Auf dem Moritzhof am Mauerpark ist auch im Winter Betrieb: Von Ziegen im Schnee, Pferden mit Silverster-Angst und Mädchen, die nicht Schmieden mögen.
Für Uschi und Peppi ist es draußen mittlerweile zu kalt geworden. Deshalb bleiben die beiden Schweine heute lieber im Stall und verstecken sich grunzend im Stroh. Auch eine Katze hat es sich hier gemütlich gemacht und schläft auf dem Heu. Die anderen Tieren sind draußen: die Schafe und Ziegen stehen mit ihren Hufen in den letzten Resten des Schnees, die Kaninchen hüpfen munter in ihrem Gehege herum und auch die Hühner hört man gackern. Und für einen kurzen Moment hat man das Gefühl, nicht mehr auf dem Moritzhof in Prenzlauer Berg zu sein, sondern irgendwo anders, vielleicht in einem kleinen Dorf in Brandenburg.
Die Jugendfarm Moritzhof liegt im nördlichen Teil des Mauerparks an der Schwedter Straße, etwa auf halber Strecke zwischen Schwedter Steg und Gleimtunnel, und gehört zum gemeinnützigen Verein Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg. Das sogenannte Spielhaus wurde im Mai 1999 eröffnet. Etwa ein Jahr später konnten nach der Einweihung des Stalls auch die Tiere auf den Hof ziehen. Seitdem ist der Hof bei Kitagruppen, Schulklassen und vor allem Grundschulkindern, die in ihrer Freizeit vorbeikommen, ein beliebter Ort.
Wer mitarbeitet, darf reiten
Denn obwohl die Zielgruppe der Farm Kinder und Jugendliche zwischen sechs und sechzehn Jahren sind, zieht es hauptsächlich die Acht- bis Zwölfjährigen nach der Schule hierher. „Momentan kommen täglich bis zu zwanzig Kinder zu uns, im Frühling und Sommer sind es sogar an die sechzig“, sagt Karsten Reinknecht, einer der Erzieher auf dem Hof. Vor allem Schüler aus dem nahegelegenen Brunnenviertel im Wedding und Prenzlauer Berg nutzen die Freizeiteinrichtung. Etwa zwei Drittel der Kinder, die nach der Schule vorbeikommen, sind Mädchen. „Nur beim Schmieden nicht“, meint Reinknecht. „Da gibt es fast nur Jungs.“
Von Montag bis Freitag steht der Moritzhof den Mädchen und Jungen am Nachmittag offen. Neben dem Schmieden können sie auch andere alte Handwerke wie beispielsweise Weben, Spinnen, Filzen oder Töpfern erlernen. Im kleinen Garten werden in den warmen Monaten Erdbeeren, Gemüse und Kräuter angebaut. Außerdem wird den Kindern der artgerechte Umgang mit Tieren beigebracht. Sie lernen, sich um sie zu kümmern und dürfen bei der Fütterung oder auch beim Saubermachen des Stalls helfen. Wer gut mitarbeite, dürfe als Belohnung auch auf den Pferden reiten, sagt Reinknecht. Momentan ist das aber nicht möglich. Denn anders als Uschi, Peppi und die Ziegen wurden die zwei Pferde vorübergehend in ein Weihnachtsquartier nach Blankenfelde gebracht: Die Feiertage und vor allem Silvester wären sonst viel zu stressig für die beiden.
Allerdings könnte es für die Tiere bald noch viel mehr Unruhe geben, als das bisschen Böllerei zum Jahreswechsel verspricht. Schließlich sollen auf dem Gebiet westlich des Moritzhofes bald 600 neue Wohnungen entstehen. Angst davor hat Karsten Reinknecht nicht. Jedoch hofft der junge Erzieher, dass es auch in Zukunft noch genügend Weidefläche für die Tiere gibt und das Gebiet nicht zu sehr übernutzt wird. Den Moritzhof selbst sieht er als Anziehungspunkt und Grund, in das neuen Wohnunggebiet zu ziehen. „Wir sind ein attraktiver Ort für Familien mit Kindern“, sagt Reinknecht.
Hinkommen und mitmachen
Wer einen Nachmittag auf dem Moritzhof verbringen möchte, muss dafür keinen Eintritt zahlen. Auch eine Anmeldung ist nicht nötig. Einfach hinkommen und mitmachen lautet die Devise. Wer Hunger hat, bekommt für 70 Cent ein Mittagessen. Wenn möglich, werde das auch zusammen mit den Kindern gekocht, meint Reinknecht. Ansonsten wird Kuchen gebacken, der am Samstag, dem sogenannten Familientag, an Eltern und Freunde verkauft wird.
Neben Karsten Reinknecht gibt es auf dem Hof noch drei weitere festangestellte Mitarbeiter. Außerdem helfen mehrere Praktikanten, junge Erwachsene im Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilligen Ökologischen Jahr, sogenannte 1-Euro-Jobber sowie mehrere ehrenamtliche Helfer mit. Ohne sie wäre die Arbeit mit den Tieren und Kindern wohl nicht zu schaffen. Finanziert wird der Hof größtenteils durch den Bezirk Pankow. Da das Geld jedoch nicht ausreicht, ist die Jugendfarm auch auf Spenden und das Geld aus Tierpatenschaften angewiesen.
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