Feste feiern, aber wie?

von Juliane Schader 27. August 2013

Im Mauerpark und an der Kastanienallee wurde am Wochenende feste gefeiert. Nicht zu laut, aber zu sehr Ballermann und zu kommerziell, fanden Anwohner. Für das Amt war das einfach zu viel.

Es ist ja nicht so, als sei der Mauerpark am Wochenende nicht schon einiges gewöhnt. Ob Feuerspucker, Karaoke-Dilettanten oder Grillmeister, das alles gehört an einem durchschnittlichen Sommersonntag zum Programm. Doch was am vergangenen Wochenende aufgefahren wurde, war doch noch mal eine Nummer größer: Mit Bühne samt Backstagebereich, Dixieklos und Truck-Parkplatz feierte der Knaack-Club sein Sommerfest. „Das war grandios“, lautet das Fazit des Veranstalters Udo Petter. Ein Urteil, dem sich nicht jeder anschließen mag.

Alexander Puell engagiert sich seit Jahren beim Verein Freunde des Mauerparks für die Grünfläche und den Erhalt ihrer derzeitigen Nutzung. „Die Größe und die Lautstärke der Veranstaltung finden wir problematisch“, meint er. „Sonst kämpfen wir um jeden einzelnen Trompeter, der angeblich zu laut spielt. Dann kommt das Knaack und beschallt die ganze Nachbarschaft zwei Tage lang mit lauten Bässen.“

 

Feiern ja. Aber wie?

 

Dabei geht es Puell nicht darum, dass die Fläche kulturell genutzt wird, sondern wie. „Wir Ehrenamtliche schätzen den Mauerpark als spontane Veranstaltungs-Fläche, die allen offen steht“, sagt er. Ein kommerzielles Fest wie das am Wochenende schade jedoch sowohl dem Mauerpark-Flair als auch der Grünfläche, mit der alles andere als angemessen umgegangen worden sei.

Schon ein normales Wochenende mit seinen vielen Besuchern verlangt der strapazierten Grünfläche viel ab. Diesmal kamen noch Bühne, Zelte und der dazugehörige Auto- und Lastwagenverkehr hinzu. Die aufgestellten Schwenkgrills verbrannten den Rasen, und dann liefen wohl auch noch Toiletten aus.

„So ein Ballermann-Trubel zerschlägt viel Porzellan. Darunter leiden die Anwohner und die Kultur des Miteinanders“, findet Mauerpark-Freund Puell. Veranstalter Petter meint: „Wer definiert denn, was man im Park machen darf und was nicht?“ Für ihn gehören die Freunde des Mauerparks „zu den Leuten, die immer unzufrieden sind.“ Und: „Wir machen das im nächsten Jahr wieder.“

 

Zwei Feste, gleicher Konflikt

 

Gleiches Wochenende, gleicher Konflikt, diesmal rund um die Kastanienallee und die Oderberger Straße. Dort feierte die Interessengemeinschaft (IG) CastingCarrée von Freitag bis Sonntag ein Fest, um das Image der einst als Castingallee verspotteten Meile wieder etwas aufzupolieren und die örtliche Wirtschaft zu stärken (Disclosure: Die PBN waren Medienpartner). Diesmal sind es einige Anwohner, die mit dem Verlauf des Festes nicht glücklich sind. Dabei geht es auch hier nicht darum, dass es überhaupt stattfand, sondern um die Art und Weise, wie es ablief.

Ulrike Schattenmann wohnt in der Oderberger Straße. Von ihrem Fenster aus hatte sie seit Freitag Blick auf eine Cocktailbar, Klohäuschen, Bierbänke und den dazugehörigen -wagen, beschallt wurde sie dazu mit Partymusik. Statt auf einem gemütlichen Kiezfest habe sie sich wie auf dem Ballermann gefühlt, meint sie. Zudem habe sie Stände örtlicher Händler vermisst, um die es doch eigentlich hätte gehen müssen. „Wenn ich schon als Anwohner drei Tage lang Lärm und betrunkene Besucher ertragen muss, dann doch bitte, weil die Gewerbe in meiner Straße davon profitieren“, meint sie.

 

„Eine Fressmeile schafft keine dauerhaften Werte“

 

Ähnlich argumentiert auch ein Gewerbetreibender aus der Oderberger Straße in einem Brief an Matthias Köhne (SPD), Pankows Bürgermeister und Schirmherr des Festes. „Mitten in einem Wohngebiet einen Jahrmarkt zu veranstalten, die Ressourcen, die sich Anwohner in Jahrzehnten erkämpft haben, als billige Kulisse für eine durchkommerzialisierte Veranstaltung zu nutzen – das kann nicht das Ergebnis der Politik sein, die ich von meinen Repräsentanten erwarte“, schreibt er. Die Geschichte der Oderberger Straße sei einzigartig, „durch einen behutsamen Umgang mit ihr können dauerhaftere Werte, ausdrücklich auch finanzieller Art, kreiert werden, als durch eine dreitägige Fressmeile.“

Auch hier sieht der Veranstalter, Sebastian Mücke von der IG CastingCarrée, das völlig anders. „Wir sind sehr happy“, sagt er. Natürlich gebe es immer noch Verbesserungsbedarf, nicht alles sei 100-prozentig gut gelaufen. Aber von den 7500 Anwohnern der Straßen hätten sich bei den Veranstaltern insgesamt nur drei beschwert. Dafür habe es viele positive Rückmeldungen gegeben. „Wir nehmen die Kritik auf, für’s nächste Jahr“, meint Mücke.

 

Zu viel Fest auf zu wenig Raum

 

Zwei Feste, vier Positionen und die eine Frage, wann und wie öffentlicher Raum für Feste genutzt werden darf? Beantworten muss sie das Pankower Ordnungsamt, das sich um die Genehmigung solcher Veranstaltungen kümmern muss. 

„Am vergangenen Wochenende hatten wir das Knaack-Sommerfest, das CastingCarrée-Fest, das Zelterstraßenfest und dazu eine Veranstaltung in der Schmeling-Halle allein in Prenzlauer Berg“, sagt Torsten Kühne (CDU), als Stadtrat für das Ordnungsamt zuständig. Aufgrund der erforderlichen Straßensperrungen und wegfallenden Parkplätze sei das für die Anwohner grenzwertig gewesen – und nicht nur für sie.

 

Vier Groß-Veranstaltungen und zwei Mitarbeiter

 

Auch das Amt stieß an seine Grenzen. Schließlich ist es dafür verantwortlich, die Anträge auf Sondernutzung des Straßenlandes sowie die Beschwerden der Anwohner zu bearbeiten und den ordnungsgemäßen Ablauf solcher Feste zu überwachen. Letzteres mussten laut Kühne am Wochenende zwei Mitarbeiter allein absolvieren. Hinzu kommt der Verlust von Einnahmen, weil in gesperrten Straßen niemand fürs Parken bezahlt. Etwa 10.000 Euro seien dem Bezirk allein an der Kastanienallee und der Oderberger Straße so entgangen, meint Kühne. „Unsere Ressourcen sind endlich. Ich frage mich, ob wir uns so viele Feste dauerhaft leisten können.“

Aus Sicht des Stadtrats fehlt es an einer verbindlichen Regelung, wie viele Feste gleichzeitig erlaubt werden dürfen, und wer im Falle von Überschneidungen den Zuschlag erhält. Eine Doppelung wie am vergangenen Wochenende rund um die Eberswalder Straße sei auf jeden Fall nicht günstig – weder für das Amt noch die Anwohner. 

„Wir werden uns mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen und das auswerten“, erklärt Kühne. Zwar seien bislang zu keinem der beiden Feste auffallend viele Beschwerden eingegangen. Verbesserungsbedarf sieht er dennoch.

 

 

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