Die Bewohner der Wohnanlage sollen ihren Garten öffnen. Sie verstehen die Aufregung nicht: Ihr Haus sei offener als mancher Hinterhof in der Oderberger Straße.
Viel Hoffnungen hat Jens-Holger Kirchner (Grüne) nicht. „Ich werde den Beschluss nicht kommentieren, sondern versuchen, ihn umzusetzen“, sagt der Stadtrat für Stadtentwicklung. Den Beschluss fassten die Pankower Bezirksverordneten in ihrer jüngsten Sitzung. Darin fordern sie, dass die Bewohner des Marthashofs, einer etwas edleren Adresse in der Schwedter Straße, ihren großen Innenhof tagsüber der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. So war es einst zwischen Marthashof-Eigentümern und Bezirk vertraglich vereinbart worden. Nur an der Umsetzung hapert es offenbar. Wie sich das ändern ließe, dazu macht der Beschluss keine Aussage. Kirchner kann darüber auch nichts Erhellendes sagen. „Ich werde es versuchen, mehr kann ich nicht tun“, wiederholt er.
Es ist kompliziert, weil offiziell gar kein Dissens zwischen Bewohnern des Marthashofs und jenen, die den Hof mitnutzen wollen, besteht. Denn erstere bestreiten keineswegs, dass ihr Innenhof öffentlich sein soll – die Tür stehe aber bereits jetzt jederzeit offen, wird erklärt. Nur widerspricht das den alltäglichen Erfahrungen vieler Prenzlauer Berger, die den Hof versucht haben zu betreten. Sie stehen oft vor verschlossenen Türen, wird immer wieder berichtet. Auch eine Stichprobe der Redaktion vor einem Jahr kam zum selben Ergebnis. Stadtrat Kirchner kann also davon ausgehen, dass er von Seiten des Marthashofs vollste Zustimmung für sein Öffnungsbegehren erhalten wird; nur an der faktischen Umsetzung wird es hapern, es sei denn, das Bezirksamt lässt regelmäßig kontrollieren, ob die Türen zum Marthashof offen stehen. Diese Variante ist ganz offenbar aber nicht praktikabel.
Geschlossene Türen zum Schutz der Kinder
Die Bezirksverordneten aller Fraktionen monieren in ihrem Beschluss, dass die Marthashof-Bewohner dazu „neigen, die vorhandenen Tore zum Marthashof stets zu verschließen“. Das schließe „die umliegende Bevölkerung von der Nutzung der Grünanlage aus, so dass sich mehr und mehr eine stets von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) abgelehnte gated community herausbildet, die sich von der umliegende Bevölkerung abschottet“. Aus Protest gegen den „Marthashof gated“ gibt es auch schon länger eine entsprechende Anwohnerinitiative.
Im Marthashof selbst versteht man „die Aufregung der BVV nicht“, wie ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft auf Anfrage erklärte. Die Hausordnung schreibe klar vor, dass die Tür offen bleibe, und daran hielten sich die Bewohner meist auch. „Damit ist der Marthashof weniger gated als beispielsweise die meisten Hinterhöfe in der Oderberger Straße.“ Allerdings könne es sein, heißt es in der Erklärung, „dass am Wochenende, wenn viele Kinder im Hof spielen, einige Mütter die Türen schließen, damit die Kinder sich nicht verselbstständigen.“ Die Regel sei dies aber nicht.
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