Polizei fragt, Anwohner antworten

von Christiane Abelein 17. März 2014

Die Polizisten, die für den Helmholtzplatz zuständig sind, wollten wissen, wie sicher sich die Anwohner im Kiez fühlen. Deshalb verteilten sie im August 2013 Fragebögen. Jetzt sind die Ergebnisse da.

Klaus-Dieter Bukowski, Leiter der Polizei im Abschnitt 15, also auch im Helmholtzkiez, verlässt sich nicht gerne nur aufs Gefühl. Er wollte handfestere Ergebnisse – und leierte eine Befragung der Anwohner an. Wie lief sie ab und welche Ergebnisse brachte sie? Hier die wichtigsten Punkte:

 

Die Ausgangslage

Im Helmholtzkiez leben 21.000 Menschen, das Gebiet reicht von der Ring-Bahn-Trasse im Norden bis zur Danziger im Süden, von der Schönhauser Allee im Westen bis zur Senefelderstraße im Osten, zwischen Stargader Straße und S-Bahn-Trasse sogar bis zur Prenzlauer Allee. 40.000 Zu- und Wegzüge verzeichneten die Behörden seit dem Mauerfall. Heute sind 76 Prozent der Bewohner Akademiker, „echte Berliner“ sind wenige davon, die Wohnungen sind schön, aber nicht unbedingt billig.

Familien mit Kindern und Touristen lieben das Umfeld, in denen viele Kneipen „Schankvorgärten“ haben. Aber auch professionellere Trinker tummeln sich seit Jahrzehnten auf dem Platz. Kurz gesagt: „Großstadtflair trifft Dorfidylle“ – so formuliert es die Polizei – und vermutet, dass das Aufeinandertreffen dieser Gegensätze nicht ohne Spannungen bleiben kann.

 

Die „Kriminalitätslage“

Richtige Verbrechen gibt es im Helmholtzkiez wenige. Wenn, dann sind es Einbrüche, Auto- oder Fahrraddiebstähle. Doch die Beamten im Dienst beobachteten eine „zunehmende Aggressivität“ zwischen Trinkerszene und Platzbesucher. Anlass seien unter anderem: öffentliches Urinieren (eine gebührenfreie öffentliche Toilette gibt es nicht mehr), Hundekot, Müll in den Grünanlagen und Lärm. Doch ist das alles wirklich so, oder empfinden es nur die Polizisten so? Das wollten sie von den Anwohnern wissen.

 

Die Umfrage

Die Polizei verteilte 1.500 Fragebögen per Posteinwurf, außerdem legte sie 50 Exemplare beim Kiez-Fest Helmholtzplatz aus. Insgesamt 409 Bögen kamen zurück. 60 Prozent der Teilnehmer sind weiblich, 39 Prozent männlich, ein Prozent – laut Abschnittsleiter Bukowski ist das wohl der Anteil der Bevölkerung, der in Berlin immer unentschieden ist – nennt kein Geschlecht. Vom Alter her sind diejenigen zwischen 18 und 25 Jahren etwas unterrepräsentiert, die Senioren über 60 etwas zu stark vertreten. Wissenschaftlich fundiert ist das Alles nicht, das ist auch Bukowski klar. Aber ein wenig mehr, so meint er, weiß er jetzt schon.

 

Störfaktor Ordnungszustand

Eines der größten Vorurteile über Berlin ist es, dass man kaum einen Schritt gehen kann, ohne in Hundekacke zu treten. Dieses Vorurteil stimmt in den meisten Vierteln. Und so überrascht es kaum, dass Störfaktor Nummer eins im Helmholtzkiez der Hundekot ist, genannt von 64 Prozent der Befragten. Danach folgen Verwahrlosung durch Müll (51 Prozent), Lärmbelästigung (45 Prozent) und Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit (40 Prozent). Schlusslicht der Auswertung: Farbschmierereien an Hauswänden und anderen Flächen (38 Prozent). Vor allem jüngere Bevölkerungsschichten können daran kaum mehr etwas Schlimmes finden. Polizeioberrat Bukowski vermutet: „Sie haben sich schlicht daran gewöhnt. In einigen Jahrzehnten wird das überhaupt nicht mehr als Störfaktor wahrgenommen werden.“

 

Störfaktor Verkehr

Dass Autos, Fahrräder und ihre jeweiligen Halter und Führer sich nicht unbedingt immer innig lieben, kann man jederzeit und überall beobachten. Die Anwohner rund um den Helmholtzplatz  fühlen sich denn auch ziemlich gestört – fast möchte man sagen voneinander. 55 Prozent der Befragten sind unzufrieden mit dem „Kraftfahrerverhalten inklusive Ruhender Verkehr“ – sprich Parken. Vor allem die mittlere Altersschicht zwischen 26 und 60 Jahren kritisiert Autos auf Geh- und Radwegen oder rücksichtsloses Fahren. 52 Prozent aller Teilnehmer regen sich über das Verhalten von Radfahrern auf, bei den Über-60-Jährigen sind es gar 83 Prozent bei den Männern und 87 Prozent bei den Frauen. Bemerkenswert ist auch: Mehr als die Hälfte der Frauen zwischen 18 und 24 Jahren finden das Verhalten von Radlern kritikwürdig. Der oberste Polizist im Abschnitt 15 meint: „Den vorschriftsmäßigen Radfahrer, der alle Regeln einhält, gibt es nicht mehr.“

 

Die restlichen Ergebnisse

Die Polizei hat für die Präsentation ihrer Ergebnisse ein Ampelsystem gewählt. Für die oben genannten Störfaktoren leuchtet deshalb die Farbe rot. Gelb gehalten ist der Punkt „Delikte der Straßenkriminalität“, denn: Nur für 15 Prozent der Befragten ist das ein wichtiges Thema. Wenn, dann ging es um Gewalttaten im Öffentlichen Raum oder im ÖPNV.

45 Prozent der Teilnehmer äußerten sich in einem freien Textchen dazu, dass sie sich an einem Ort rund um den Helmholtzplatz unwohl fühlen. 28 Prozent davon nannten den „Trinkertreff“, der immer wieder zu Problemen zwischen der Szene und den Anwohnern führt. Die restlichen 17 Prozent nannten die Bahnhöfe Schönhauser Allee und Eberswalder Straße sowie den Mauerpark, um den laut Bukowski tatsächlich ein „Raubtatenschleier“ liegt, weil betrunkene Touristen ihre Handys und Tablets leichtfertig rumliegen ließen. Betrachtet man die Gesamtlage im Helmholtzkiez, steht die Ampel bei der Polizei aber auf grün: 95 Prozent wohnen „gerne“ bis „sehr gerne“ hier, 93 Prozent fühlen sich „eher sicher“ bis „absolut sicher“.

 

Irgendwelche Konsequenzen?

Die Polizei überlegt nun, welche Schlussfolgerungen sie aus den Umfrageergebnissen zieht. Was die Qualität ihrer Arbeit angeht, gibt es nach Einschätzung von Klaus-Dieter Bukowski wenig zu meckern: 85 Prozent der Befragten waren mit ihrem letzten Beamtenkontakt „eher zufrieden“ bis „sehr zufrieden“. Doch was die Quantität angeht, sieht der Polizeioberrat noch Entwicklungsspielraum. Er liest den Wunsch nach mehr Präsenz der Polizei aus der Studie. Deshalb möchte er die gefloppten Bürgersprechstunden auf dem Helmi ersetzen durch mehr Präventionsarbeit – auf und neben dem Platz. Er könnte sich zum Beispiel eine engere Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt vorstellen oder, dass einige Beamte den Kiez auf dem Fahrrad kontrollieren.

Apropos Fahrrad: Da würde Bukowski gerne demnächst eine große Kampagne starten, um die häufigen Diebstähle einzudämmen. Was genau er vorhat, verrät er noch nicht.

 

Immer wieder gibt es Ärger am Helmholtzplatz. Wie sich das im Alltag äußert, und was die Politik dazu sagt, das steht hier

 

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