Über steigende Mieten und Verdrängung wollten Pankows Bezirksverordnete bei ihrer Tagung in einer aktuellen Stunde sprechen. Dann lobten sie sich doch lieber selbst.
Gut klang es auf der Tagesordnung: Aktuelle Stunde zum Thema „Bezahlbare Mieten sichern, Verdrängung verhindern“. Nachdem die Stunde abgelaufen war, wussten die interessierten Bürger auf den Besucherrängen, dass die Pankower Bezirksverordneten erkannt haben, dass es ein Wohnraumproblem gibt. Dass sie recht stolz sind auf die zahlreichen Maßnahmen wie das Luxusverbot oder das Verbot der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen, die sie in den vergangenen Monaten eingetütet haben. Und vor allem, dass am 22. September gewählt wird. Zwar nicht die Bezirksverordnetenversammlung Pankow, um deren Tagung am Mittwoch es hier geht, aber im Bund. Das schien für eine Stunde Schaulaufen Grund genug zu sein.
Lamento seit 2006
Beantrag hatten die aktuelle Stunde die Grünen, deren Fraktionsvorsitzender Cornelius Bechtler die Diskussion mit einem Lamento über die gekippten Mietobergrenzen begann – ein Eingriff des Gerichts gegen praktizierte Mietpolitik in Berlin aus dem Jahr 2006. Es folgte ein bisschen Eigenlob zu den oben erwähnten Punkten sowie das Versprechen, in Zukunft als Kommune das Vorkaufsrecht nutzen zu wollen – das war schon vor einem Jahr angekündigt worden. Neue Ideen gab es nicht.
Auch nicht von der Opposition: Michail Nelken von den Linken erklärte das Luxusverbot für „völlig daneben“. CDU-Fraktionschef Johannes Kraft fand, die ganzen Verbote bremsten Neubauprojekte aus, und Neubau sei in Zeiten des Wohnungsmangels nun mal nötig. Und Pirat Jan Schrecker kam zu dem Fazit: „Wir führen diese Diskussion zehn Jahre zu spät.“
Das Problem der steigenden Mieten und der Verdrängung blieb von dieser Debatte unbeeindruckt.
Sanierungs-Verträge helfen wenig
Spannend wurde es erst, als sich Mieter aus den Gesobau- und Gewobag-Häusern zu Wort meldeten, für deren Sanierung der Bezirk Verträge mit der jeweiligen Wohnungsbaugesellschaft abgeschlossen hatte. So toll, wie vom Bezirk gewünscht, liefe das alles nicht, erklärten die Mieter. Altmieter würden trotzdem verdrängt, Mieten stiegen derweil auf 10 Euro pro Quadratmeter nettokalt. „Dieser Vertrag ist nicht das Gelbe von Ei, er wird nicht die Welt retten. Aber er ist besser als nichts“, kommentierte Jens-Holger Kirchner, Pankows grüner Stadtrat für Stadtentwicklung.
Im Anschluss nannte er dann immerhin den einzigen noch nicht seit Monaten ausdiskutierten Ansatzpunkt, wie man den steigenden Mieten entgegen treten könnte: Über die Umlage von energetischer Sanierung auf die Mieter, wie sie derzeit praktiziert wird, müsse noch einmal gesprochen werden. „Die derzeitige Umlage ist für den Eigentümer eine Lizenz zum Gelddrucken – und das sage ich als Grüner.“
Vielleicht wird hier angesetzt, wenn sich die Bezirkspolitiker wieder ernsthaft der Problematik annehmen wollen. Nach der Wahl.
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