Wir müssen leider länger warten

von Juliane Schader 5. Juni 2013

Auch mit geringem Einkommen eine neue Wohnung im Kiez finden? Geht fast nur noch mit WBS. Doch das Amt kommt beim Bearbeiten der Anträge nicht hinterher. Personal fehlt, mal wieder.

In Prenzlauer Berg umziehen zu müssen, das ist in Zeiten der derzeit geltenden Fantasiemieten für Menschen mit wenig Geld ein unschönes Unterfangen. Eigentlich haben sie nur eine Chance, und die hört auf den Namen Wohnberechtigungsschein, kurz WBS. Ihn bekommt, wer vor dem Amt nachweisen kann, dass er wenig Geld hat. Vom Antrag zum WBS dauert es normalerweise etwa fünf Wochen. In Pankows sind es derzeit jedoch gut vier Monate – für jemanden auf Wohnungssuche eindeutig zu lange.

Das finden zumindest SPD und Grüne in Pankow. Gemeinsam haben sie einen Antrag formuliert, der am heutigen Mittwoch bei der Tagung der Bezirksverordneten eine Mehrheit finden dürfte. Zwei Forderungen werden darin gestellt: Das Wohnungsamt soll sich überlegen, ob es durch interne Umstrukturierungen nicht die Bearbeitung der Anträge beschleunigen kann. Zudem soll auf Landesebene mehr Personal eingefordert werden. „Für die Betroffenen ist eine derartige Verzögerung bei der Bearbeitung dramatisch“, meint Cornelius Bechtler, Fraktionsvorsitzender der Grünen. „Das geht gar nicht.“

 

Ein Mitarbeiter, 4000 Anträge

 

Für Torsten Kühne (CDU), als Stadtrat auch für das Wohnungsamt zuständig, sind diese Forderungen von SPD und Grünen eigentlich mehr Bestätigung seiner bisherigen Aktivitäten als Kritik. Schließlich bemühe sich sein Amt schon seit Anfang 2012 darum, den Personalmangel zu beseitigten. Das Datum weiß er so genau, weil es einen konkreten Anlass gab, der zu den verlängerten Wartezeiten führte.

„Im Mai 2012 sind die Kooperationsvereinbarungen mit den Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften ausgelaufen“, erklärt Kühne. Über zehn Jahre hatten diese dafür gesorgt, dass jeder, der WBS-berechtigt war, sich direkt bei den Gesellschaften und Genossenschaften um eine Wohnung bemühen konnte und dafür nicht vorher noch den WBS beim Amt beantragen musste. „Mit Auslaufen der Vereinbarung haben sich die Antragszahlen dann verdoppelt, doch das Personal konnten wir aus Spargründen nicht aufstocken.“

Statt dessen sei durch Pensionierung und Krankheit auch noch welches im Amt ausgefallen. Zwischenzeitlich habe ein Mitarbeiter alleine den Berg von nunmehr 4000 Anträgen pro Jahr bewältigen müssen. Mittlerweile sei zwar eine neue Vereinbarung zumindest mit den Wohnungsbaugesellschaften geschlossen werden. Auf die Zahl der Anträge habe sich das aber bisher nicht ausgewirkt, so Kühne.

 

Preise wie beim Mietspiegel

 

Jede zweite freiwerden Wohnung innerhalb des S-Bahn-Rings muss von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften an WBS-Berechtigte vermietet werden. Außerhalb des Rings ist es jede dritte. Hinzu kommen belegungsgebundene Wohnungen in Privathäusern, deren Sanierung mit staatlichen Mitteln gefördert wurde. Im Gegenzug müssen dort einige Wohnungen günstiger angeboten werden.

Knapp 5600 von ihnen gibt es laut Sylvia Hoehne-Killewald, Geschäftsführerin der Mieterberatung Prenzlauer Berg, derzeit noch in Prenzlauer Berg – bis 2030 läuft die Bindung sukzessive aus. Der Preis orientiert sich am Mietspiegel. Je nach Wohnlage zahlt man derzeit zwischen 4,89 und 5,47 Euro pro Quadratmeter netto kalt.

 

Die Decke ist zu kurz

 

Für sozial Schwächere sind diese Wohnungen damit die letzte verbliebene Möglichkeit, im Stadtzentrum unterzukommen. Dementsprechend groß ist die Konkurrenz bei ihrer Vergabe – darüber hinaus noch vier Monate lang auf einen WBS warten zu müssen, erschwert die Sache zusätzlich.

Doch Stadtrat Kühne stellt in Aussicht, dass zumindest das bald wieder schneller läuft: Eine offene Stelle sei mittlerweile besetzt; zudem werde ein weiterer Mitarbeiter aus einer anderen Abteilung abgezogen. „Auch wenn ich noch nicht weiß, woher.“ Schließlich herrsche mittlerweile überall Personalnotstand. „Und wenn die Decke zu kurz ist, guckt immer ein Fuß raus.“

 

 

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