Veganz: Alles andere als Fleisch

von Christiane Abelein 6. Februar 2014

Fleischfreies Tierfutter, mehr als 100 milchfreie Käsesorten und Gummibärchen ohne Schweinegelatine – das alles bekommt man bei „Veganz“. Die erste vegane Supermarktkette weltweit entstand – na, wo? – genau: in Prenzlauer Berg!

Früher war definitiv nicht alles besser – zumindest nicht für den Gründer der ersten veganen Supermarktkette weltweit mit dem Namen „Veganz“. Im Gegenteil. Wer mit Jan Bredack spricht, bekommt den Eindruck, dass heute alles besser ist als früher, und morgen alles besser sein wird als heute.

Nicht ganz unbeteiligt am Anbrechen dieser künftigen goldenen Zeiten ist Bredack selbst. Zumindest vermittelt der selbstsichere Gründer der ersten veganen Supermarktkette, deren erste Filiale im Sommer 2011 in der Schivelbeiner Straße eröffnete, diese Botschaft beim gemeinsamen (veganenen) Getränk. Ein Blick auf die Internetseite seines Unternehmens Veganz verstärkt den Eindruck, dass hier jemand die Welt verbessert – auch wenn Bredack immer wieder betont, dass er auf keinen Fall „missionieren“ will. Was will er dann? Das „vegane Ökosystem weiter etablieren und den Eintritt in die vegane Lebensweise erleichtern“, und zwar „losgelöst von jeglichem Wettbewerbsdenken und -handeln“, so steht es in den Werbetexten zu Veganz. Klingt gut, oder? Stimmt nur nicht so ganz.

 

 Leben ohne Tierleid

 

Richtig ist: In den Filialen der Kette ist der Griff zum tierfreien Lebensmittel einfach. Neben dem üblichen Biomarkt-Sortiment locken rund 100 milchfreie „Käse“-Sorten, Milchersatz, vegane Kosmetik (also Produkte, die ohne Tierversuche und ohne jegliche tierische Inhaltsstoffe entstanden sind) und sogar veganes Tierfutter. Veganz lebt vom Gesamtkonzept.

Deshalb versucht Bredack zusätzlich zu seinem Angebot Partner an Land zu ziehen, die gleich nebenan tierfreie Schuhe und Klamotten verkaufen oder ein veganes Restaurant betreiben. Das Ziel: „Mit einem einzigen Einkauf soll der ganze Lebensunterhalt mit rein pflanzlichen Produkten abgedeckt werden können“. Das macht das Leben für Veganer leichter und scheint auch Nicht-Veganern und Nicht-Vegetariern zuzusagen: 80 Prozent der Käufer ernähren sich nach internen Erhebungen von Veganz zwar bewusst, verzichten aber nicht vollständig auf Fleisch und Co.

 

„Wir brauchen schnelles Wachstum“

 

Richtig ist aber auch: Der Wettbewerb spielt für Jan Bredack und sein Unternehmen eine große Rolle. Sein persönliches Credo lautet zwar: „Geld ist für mich kein Antrieb mehr, davon habe ich in meinem Leben genug verdient.“ Aber gleichzeitig muss der Firmengründer zugeben: „Wir brauchen schnelles Wachstum“. Das geht eben nicht ohne Wettbewerbsdenken. Das liebe Geld mag also für Bredack als Privatperson nicht wichtig sein, doch als Geschäftsmann – und der ist der frühere Daimler-Benz-Manager trotz lässigen Outfits mit Kapuzenpulli und nachlässiger Frisur immer noch durch und durch – achtet er natürlich darauf, dass die Zahlen stimmen.

Bisher läuft es gar nicht schlecht: Die Umsätze für 2013 belaufen sich auf 5,3 Millionen Euro. Trotzdem schreibt das Unternehmen nach Aussage des Chefs noch keine schwarzen Zahlen. Denn Veganz ist nicht nur eine Supermarktkette, sondern auch Importeur und Großhändler. Und deshalb gilt: Je mehr Filialen, desto besser. „Wir können mit ein paar Läden nicht existieren. Um rentabel zu sein, brauchen wir mindestens neun.“ Momentan sind es fünf – zwei in Berlin, einer in Frankfurt am Main, einer in Hamburg, einer in München. Noch in diesem Jahr sollen bis zu sechs Märkte dazu kommen, in Leipzig und Prag, Wien und Essen, Kopenhagen und ursprünglich auch in Budapest. Da hat Bredack einen Rückzieher gemacht: „Die politische Lage in Ungarn ist einfach zu unsicher, das kann man keinem Investor zumuten.“

 

Erste Filiale weltweit in Prenzlauer Berg

 

Investoren aber braucht der Unternehmer. 800.000 Euro steckt er in jede neue Filiale. Allein im vergangenen Jahr benötigte er also 3,2 Millionen Euro nur für die Expansion. So viel hat auch der ehemalige Großverdiener nicht zur Verfügung, da muss er sich Hilfe holen. Das war zu Beginn noch anders. Das Startkapital für Veganz, 700.000 Euro, zahlte Bredack aus eigener Tasche. Damit suchte er sich seine Lieferanten, bevor er den Laden in der Schivelbeiner Straße als wohl ersten veganen Supermarkt weltweit eröffnete.

Dass dieser ausgerechnet in Prenzlauer Berg entstand, überrascht nicht und war doch Zufall: Bredack wohnte – wenn er denn in Berlin war und nicht gerade in Russland ein neues Werk für Daimler hochzog – schräg gegenüber des ersten Standorts. Dort wurde gerade das erste Passiv-Mietshaus Deutschlands gebaut und es hatte unten noch eine Gewerbefläche frei. „Das passte“, sagt Bredack lapidar. Weiterlesen in Teil 2: „Vegan leben ist hip“

 

Teil 1: „Veganz – Alles andere als Fleisch“

Teil 2: „Vegan leben ist hip“

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