Ein Ex-CSU-Bundestagsabgeordneter klagte gegen Lärm auf der Sportanlage am Senefelderplatz. Das Gericht wies die Klage nun ab.
Man kommt nicht umhin, auf die bayrische Herkunft des Klägers hinzuweisen. Einerseits, weil sein hinter ihm liegendes CSU-Bundestagsmandat das sowieso verdeutlicht. Und andererseits, weil es dem Kläger selbst sehr am Herzen liegt: „In Bayern gäbe es sowas nicht“, sagte Gerhard Friedrich (65) gleich mehrmals, nicht ohne zu betonen, dass er selbst ausgewiesener Verwaltungsrechtler sei und sich daher auch erlauben könne, den Richter juristisch zu beraten. Schließlich, und damit ein letztes Mal auf Bayern verwiesen: Das heutige Verfahren vor dem Berliner Verwaltungsgericht trug streckenweise Züge einer Gerhard-Polt-Inszenierung, was nichts daran ändert, dass nun ein Urteil steht. Und das besagt, dass auf dem Sportgelände zwischen Schönhauser Allee und oberem Drittel der Choriner Straße künftig weiter Sport gemacht werden kann. Auch Abends. Auch ohne Hausmeister.
Gerhard Friedrich klagte nach eigener Aussage im Namen mehrerer Anwohner des Sportplatzes am Senefelderplatz. Er selbst wohnt im Erdgeschoss in einer Eigentumswohnung in der Schönhauser Allee, vor dieser liegt ein rund 50 Meter breiter Garten, vom Sportplatz getrennt durch eine 2,50 Meter hohe Mauer. Der Sportplatz wird zum Großteil von Grundschülern der Schule am Senefelderplatz genutzt – dagegen habe er ausdrücklich keine Einwände, machte Friedrich deutlich. Allerdings gegen Erwachsene, die unter der Woche teilweise bis abends 11 Uhr den Platz nutzten und am Sonntag die Ruhezeit zwischen 13 und 15 Uhr missachteten. Das verstoße gegen Lärmschutzgesetze, so Friedrich, und er müsse es ja wissen. „Ich habe schließlich am Gesetz mitgearbeitet.“ Zwischen 1987 und 2002 saß der Christsoziale Friedrich im Bundestag und war dort auch für Umwelt, also Lärmfragen, zuständig. Kurze Irritation gab es, als der vorsitzende Richter erklärte, dass er das erwähnte Gesetz nicht im Kopf habe. Später einigten sich Friedrich und der Richter, dass man es einfach unter verschiedenen Namen kenne.
„Ich habe schon schwierigere Probleme gelöst“
Friedrich zeigte sich zunächst entsetzt darüber, dass er zwei Jahre auf einen Prozesstermin warten musste. „In Bayern läuft das anders“, wiederholte er. Regelrecht wütend war er aber auf das Bezirksamt, das das beklagte Land Berlin vor Gericht vertrat. Dieses habe es seit Jahren nicht geschafft, adäquat auf seine Beschwerde zu reagieren. Und wenn, dann habe es „nur dumme Argumente gegeben“.
Die erste Beschwerde brachte Friedrich im Sommer 2008 vor, woraufhin das Amt mit Schildern auf die Ruhezeiten am Sportplatz hinwies. Nach einer erneuten Beschwerde Friedrichs 2009 wurden die Zugänge zur Anlage bezäunt und von einem Sicherheitsdienst kontrolliert. Aber auch dies habe nichts bewirkt, so Friedrich. Der Sicherheitsdienst habe immer nur bei Anwesenheit für Ruhe gesorgt. Im November 2011 wurden die Securitys komplett abgezogen. Friedrichs Forderung: Das Amt habe dafür zu sorgen, dass auf dem Sportplatz nach 20 Uhr Ruhe ist, mit regelmäßigen Kontrollen. „Dabei muss man auch mal hart durchgreifen.“ Richter: „Das ist juristisch schwierig.“ Friedrich: „Ich bin Verwaltungsrechtler. Ich habe schon schwierigere Probleme gelöst.“
Das Gericht zeigte sich von Beginn an skeptisch gegenüber Friedrichs Antrag, was auch an den angeführten Beweismitteln lag. Ein Fußballturnier 2008, zitierte der Richter Friedrichs Liste, „zwei einsame Sportler und ein Mann mit einem ferngesteuertem Auto“ 2011. Und das Foto eines fliegenden Basketballs. „Sie müssen nachweisen, dass sie einer schädlichen Umwelteinwirkung in Ihrer Wohnung ausgesetzt sind“, so der Richter. Eher scheine es aber so, „dass Sie sich zum Sachwalter des öffentlichen Interesses machten, nach dem Motto, es muss Ordnung herrschen im Kiez“.
Amt will Tore schließen
„Ich erkenne eine gewisse Tendenz bei Ihnen, meine Klage abzuweisen“, erklärte Friedrich schließlich gegenüber dem Richter, und zeigte sich kompromissbereit. Er nahm von seiner Forderung Abstand, dass ein Hausmeister seinen Wohnsitz zum Sportplatz verlegen soll, und auch die Schließzeiten müssten nicht auf die Minute eingehalten werden. „Wenn mal jemand krank ist, kann durchaus auch mal nicht abgeschlossen werden. Ich bin ja nicht kleinkariert.“
Das Gericht ließ sich nicht überzeugen. Die Klage wurde abgewiesen. „Soweit der Kläger im Verfahren gegen den Sportplatz unzulässige Nutzungen außerhalb der Öffnungszeiten gerügt habe, seien diese dem Beklagten nicht zuzurechnen“, hieß es in der Erklärung des Gerichts. „Nach seiner baulichen und technischen Ausgestaltung biete der Sportplatz keinen das übliche Maß wesentlich übersteigenden Anreiz für eine missbräuchliche Nutzung.“ Das Bezirksamt versprach indes, dafür zu sorgen, dass die Tore zum Sportplatz zu den Ruhezeiten verschlossen werden.
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