Am Mauerpark soll urban gegärtnert werden. Auch das noch, möchte man meinen. Doch es gibt einen konkreten Plan und gute Gründe für ein paar Beete auf der Erweiterungs-Fläche.
Jetzt also auch noch urbane Gärtner. Man kommt nicht umhin, das zu denken, wenn man das erste Mal vom Projekt des Mauergartens hört. Eine Gruppe von knapp 20 Leuten möchte ihn gerne auf der Erweiterungsfläche des Mauerparks anlegen. Als ob es nicht schon ausreichend Vereine, Interessenverbände und Parteien gäbe, die an den paar Hektar zwischen Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen herumdoktern.
Doch der Reihe nach. Schließlich bastelten die Mauergarten-Möchtegern-Gärtner schon seit über einem Jahr an ihrer Idee, erzählt Johanna Bergmann. Sie muss es wissen, denn sie ist eine von ihnen. „Wir kommen alle aus der Transition-Town-Bewegung in der er darum geht, sich auf die post-fossile Gesellschaft vorzubereiten“, erklärt sie. Kling schrecklich kompliziert, doch zum Glück hat sie ein paar Beispiele: Eine Selbsthilfewerkstatt, ein Leihladen oder eben ein urbaner Garten sind praktische Konzepte der Bewegung, die nach lokalen Lösungen der großen Herausforderungen wie Rohstoffknappheit oder Klimawandel sucht.
Nicht zu verwechseln mit Kleingärten
Jetzt soll im Mauerpark also auch noch die Welt gerettet werden – der Überbau der Aktion ist nicht ohne. Doch an der Basis wird es schön praktisch: Der Garten soll den Anwohnern dienen, ein paar Pflanzen und ein bisschen Gemüse zu ziehen. Weil die Bodenqualität fürs Gärtnern nicht reicht, geschieht das Ganze in Hochbeeten. Wer ein eigenes Beet übernimmt, trägt dafür auch die Verantwortung. Damit keine Kleingartenatmosphäre aufkommt, gibt es keine Zäune und Absperrungen. Alles ist offen, jeder kann mitmachen, voneinander lernen steht ganz oben auf der Tagesordnung. „Bislang wird der Park viel von Touristen genutzt“, sagt Bergmann. „Wir wollen die Fläche auch für Anwohner erschließen.“
Womit wir wieder zur Theorie kommen und den drei Säulen, auf denen der Mauergarten fußen soll: Die Ideen der nachhaltigen Stadtentwicklung und der interkulturellen Begegnung kennen wir schon. Darüber hinaus soll der Garten auch für die Umweltbildung genutzt werden. Grundschulkinder könnten hier lernen, dass Möhren nicht in Dosen wachsen und Erdbeeren nicht in Erbeerförmigen Häuschen.
Drei Säulen, 20 Leute – fehlen nur noch Fläche und Geld. Genau da hakt es aber derzeit noch.
Und täglich grüßt die Terminverschiebung
Von 5000 Quadratmetern Garten träumen die Mauergärtner. Da der Park ja in zwei Schritten erweitert werden soll, würden sie vorerst auch mit 2000 Vorlieb nehmen. Doch jegliche Planungen, wie die Parkfläche konkret aussehen soll, ruhen derzeit – die Treffen der Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen, die sich damit befasst, werden zurzeit immer nur vertagt. Der nächste Termin ist nun Ende Juni. Die Anfrage nach den Gründen blieb von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bislang unbeantwortet.
So konnte auch noch nicht geklärt werden, ob das Land Berlin sich überhaupt vorstellen kann, einen Teil des Parks für einen Gemeinschaftsgarten frei zu machen. Offen ist auch, in wie weit eine Unterstützung – finanziell oder durch Sachspenden – denkbar ist. Die Mauergärtner setzen darauf, bewerben sich gerade aber auch schon anderweitig um Fördergelder. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Bergmann. „Auf unseren Balkonen und in den Hinterhöfen warten Setzlinge auf ihren Einsatz.“
Willkommenskultur am Mauerpark
Bei den engagierten Bürgern laufen die Mauergärtner mit ihrem Vorhaben offene Türen ein – urbanes Gärtnern haben sie schon lange auf dem Plan. „Der neue Teil des Mauerparks wird mehr bieten als die obligatorischen Wiesen, Bäume und Parkbänke“, sagt Alexander Puell, Sprecher der Bürgerwerkstatt. Statt dessen solle der Park für kreative und innovative gesellschaftliche Ideen genutzt und endlich auch ein Treffpunkt für Anwohner und Familien werden – was ziemlich genau den Plänen der Gärtner entspricht. Größe, Lage sowie das wie und wann des gemeinsamen Gärtnerns würden beim nächsten Treffen der Bürgerwerkstatt diskutiert, meint Puell. Von der Seite also kein Widerstand.
Auch die Stiftung Weltbürgerpark heißt die neue Interessengruppe am Mauerpark erstmal herzlich willkommen. „Von mir aus können die das schon so machen“, meint Heiner Funken. Er findet aber, wer sich am Mauerpark engagiere könne zur geplanten Bebauung nördlich nicht schweigen. Und gerade das macht die Mauergarten-Gruppe bewusst. „Sie sind zu artig“, nennt Funken das. „Wer erst aufschlägt, wenn das Fell des Bären verteilt wird, ist erst recht in der Bringeschuld.“
Update 22. Mai, 15.30 Uhr:
Das Statement der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist da: Prinzipiell sei eine Nutzung als Garten durchaus denkbar, sagt Sprecherin Daniela Augenstein. Wie genau, das müsse dann in der Bügerwerkstatt geklärt werden. Auch was eine mögliche finanzielle Förderung angeht „muss man mal sehen“, meint Augenstein.
Aktuell arbeite man gerade erstmal an einer Öffnung des Parks nach Mitte: An der Lorzingstraße soll laut der Sprecherin möglichst bald ein Durchgang zum Park entstehen. Derzeit muss aber noch geklärt werden, wie dieser gesichert werden kann, da auf der Erweiterungsfläche noch eine Gewerbestraße verläuft. Die Umgestaltung der Fläche in Park soll dann im zweiten Schritt gemeinsam mit der Bürgerwerkstatt erarbeitet werden.
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