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von Juliane Schader 11. Dezember 2013

Ernst Thälmann kann man nicht länger unkommentiert so stehen lassen, meinen Pankows Politiker. Schließlich sei er sowohl Opfer als auch Täter gewesen. Nun kommt eine Erklärtafel.

Seit nunmehr 27 Jahren steht das riesige Ernst-Thälmann-Denkmal des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel am Rande des gleichnamigen Parks. Und gerade einmal vier Jahre davon wurde nicht diskutiert, ob es nicht besser weg solle. Denn während Thälmann in der DDR als Märtyrer verehrt wurde, der für seine politische Überzeugung im Dritten Reich sein Leben ließ, geriet er nach der Wende als Antidemokrat in die Kritik. Schließlich war Thälmann Kommunist und als solcher erklärter Feind der demokratischen Strukturen der Weimarer Republik.

Darf heute mitten in Berlin noch ein großes Denkmal für einen Mann stehen, der aus Machtgründen vor 1933 auch mit den Nazis paktierte? Oder ist es ein falsches Geschichtsverständnis, Spuren der Vergangenheit, etwa in Form eines Denkmals, aus dem Stadtbild zu tilgen? In dieser ewigen Debatte haben die Pankower Bezirksverordneten am heutigen Mittwochabend nun den salomonischen Weg versucht: Das Denkmal bleibt, wird aber mit einer Plakette versehen, die „die Geschichte des Dargestellten und des Denkmals historisch kritisch aufarbeitet, kommentiert und anschaulich macht“, so heißt es in dem Beschluss. Der Aufgabe, den Text zu verfassen, muss sich nun die zwölfköpfige Pankower Gedenktafelkommission stellen, zu der unter anderem der Leiter des Museums Pankow, Bernt Roder, der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Rainer Sandvoß, und Kulturstadtrat Torsten Kühne (CDU) gehören.

 

Opfer und Täter in einer Person

 

„Bei dem Denkmal handelt es sich zweifellos um das Artefakt einer Diktatur. Jedoch ist es gerade als solches ein ambivalentes Mahnmal, das die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts verdeutlicht“, heißt es in der Begründung der BVV. Mit der Verbannung solcher Monumente aus dem alltäglichen Umfeld werde besonders für die Nachgeborenen die Chance vertan, sich mit diesem Teil der Geschichte bewusst zu beschäftigen. Dennoch müsse berücksichtigt werden, dass Thälmann eben nicht nur Opfer, sondern auch Täter gewesen sei, der zur Durchsetzung seiner Ziele, der Errichtung einer kommunistischen Diktatur nach sowjetischem Vorbild, auch vor Gewalt nicht zurückgeschreckt habe. „Die DDR-Diktatur heroisierte Thälmann, missbrauchte ihn für ihre Propaganda und verdeckte dabei alle Widersprüche der Person.“ Die Tafel soll diese nun für alle vor Ort nachlesbar machen.

Die Idee dafür stammt übrigens von den Pankower Grünen und ist wohl die Antwort auf eine Aktion der Jungliberalen von diesem Sommer: Mitte Juni hatten diese zu einer symbolischen Sprengung des Denkmals aufgerufen und waren, wie viele Denkmal-Gegner vor ihnen, zurückgepfiffen worden. Denn die noch Mitte der 90er vom Bezirk gewünschte Beseitigung Thälmanns ist mittlerweile nicht mehr vermittelbar. Sogar in der sonst so hitzigen Debatte um die Entwicklung des Thälmannareals stand diese nicht zu Diskussion. Thälmann bleibt also. Ab jetzt wird auch öffentlich erklärt, warum. 

 

 

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