Es ist nicht mehr zu übersehen: In ein paar Wochen wird gewählt. In Prenzlauer Berg gibt es zwei Wahlkreise und viele Direktkandidaten. Wer das ist und wie deren Chancen stehen? Steht hier.
Lars Zimmermann hat wohl gerade jemand mitgeteilt, dass er das Große Latinum bestanden hat. Klaus Mindrup macht ein Gesicht, als sei er nur mäßig glücklich damit, sich als Direktkandidat auch auf einem Plakat abbilden und im ganzen Viertel aufhängen lassen zu müssen. Und Hans-Christian Stöbele ist so damit beschäftigt, mit bloßen Händen einen Bauzaun zu zerreißen, dass ihm völlig entgeht, wie zu seinen Füßen ein Igel Giftmüll entsorgt.
An diese Anblicke müssen wir uns vorerst gewöhnen, denn der Wahlkampf hat begonnen, und mit ihm das Zuplakatieren jedes frei verfügbaren Laternenpfahls. Neben den Politikern, die wir täglich in der Tagesschau sehen, begegnen uns dort auch die Gesichter der Direktkandidaten (Sie erinnern sich – die mit der Erststimme). Welche Positionen und Ziele diese vertreten, darüber werden wir in den Wochen bis zur Wahl noch ausführlich berichten. Zum Auftakt gibt es aber schon mal eine kurze Vorstellung.
Wahlkreis-Grenze Prenzlauer Allee
Auch in diesem Jahr ist der Prenzlauer Berg für die Bundestagswahl in zwei Teile geteilt: Alles westlich der Prenzlauer Allee gehört zum Wahlkreis Pankow, östlich zu Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost.
In Pankow versucht sich Stefan Liebich (Linke), vor vier Jahren Überraschungssieger gegen SPD-Urgestein Wolfgang Thierse, an der Titelverteidigung. Die größten Chancen gegen ihn dürften Andreas Otto, derzeit für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, und SPD-Bezirkspolitiker Klaus Mindrup haben. Nicht unwahrscheinlich ist, dass sogar alle drei in den Bundestag einziehen, belegen sie doch jeweils einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste ihrer Partei.
Zwar ohne guten Listenplatz, aber noch voller Hoffnung auf den Gesamtsieg im Wahlkreis ist auch Lars Zimmermann (CDU), derzeit Chef der Stiftung neue Verantwortung. Bei der Wahl 2009 holte der damalige CDU-Direktkandidat im Wahlkreis mit 17,4 Prozent ein Prozent mehr der Erststimmen als der Kandidat der Grünen. Liebich und Thierse erreichten jedoch jeweils gut zehn Prozent mehr.
Schwer werden dürfte es hingegen für den Gerade-Abiturienten Linus Vollmar von der FDP sowie Fabricio do Canto. Letzterer ist nicht nur Pirat, sondern auch Erfinder eines Biers auf Mate-Basis und Besitzer eines Patents für Tesa-Power-Strips.
Ströbele: Direkt oder gar nicht
In Ost-Prenzlauer-Berg möchte Hans-Christian Ströbele von den Grünen noch ein viertes Mal das Direktmandat holen. Falls das nicht klappt, verabschiedet er sich aus dem Bundestag – auf die Landesliste hat er sich nicht setzen lassen. Bei den vorangegangenen Wahlen hatte Ströbele es geschafft, seinen Zuspruch bei den Wählern stetig zu steigern auf zuletzt fast 50 Prozent der Erststimmen.
Die Konkurrenz des 74-Jährigen wird es also schwer haben, hat sich aber dafür mit aussichtsreichen Listenplätzen versorgt: Halina Wawzyniak (Linke) ist bereits 2009 gegen Ströbele angetreten und dann über die Liste in den Bundestag eingezogen. Cansel Kiziltepe (SPD) war Referentin im Bundestagsbüro von Ottmar Schreiner und arbeitet derzeit als solche für Volkswagen.
Kaum Chancen haben dürften CDU-Bezirkspolitiker Götz Müller, Fliegenträger und vermeintlicher FDP-Maulwurf Helmut Metzner sowie der Pirat und Schornsteinfeger Sebastian von Hoff.
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