Der Thälmann-Park wird unter Denkmalschutz gestellt. Noch ist ziemlich offen, was das heißt.
Die Nachricht überraschte alle: Weder im Bezirksamt noch bei der Gewobag kannte man die Pläne des Berliner Landesdenkmalamtes, den Thälmann-Park unter Denkmalschutz zu stellen. Dabei ist der Park im Bezirksamt derzeit Dauerthema, und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft gehören mehr als tausend Wohnungen in den Plattenbauten.
Egal. Nun ist es ja raus, dass alle Wohnbauten, die Schwimmhalle, das Kulturareal sowie alle Monumente auf dem Gelände optisch nicht mehr verändert werden dürfen und erhalten werden sollen. Egal? Nicht ganz. Denn durch den neuen Status des Thälmann-Parks könnten ziemlich viele Pläne durchkreuzt werden. Vielleicht aber auch nicht. Noch ist alles offen.
Was ist erhaltenswert, was nicht?
Bleiben wir zunächst bei der Gewobag. Sie wollte eigentlich im kommenden Jahr damit beginnen, ihre Gebäude zu sanieren, zumindest teilweise. Ob das geschehen wird, ist völlig unklar. „Wir müssen uns erst einmal damit beschäftigen, was das überhaupt heißt“, sagt Sprecherin Gabriele Mittag. „Wir schauen uns jetzt noch einmal an, was wir geplant haben, und ob wir daran etwas ändern müssen.“ Außerdem fragt man sich im Unternehmen: Hätte man über das Vorhaben des Landesdenkmalamtes nicht informiert werden müssen?
Nichts geahnt vom anstehenden Denkmalschutz für das insgesamt 25 Hektar große Areal hat auch Jens-Holger Kirchner, Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung. Er ist davon überzeugt, dass gerade eine energetische Sanierung der Plattenbauten trotz des Denkmalschutzes geboten ist: „Ich glaube nicht, dass irgendwelche tschechischen Holzfenster der 80er Jahre, die mit Plaste ummantelt wurden, wirklich erhaltenswert sind.“ Auch in anderen Fragen sieht er ziemlich viel Spielraum: „Wir wissen schlicht noch nicht, was der Denkmalschutz-Status konkret bedeutet. Da muss noch einiges präzisiert werden.“
Wie viel kostet denkmalgeschütztes Wohnen?
Durchaus denkbar ist für Kirchner allerdings, dass die Wohnungen in den Plattenbauten nun teurer werden, weil die Sanierungskosten durch die Denkmalschutz-Auflagen vermutlich steigen. „Ob diese Kosten dann tatsächlich an die Bewohner weitergegeben werden, ist eine andere Frage.“
Ganz generell aber freut sich der Grünen-Politiker Kirchner. Er hofft auf mehr Fördergelder. Damit will er zum Beispiel die Grünanlagen in einen besseren Zustand bringen, Spielplätze sanieren oder das Kulturareal um die Wabe in Schuss bringen. Das hat der Bezirk schon lange vor, nur es fehlt das Geld. Deshalb will man seit einer gefühlten Ewigkeit die Einrichtungen an die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) übertragen, die dann die Sanierung vornehmen soll. Daran will Kirchner auch weiterhin festhalten, denn: „Es wird da kein Unterschied gemacht zwischen Eigentum und Benutzung“. Soll heißen: Der Bezirk könnte die Fördermittel auch dann einstreichen, wenn die Wabe ihm nicht mehr gehört.
Doch warum sollte er das Kulturareal überhaupt abgeben, wenn nun zusätzliche Mittel zur Sanierung in Aussicht stehen? Schon jetzt steht die Frage im Raum, ob diese Abgabe sich finanziell überhaupt lohnt. Auch hier könnte der Denmalschutz-Status noch einmal Bewegung in die Sache bringen.
Hochhaus gegen Hochhäuser?
Investor Christian Gérôme setzt derweil darauf, dass sich für seine Pläne wenig ändert. Geich neben dem Thälmann-Park will er auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs Greifswalder Straße neue Wohnungen bauen – übrigens keine Luxuswohnungen, wie er betont.
„Das wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, sagt er – obwohl das Berliner Denkmalschutzgesetz durchaus Veränderungen der unmittelbaren Umgebung von Denkmälern untersagt, falls diese „die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals wesentlich beeinträchtigen“. Kritisch könnte eventuell Gérômes Vorhaben sein, an der Ella-Kay-Straße mindestens ein Hochhaus zu errichten. Aber auch hier heißt es: Genaues weiß man noch nicht.
Diskussion auf fachlicher Ebene?
Die Anwohner-Initiative Ernst-Thälmann-Park hält es dennoch für unwahrscheinlich, dass Gérômes Pläne unverändert umgesetzt werden könnten. „Schließlich hat das Landesdenkmalamt extra betont, dass die Hochhäuser im Thälmannpark ein besonderes Merkmal sind“, begründet Andreas Hoepfner diese Überzeugung. Er stellt die Notwendigkeit einer Sanierung der Plattenbauten generell in Frage und ist vor allem froh, dass „unsinnige Arbeiten“ nun vom Tisch sind. Unsinnig, das sind für ihn zum Beispiel alle Maßnahmen, die die Gebäude „verschönern“ sollten. Ganz generell glauben er und seine Mitstreiter, dass die Debatte um das gesamte Areal hauptsächlich auf emotionaler Ebene geführt worden sei – und jetzt endlich auf die fachliche Ebene gehoben werde.
Sollte sich einer der Bewohner allerdings Hoffnungen machen, dass eine Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs oder auch Veränderungen im Thälmann-Park selbst unmöglich sind – diese Hoffnungen sind unberechtigt. Laut der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heißt das Denkmal-Label lediglich, dass alle Änderungen unter Genehmigungsvorbehalt stehen. Sprecherin Daniela Augenstein erklärt, im Grunde würden bei der Prüfung eines jeden Anliegens Schaden und Nutzen gegeneinander abgewogen. Trotzdem wolle man durch die Aufnahme in die Denkmalsliste natürlich eines erreichen: „Dass möglichst viel möglichst authentisch erhalten bleibt.“
Bezirksstadtrat Kirchner kampfeslustig
Definitiv erhalten bleibt nun auch das 13 Meter hohe, 15 Meter breite und 50 Tonnen schwere Ernst-Thälmann-Denkmal. Unverändert? Das ist, wie so vieles, noch nicht entschieden. Seit Dezember steht immerhin fest, dass das Werk mit einer Kommentierung versehen wird. Stadtrat Kirchner tritt zudem dafür ein, den Platz vor dem Denkmal umzugestalten, schließlich sei die „Zeit der Fahnenappelle“ vorbei.
Dass diese Pläne auf Widerstand stoßen könnten, ist ihm durchaus bewusst. Aber er betont: „Das ist mir einen Streit wert“.