Pankows Politiker meinen es mal wieder gut: Leerstehende Geschäfte könnten doch als Ausstellungsflächen genutzt werden, schlagen sie vor. Kleiner Haken: Die Künstler wollen das gar nicht.
Manchmal hat sich noch jemand die Mühe gemacht und alte Zeitungen an die Scheiben geklebt. Manchmal wird mit riesigen Aufklebern die Telefonnummer der zuständigen Hausverwaltung verkündet. Und in besonders schweren Fällen hat man nur freien Blick auf die lieblos zusammengekehrten Überbleibsel des Vormieters. So eng es auch beim Wohnraum wird, Leerstand bei Gewerberäumen gibt es auch in Prenzlauer Berg immer wieder.
Das hat Pankows Politiker auf eine Idee gebracht: Wenn die Räume schon nicht genutzt werden, können nicht wenigstens die Schaufenster vorübergehend als Ausstellungsfläche für Künstler dienen? Künstler gibt es genug, Leerstand gibt es genug, Ausstellungsräume fehlen – aus dieser einfachen Gleichung entstand ein Antrag der SPD, den die Bezirksverordneten bei ihrer Tagung am Mittwoch beschlossen.
Aufwertung durch Kunst
Gemeinsam mit dem Berliner Berufsverband Bildender Künstler (BBK) soll das Bezirksamt nun eine Anlaufstelle schaffen, die Künstler und Vermieter zusammenbringt. Erstere bekommen die Möglichkeit, sich einem großen Laufpublikum zu präsentieren, Letztere profitieren, weil ein Laden mit Kunst für Mietinteressenten attraktiver wirkt als ein verwahrloster, so die Annahme der Bezirksverordneten. Und auch der Kiez hat etwas davon, wenn plötzlich überall kleine Schaufenster-Galerien das Straßenbild prägen.
„Besonders an den großen Magistralen gibt es auch in Prenzlauer Berg oft Leerstand, der die Aufenthaltsqualität mindert“, sagt Rona Tietje, Fraktionsvorsitzende der Pankower SPD. So sei die Idee entstanden. Allerdings sei auch klar, dass der Bezirk nur den Impuls geben, aber nicht die praktische Koordination übernehmen könne. „Daher regen wir die Zusammenarbeit mit dem BBK an“, so Tietje.
„Billige Belebung des Stadtbildes“
Schöne Idee. Doch was halten die Künstler davon? „Bislang wissen wir von diesen Plänen nichts“, heißt es aus der Pressestelle des BBK. Spontan zeigt man sich aber alles andere als begeistert. „Die Frage ist doch, wem es nutzt“, meint die Sprecherin.
Für Künstler sei eine Zwischennutzung nur interessant, wenn die Räume für eine vorher festgelegte Zeit auch als Atelier genutzt werden könnten. Ähnliche Projekte habe es bereits in Neukölln gegeben und liefen derzeit in Marzahn. Eine Bespielung von Schaufenstern auf Abruf hingegen bedeute für Künstler nur Kosten, etwa für den Transport. Anders als in einer Galerie bringe das aber weder Renommee noch die Aussicht auf Einnahmen. „Wir haben die Vermutung, dass hier nur einer profitierte“, so die Sprecherin. „Der Bezirk, der so eine billige Belebung des Stadtbildes bekommt.“
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