Die Verstöße gegen Mietpreisgrenzen nehmen in ehemaligen Sanierungsgebieten Prenzlauer Bergs zu. Schuld sind nicht immer die Eigentümer. Die Investitionsbank forciert jetzt Sanktionen.
Sanierung von Häusern war bis über die Jahrtausendwende hinaus in Prenzlauer Berg und ganz Berlin eine öffentliche Aufgabe. Das Land förderte Hauseigentümer, die ihre Immobilien auf zeitgemäßen Stand brachten. Im Gegenzug sicherten diese vertraglich unter anderem zu, die Miete für die kommenden Jahre auf relativ niedrigem Niveau zu halten und Wohnungen für Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen (WBS) vorzuhalten. Mindestens 20 Jahre gelten diese Verpflichtungen, teilweise aber auch mehr als 30 Jahre. Verträge sind Verträge: Sie können gebrochen werden. Stichproben ergaben jetzt, dass dies in Prenzlauer Berg tendenziell häufiger geschieht. Die Regeln werden dabei nicht nur von Eigentümern, sondern häufig auch von Mietern nicht eingehalten.
Die Stichproben fanden 2012 im ganzen Bezirk statt, das Bezirksamt arbeitet dabei mit der Investitionsbank Berlin (IBB), die das Geld seinerzeit für die Sanierungen bereitstellte, zusammen. In Prenzlauer Berg wurde die Mieterberatung Prenzlauer Berg mit den Kontrollen eines Teilbestandes beauftragt. Diese fanden in den ehemaligen Sanierungs- sowie Milieuschutzgebieten Helmholtz-, Kollwitz- und Ostseeplatz, Teutoburger Platz, Wins- und Bötzowstraße statt. Die 92 Häuser wurden zwischen 1995 und 2006 saniert, es geht um 1556 Wohnungen. Es wurden Klingelschilder mit den Belegungslisten verglichen, zudem alle Mieter angeschrieben, ob sie Zeit für eine Befragung hätten. 70 Prozent nahmen an den Interviews teil, in denen es unter anderem um die Miethöhe und Wohndauer ging. In 15 Prozent der Fälle waren Verstöße gegen die Sanierungsauflagen festzustellen, wie aus dem nun veröffentlichten Bericht der Mieterberatung hervorgeht. „Die Zahlen in Prenzlauer Berg steigen an“, sagt deren Geschäftsführerin Sylvia Hoehne-Killewald.
Mieter erschleichen sich Zweitwohnung
165 Beanstandungen waren es laut Statistik insgesamt, keine einzige davon um den Ostseeplatz. In der Hälfte der Fälle ging es darum, dass Vermieter mehr Miete verlangten als ihnen zustand, mitunter durch Umgehung der WBS-Bestimmungen. In 86 Fällen gab „sonstige Auffälligkeiten“, wie es in der Statistik heißt. Dazu zählten vor allem ungenehmigte Untervermietungen, Umnutzungen der Wohnungen zu Gewerbe- oder Ferienwohnungen, Vermietungen ohne WBS über einen Makler, auffallend hohe Betriebs- und Heizkosten, verkürzte Zustimmungsfristen bei Mieterhöhungen und unzulässige Modernisierungsumlagen für Einbauküchen, Fahrstühle und Dämmungen. Auffällig häufig waren diese Fälle am Helmholtz- und Kollwitzplatz und am Teutoburger Platz.
„Das größte Problem sind dabei die Ferienwohnungen“, sagt Mieterberaterin Hoehne-Killewald. Hier würden viele Mieter gegen das Verbot verstoßen und ihre Wohnungen untervermieten. Auch in anderen Fällen hätten Mieter offenbar die Vorzüge der belegungsgebundenen Wohnungen exzessiver als vorgesehen genutzt. So berichtet Hoehne-Killewald von Paaren mit Kindern, die sich Zweitwohnungen im gleichen Haus erschlichen hätten – mit der falschen Begründung, sie hätten sich getrennt und bräuchten wegen der gemeinsamen Kindererziehung eine nahe gelegene Wohnstätte. Diese wiederum könnten dann als Gewerbefläche genutzt oder als Ferienwohnung vermietet worden sein.
Miete könnte zurückerstattet werden
Die Stichproben geben dabei nur eine Ahnung von den Missbräuchen der Belegungsbindung. Jeder dritte angeschriebene Mieter in Prenzlauer Berg reagierte nicht auf die Anfragen der Mieterberaterung. Für jene, die jetzt noch zu viel Miete zahlen, könnte sich das rächen. Denn sie profitieren nicht von den Sanktionen, die jetzt durch die IBB folgen sollen. „Ergeben sich überhöhte Mieten, so müssen diese an die Mieter zurück erstattet werden“, erklärt Uwe Sachs, Sprecher der IBB, auf Anfrage. Derzeit würden betroffene Eigentümer oder deren Hausverwaltungen angeschrieben, um eine Stellungnahme zu den Missbräuchen abzugeben.
Sachs betonte, dass bei nicht ordnungsgemäß belegten Wohnungen „ein Auszug des Mieters natürlich nicht möglich“ sei. Allerdings wäre es denkbar, dass Hausbesitzer Fördergeld zurückzahlen müssten. „Das Problem dabei ist aber, dass die Wohnungen aus der Bindung fallen und das ursprünglich angestrebte Förderziel damit nicht mehr gegeben ist“, so Sachs. „Deshalb wird zuvor versucht auf dem Wege einer Verhandlungslösung einen Kompromiss zu erreichen, der etwa in einer Verlängerung des Bindungszeitraumes bestehen kann.“
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