Unerwünscht, gebucht

von Thomas Trappe 7. Mai 2013

Der Bezirk kämpft gegen Ferienappartements in Wohnhäusern. Das Land Berlin bietet diese Ferienwohnungen im Netz an. Unangenehm, sagt der Senator. Aber sonst fehlten Werbeeinnahmen.

Ferienappartements in Berlin haben Stil. Kein Ferienbunker-Einheitsgrau, schöne Altbauten, in bester innerstädtischer Lage. Für reguläre Dauermieter sind solche Wohnungen kaum noch zu finden oder wenn, nur schwer zu finanzieren. Für Berlin-Touristen schon. Dass beide Phänomene irgendwie zusammenhängen, weiß man spätestens, seit der Bezirk Ferienwohnungen den Kampf angesagt hat: Das soll verhindern, dass Wohnungen an Touristen vermietet und so dem Wohnungsmarkt entzogen werden. Prenzlauer Berg ist von diesen sogenannten Zweckentfremdungen besonders betroffen, mithin eine Berliner Brennpunktregion. Was nichts daran ändert, dass das Land Berlin auf seiner Internetseite fleißig Ferienwohnungen vermietet. Darunter auch viele jener Appartements, gegen die der Bezirk gerade vorgehen will. Und auch das Land. Eigentlich. Wenn es nur so einfach wäre.

Es gibt im Internet unzählige Seiten, auf denen Kurzurlauber ihr Domizil in Berlin buchen können. Mehr oder weniger schön ermöglichen es alle Angebote, mittels weniger Klicks eine Wohnung zu buchen. Eines der aufgeräumteren Angebote findet sich bei berlin.de, der offiziellen Web-Präsenz des Landes Berlin. Unterteilt nach Stadtteilen kann hier nach Ferienwohnungen gesucht werden, in Prenzlauer Berg, Mitte und Schöneberg gibt es mit Abstand die meisten Angebote. Die meisten befinden sich in Mietshäusern, also dort, wo der Bezirk Pankow gerade keine Ferienwohnungen haben will. Die Frage drängt sich auf: Warum macht das Land das?

 

Der Senator kann nur bitten

 

Die Frage wurde bereits gestellt. Laut Protokoll des Ausschusses für Wohnen im Abgeordnetenhaus wurde der für Stadtentwicklung zuständige Senator Michael Müller (SPD) kürzlich auf das Angebot der Wohnungsvermittlung angesprochen. Müller selbst gibt sich immer wieder als Verfechter eines Verbots der Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen. Im Ausschuss musste er einräumen, dass „der Umstand unerfreulich“ sei, wie es im Protokoll heißt. Unerfreulich, „aber nicht von heute auf morgen aufzulösen“.

Denn die Seite berlin.de werde zwar von der Senatskanzlei, also dem Amt des Regierenden Bürgermeisters, betrieben. Aber eben nicht alleine, sondern in Kooperation mit der BerlinOnline Stadtportal GmbH & Co. KG, einem Unternehmen der Investitionsbank Berlin und der BV Deutsche Zeitungsholding. Da sich der „private Serviceanbieter über Anzeigen finanziere“, so Senator Müller laut Protokoll, könnte nicht ohne Weiteres auf die Wohnungsinserate verzichtet werden. Im Klartext: Das Land Berlin vermittelt Ferienwohnungen, die es bekämpft, kann aber nicht anders, weil dem Partner sonst Werbe-Einnahmen verloren gehen und das Land mehr Geld für den Service ausgeben müsste. 

 

„Vermittlung ist nur konsequent“

 

Immerhin, ganz macht- und willenlos ist die Senatskanzlei dann aber doch nicht. Man habe Gespräche mit berlin.de geführt, erklärt Hans-Friedrich Müller, Chef vom Dienst in der Kanzlei, auf Anfrage. „Die Angebote wurden schon reduziert“, sagt er. Oft müssten auch nur noch bestehende Verträge erfüllt werden. Olf Dziadek, Geschäftsführer der BerlinOnline GmbH, erklärte gegenüber dieser Zeitung, dass man die geänderten politischen Vorzeichen berücksichtige. Sobald das Land entsprechende Gesetze verabschiede, würden auch die Anzeigen auf berlin.de verschwinden.  Allerdings gilt bisher das, was Hans-Friedrich Müller sagt: „Im Augenblick ist die Vermietung ja noch nicht illegal.“ Und solange gebe es auch keine schlagkräftige Begründung für ein Stopp der Inserate.

Jedenfalls nicht auf Landesebene: Dort ist das Amt von Senator Müller gerade dabei, eine Zweckentfremdungsverbots-Verordnung auszuarbeiten, heißt es in der Senatskanzlei. Im Bezirk gibt es eine solche Verordnung schon, zumindest für die ehemaligen Sanierungsgebiete in Prenzlauer Berg. Der für Stadtentwicklung zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) war für eine Stellungnahme zu dem Angebot von berlin.de nicht zu erreichen; dafür sein Prenzlauer Berger Parteifreund und der Vorsitzende des Wohn- und Bauausschusses im Abgeordnetenhaus, Andreas Otto.

Dieser glaubt nicht, dass die Online-Vermittlung von Ferienwohnungen bei berlin.de bald Vergangenheit sein wird. „Der Senator ist lange genug im Amt, bis jetzt kam da nichts“, sagt Otto. Er glaube nicht, dass es auf Landesebene Interesse an einem Zweckentfremdungsverbot gebe. „So gesehen ist es ja auch konsequent, wenn man auf der eigenen Homepage Ferienwohnungen vermittelt.“

 

 

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