Wenn das Ordnungsamt Werbung macht, dann richtig. Eine Stilkritik aus aktuellem Anlass.
Ein beherzter Griff in die Scheiße kann für Behörden durchaus imageprägend wirken, und wenn es Berliner Behörden sind, sogar imagefördernd. Zu sehen sind auf dem Plakat also ein Hund, ein dicht behaarter Cocker Spaniel, schaut so blöd, wie es eben nur ein Hund vermag, auf die Hand, in die er zwar nicht beißt, aber offensichtlich scheißt. Herrchen hat sich ein Gummi übergezogen, und nun schwebt die Hand, geradezu gierig, in Richtung Kot, dem Hund und Herrchen gerade eine Minute ihrer – vielleicht sowieso auf Verschwendung ausgelegten, wer weiß das schon – Lebenszeit widmen. Überschrieben ist die Szene mit „Ist doch klar“, warum auch immer. Das Plakat hängt im Flur des Ordnungsamts in der Fröbelstraße, viel fällt einem dazu nicht ein, außer „be Berlin“ vielleicht. Die Imagekampagne der Berliner Ordnungsämter: Geht gar nicht gibt’s nicht.
Auch schön: Der Junge mit dem Schlaganfall. Mit der linken Hand hält er seine rechte, der Kopf haftet Claus-Kleber-mäßig auf der linken Schulter. Was soll uns das Bild sagen? Ganz einfach: „Freie Fahrt. Wir kümmern uns drum“, erklären die PR-Experten. Der Junge im Kinderwagen muss als Symbol für vieles herhalten, wie dann weiter unten zu lesen ist. „Gegen: Falschparker, Hundekot, Müll im Park“. Wahrscheinlich ist der Junge gegen all das. Vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall ist er viel niedlicher als der Hund.
Oder das Plakat mit dem Teppich und dem Monitor und wieder der schönen Überschrift: „Ist doch klar“. Sie wissen schon. „Gemeinsam gegen illegale Müllentsorgung“.
60 Straßenkilometer pro Schicht und Mitarbeiter
Oben in der Klick-Galerie finden sie mehr von dem Stoff, wir wollen es dabei belassen, ist ja eh schon heiß genug. Nicht vorenthalten wollen wir aber, dass auch der für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Torsten Kühne (CDU) sich jetzt mit der Kampagne beschäftigen musste. Grund war eine offizielle Anfrage des Linken-Bezirksverordneten Matthias Zarbock. Wie verhält es sich mit „Werbung und Wirklichkeit“ beim Pankower Ordnungsamt, wollte Zarbock wissen, geht es um die Kontrolle von Parks, Gaststätten, freie Fußgängerwege, sichere Schulwege, ordentliches Parken, und sichere Straßenfeste? Die Antwort ist niederschmetternd. Denn im Amt sieht es aus wie offenbar in manchem PR-Büro. Es fehlt an allem.
32 Vollzeitstellen gibt es laut Kühne im Ordnungsamt. Da einige in der Leitstelle und andere außendiensuntauglich sind, verringere sich die Zahl der patrouillierenden Kräfte auf 25, davon sind die krankheits- und urlaubsbedingten Ausfälle abzuziehen, ist doch klar. Im Zweischichtsystem kontrolliert das vorhandene Personal dann den Bezirk – ein Mitarbeiter müsste damit pro Schicht rund 60 Straßenkilometer beackern, wenn er zurück will, 120. Man könnte jetzt sicher das nötige Lauftempo ausrechnen; aber dafür gibt es sicher schon eine pfiffige Idee bei einer Werbeagentur.
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