Kampf gegen das „Gutverdiener-Image“
Dass auch die Klientel in Prenzlauer Berg passte, war dem Geschäftsmann natürlich bewusst. „Hier leben nicht viele Menschen, die ums Überleben kämpfen müssen.“ Die hohe Dichte an Gutverdienern, die hohe Bildung, das Bewusstsein für Gesundheit und Nachhaltigkeit – das alles ist ein perfekter Nährboden für Veganz. Und so achtet man bei dem Unternehmen darauf, dass auch die neuen Standorte in hippen In-Vierteln liegen. Dort können sich die Menschen die angebotenen Produkte leisten.
Denn diese sind ganz schön teuer, was auch Bredack nicht bestreiten kann. Doch so ganz will er das „Gutverdiener-Image“ seiner Kette nicht gelten lassen. Alle teuren Angebote seien schließlich exklusiv bei Veganz zu haben. Und: „Wir bieten immer auch eine preisgünstigere Variante an.“ Dass das Unternehmen sich rasant vergößert, ist laut Bredack übrigens auch von Vorteil für die Kunden einzelner Filialen: „Durch jede Neueröffnung steigt unser Spielraum, die Preise anzupassen“. Soll heißen: zu senken.
Vegan leben ist hip
Ob das überhaupt nötig ist, sei dahin gestellt. Denn dass das Konzept nicht überall funktioniert, ist Bredack klar. Auch wenn der Fleischkonsum in Deutschland momentan sinkt (zuletzt um zwei Kilo im Jahr), steigt die Fleischlust weltweit immer noch an – das belegt zum Beispiel der Fleischatlas 2014, den die Heinrich-Böll-Stiftung und der BUND vor kurzem herausgegeben haben. In vielen ärmeren Ländern gilt schließlich als reich, wer sich Fleisch leisten kann. Dagegen kommt auch die Veganer-Bewegung nicht an.
Gleichzeitig aber herrscht in gewissen Kreisen ein Hype, der Bredack in die Hände spielt und bei Eröffnung der ersten Filiale noch gar nicht absehbar war: Vegan leben ist hip. So bekennen sich nicht nur immer mehr Hollywood-Schauspieler zur tierfreien Ernährung, auch deutsche Promis wie die Sängerin Nena oder erst kürzlich Christoph Maria Herbst alias Stromberg „outen“ sich. Dazu kommen zahlreiche Bücher zu dem Thema, zum Beispiel „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer oder „Anständig essen“ von Karen Duve. Ab März bietet sogar die Deutsche Bahn in ihren Zug-Bistros ein veganes Gericht an.
Vegane Würstchen, Gyros und Chicken Wings
Auch wenn Bredack seine Kette gerne aus der reinen Veganer-Ecke rausholen will, weil er weiß, dass die Bewegung zum Teil als radikal verrufen ist: Schlecht fürs Geschäfts ist das Ganze nicht, im Gegenteil. Die Neugier auf seine Produkte steigt und das Medieninteresse gleich mit. Drei bis vier Interviews gibt Bredack in einer Woche, entsprechend abgeklärt ist er. Aber beschweren will er sich auch nicht: „Das ist schon gut so“.
Nur eines kann der überzeugte Veganer auch im zigsten Interview, dem mit uns, nicht wirklich erklären: Warum Würstchen ohne Fleisch immer noch Würstchen heißen, es veganes Gyros gibt und knusprig gebackenes Saitan (ein Produkt aus Gluten – Vorsicht, nichts für Allergiker!) Chicken Wings getauft ist. Bredack versucht, uns so zu überzeugen: Veganer könnten dann für ihre fleischessenden Freunde kochen, ohne dass die merkten, dass gar kein Tier auf dem Teller liege. Der Selbsttest aber zeigt: Veganes Gyros schmeckt nach vielem, aber nicht nach Fleisch. Warum also nicht einfach Gemüse auftischen?
Unter dem Titel „Von hier – Geschäftsideen aus Prenzlauer Berg“ stellen wir Unternehmen aus dem Kiez vor. Bisher erschienen Texte über
den Quetschobst-Hersteller „Erdbär – Freche Freunde“,
die Taschen-Entwickler von „Tausche Tasche“
den Online-Brillenhändler „Mister Spex“
und den Spielekisten-Versand „Tollabox“.
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