse veröffentlichen dürfen, die uns nach der Berichterstattung über das Jobcenter erreichten.

Die Personen in den drei folgenden Beispielen heißen also eigentlich ganz anders. Die Erfahrungen sind aber echt. Natürlich handelt es sich dabei um Einzelfälle. Sie dokumentieren aber die Probleme, auf die Antragssteller im Jobcenter stoßen.

 

Maria Müller ist schwanger. Weil sie mit ihren zwei Teilzeitjobs nicht sonderlich viel Geld verdient, empfiehlt ihr ihre Schwangerschaftsberatung, beim Jobcenter eine Baby-Erstausstattung zu beantragen. Nach ihren Berechnungen hat Müller darauf einen Anspruch.

Im Jobcenter wird es dann direkt kompliziert: Eine Erstausstattung gebe es nur für Menschen, die Hartz IV beziehen, heißt es. Dies müsse sie erst – als Aufstockung zum Gehalt – beantragen.

Gesagt, getan. Doch der riesige Papierberg, den Müller eine Woche später dem Jobcenter übergibt, reicht ihm nicht: Zwar liegen bereits Arbeitsverträge und Lohnbescheinigungen der vergangenen vier Monate vor. Darüber hinaus hätte das Amt aber gerne noch von den zwei Arbeitgebern unterschriebene Einkommensbescheinigungen. Zudem soll sie zu diversen Ausgabe-Positionen auf den ebenfalls abgegebenen Kontoauszügen Stellung nehmen. „Alles in allem kam es mir wie Schikane als abschreckende Maßnahme vor. Schließlich hatte ich schon buchstäblich ,die Hosen runtergelassen’“, schreibt Müller. Von Datenschutz wolle sie gar nicht erst anfangen.

Letztendlich gab sie entnervt auf. „Stress und Sorgen hat man als Schwangere auch schon ohne das Jobcenter genug.“

                                                                        ***

Im vergangenen Herbst ist Marcel in seine erste eigene Wohnung gezogen, mit Mitte 20. Damals ist er noch Auszubildender und bekommt Bafög. Doch als Ende Januar seine Ausbildung endet und der Job, den er beginnt, zu wenig Geld einbringt, wendet er sich ans Jobcenter, um Wohngeld zu beantragen. Doch das wird erst mal abgelehnt. „Warum habe Sie eine eigene Wohnung, wenn Sie sich das nicht leisten können?“, soll die Sachbearbeiterin gefragt haben.

Seitdem geht es zwischen dem Jobcenter und Marcel hin und her. Die Mitarbeiter, mit denen er zu tun, hat, wechseln ständig. Gut behandelt fühlt er sich auch nicht. Wo genau das Problem liegt, hat er bis heute nicht verstanden. „Leider kann ich nichts machen, denn ich will ja etwas von ihnen“, schreibt er. Die Unterstützung, die das Jobcenter leisten solle, bekäme er nicht.

                                                                        ***

Als Wolfgang Bach in seinem Briefkasten ein Schreiben vom Jobcenter findet, weiß er damit zunächst gar nichts anzufangen. In deutlichem Ton wird er zu einem schon feststehenden Termin, mitten am Tag einbestellt, um über seine berufliche Situation zu sprechen. Käme er nicht, würden seine Bezüge gekürzt. Seltsam nur, dass Bach noch nie Leistungen erhalten hat und sich zudem schlecht vorstellen kann, in wie weit das Pankower Jobcenter ihm als selbständigen Unternehmer helfen könne. „Selbst als offensichtlich nicht Betroffener war ich beim Lesen des Schreibens erschrocken, das macht Angst“, schreibt er. „Ich will mir gar nicht vorstellen, was es mit Menschen macht, die beim Jobcenter ihre rechtmäßigen Ansprüche zur Geltung bringen müssen.“

Den Anlass für das Schreiben reimt sich Bach wie folgt zusammen: Seine Frau hatte sich kurz zuvor nach Abschluss ihrer Ausbildung mal erkundigt, in wie weit das Jobcenter denn bei der Jobsuche helfen könne. Das war für die Behörde wohl Anlass genug, den Ehemann als arbeitssuchend einzuordnen. „Wenn es für die betroffenen Menschen nicht eine so existentielle Bedrohung wäre, würde ich über den absurden Laden nur noch lachen“, meint Bach. 

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar