Lastenfahrräder sind sinnvoll in der Stadt – und vielen viel zu teuer. Zwei Studenten wollen nun ein neues Sharing-Modell etablieren. Und starten ein Modellprojekt in Prenzlauer Berg.
Der Markt fürs Teilen wird kleiner. Autos werden geteilt, Fahrräder, Wohnungen sowieso, inzwischen gibt es ja sogar Kleidungs-Sharing. Als Felix Willems also im vergangene Herbst überlegte, welches Sharing-Modell als Geschäftsidee taugt, dauerte es etwas länger. „Awesome Bikes“ stand zunächst im Raum – Willems hat ein fantastisches Mountainbike und wollte daraus etwas mehr machen als es nur selbst ab und an zu fahren. Ganz überzeugt war er davon aber nicht, schließlich gibt es bereits das Call-a-Bike-Angebot der Bahn. Willems verlagerte sich dann auf etwas anderes: Lastenfahrräder. Nun steht Willems in der Oderberger Straße vor dem Café Krone und evaluiert im Feldversuch – funktioniert Lastenfahrrad-Sharing in Prenzlauer Berg? Ziel ist, öffentliche Verleihstationen in der Stadt zu etablieren.
Lasten- oder Transportfahrräder gehören in sowieso fahrradfreundlichen Städten wie Amsterdam oder Kopenhagen zum Verkehrsalltag, in Prenzlauer Berg und ganz Berlin sind sie eher selten zu sehen. Dabei, so Willems, sind sie das ideale Stadtgefährt: Umweltfreundlicher, günstiger und platzsparender als ein Auto, für den Einkauf und den Kindertransport aber trotzdem geeignet. „Ich habe zum Beispiel den gesamten Verleihstand heute morgen von Schöneberg bis hierher mit einem Lastenfahrrad transportiert.“ Zwar gibt es ein paar wenige Verleihe für Transportfahrräder in Berlin – aber eben noch keine, die es ermöglichten, sie umstandslos an der nächsten Straßenecke zu entleihen, elektronisch und rund um die Uhr.
Wohnungsgenossenschaften als Partner
Willems ist 26 Jahre alt, und hat nach seinem Physikstudium im diesem Jahr am European Institute of Innovation & Technology, einer EU-Einrichtung, den Sommerkurs „Entrepreneurship and Climate Change“ besucht, in dem die Themen Unternehmensgründung und Klimawandel in Kontext gebracht wurden. Zusammen mit Stephan Rodtheut, der an der TU Berlin Stadtentwicklung studiert, entwarf er daraufhin das Projekt „Unser Lastenfahrrad“. Dabei handelt es sich um den Feldversuch in der Oderberger Straße; Räder werden hier seit einer Woche und noch bis Ende September an einem Stand verliehen. Danach sind Nutzer aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen, in dem sie unter anderem darüber Auskunft geben, wie sie sonst mobil sind und unter welchen Umständen sie einen Lastenfahrradverleih nutzen würden und wie oft. Die Antworten sind Datengrundlage für die Masterarbeit, die Stephan Rodtheut schreiben wird. Und die wiederum soll den Grundstein legen für einen dauerhaften Lastenfahrradverleih.
Problematisch ist dabei eine Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Verleih. Es muss dafür aller Wahrscheinlichkeit auf öffentliches Straßengelände zurückgegriffen werden, was bereits im Falle der Call-a-Bike-Stände zu Protesten führte. Auch die beiden Studenten wissen das. „Wir überlegen da verschiedene Modelle“, sagt Willems. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise, mit Wohnungsgenossenschaften zusammen zu arbeiten, die Verleihstationen auf ihren Grundstücken zur Verfügung zu stellen, „das würde den Mietern nutzen und damit auch der Genossenschaft“.
Förderer gesucht
In der ersten Woche haben bisher ein Dutzend Prenzlauer Berger und ein paar Touristen ein Lastenfahrrad entliehen, „fast alle haben damit ihre Kinder gefahren“, sagt Willems. Nach seiner vorläufigen Prognose würde sich ein Verleihsystem tragen bei einer vierstündigen Entleihe pro Tag und pro Station. Vier Euro kostet die erste Stunde, die zweite fünf und jede weitere einen Euro mehr. „Das soll bewirken, dass kurze Ausleihzeiten die Regel sind und mehr Leute darauf zurückgreifen können.“ Allerdings sei auch das Bezahlmodell noch Gegenstand der Evaluation, denkbar wäre auch eine monatliche Grundrate.
Zwischen 1.500 und 3.000 Euro kostet ein Lastenfahrrad – das Geld für einen Fuhrpark haben die beiden Studenten nicht. „Einen Investor werden wir dafür wohl auch nicht finden, denn reich wird man mit sowas sicher nicht“, räumt Willems ein. Er setzt auf öffentliche Förderung – zum Beispiel durch die EU. „Von der zuständigen Senatsverwaltung wurde uns schon mitgeteilt, dass für so etwas erst einmal kein Geld da ist.“
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