Die Verwaltung gestaltet den Thälmann-Park neu. Das ist eine Illusion. In ein paar Jahren ist hier alles schick durchsaniert. Ein Szenario.
Das Gelände um den Thälmann-Park ist sowieso ein Rätsel. Da liegt es nun, riesig und dermaßen aus der Zeit gefallen mit diesem sozialistischen Klotz am Eingang, beharrlich ignorierend die Zeiten, die da schon lange, lange angebrochen sind. Entschlossen wie eine Kompanie kämpfte sich die Vollsanierung in den vergangenen Dekaden bis vor die Tore des Parks und des ihn umgebenden Areals zwischen Prenzlauer, Greifswalder, Danziger und S-Bahn. Doch an der Danziger hörte es auf. Der Thälmann-Park ist bis heute eine Fläche geblieben, die Potenziale bietet, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen: Hier ist es noch möglich, Stadtentwicklung zu gestalten, anstatt sie im Nachhinein zu beklagen. Ein Quartier zu schaffen, in dem wirklich von einer sozialen Durchmischung zu sprechen ist. Nun ja, war eine nette Idee. Und sie wird wahrscheinlich scheitern, weil die Verwaltung zwar will, aber nicht so recht weiß, was genau.
Jahrelang passierte im Thälmann-Park und drumherum – nichts. Nebenan tagten alle paar Tage Stadträte, Bezirksverordnete und ihre Auschüsse. Zeitgleich zerfiel das Kulturareal. Die Wohnblöcke erstrahlen in alter Bleiche. Und im Park kann man Füchse jagen, aber kaum Menschen treffen. Der alte Spielplatz ist nur noch eine Wüste. Zwar kursiert im Bezirksamt schon länger der Plan, irgendwas mit dem gesamten Areal anzufangen. Aber Papier ist geduldig. Das Amt hoffte, man könne mit dem Park Mikado spielen, nach dem Motto: Solange die Verwaltung sich nicht bewegt, bleibt auch bei der riesigen Freifläche alles beim Alten. Das Kalkül ging nicht auf, denn der Immobilienmarkt mag kein Mikado. Er bevorzugt Domino. Und die ersten Steine hat er schon längst angetippt. Sprich: Der Park wird jetzt einfach erschlossen. Die Verwaltung mag zetern, ändern wird sie daran kaum was.
Ateliers und Lofts
Im vergangenen Jahr hatte man ja noch ziemlich viel in der Hand. Das alte Bahngelände am S-Bahnhof Greifswalder Straße stand zum Verkauf, und durchaus hatte der Bezirk Interesse, das Gelände zu kaufen, um dort beispielsweise eine Schule zu errichten. Die Anderen waren schneller, und jetzt werden dort wohl Wohnungen entstehen. Im März dieses Jahres, die Politik plante noch immer der großen Wurf, wurde ein Grundstück in der Ella-Kay-Straße verkauft. Auch hier wird jetzt ein Haus entstehen, aller Voraussicht nach ein exklusives. Man war machtlos, wird erklärt, weil die Verhandlungen für ein Gesamtkonzept mit dem Senat noch dauern; und man deshalb solche Bauvorbescheide erteilen muss. Was folgt, ist nach den Erfahrungen der letzten 20 Jahre absehbar. Aber sowas von.
Der Thälmann-Park wird, spätestens wenn der nächste Prenzlauer Bogen errichtet ist, eine attraktive Wohnadresse werden. Die Nachfrage nach mehr Wohnungen wird befriedigt. Mehrere Plattenbauten warten auf Sanierung und Aufwertung. Es werden sich Mittel finden. Auch im benachbarten Bezirksamt werden Wohnungen entstehen. Vielleicht auch ein paar Lofts, Ateliers, kleines Gewerbe. Und ein Bürgerbüro. Auch das Vivantes-Klinikum soll erklärtermaßen in den kommenden Jahren aus dem Park wegziehen. Hier wäre dann Platz für ein paar Arztpraxen, vielleicht noch eine Kita und eine Schule. Denn irgendwo müssen die Kinder der vielen neuen Bewohner ja untergebracht werden.
Spätestens 2025 kommt die Verklärung
Schon 2020 könnte der Thälmann-Park so zum Fröbel-Kiez geworden sein. Die normative Kraft des Faktischen wird alles Weitere besorgen. Ein Wohnviertel hat ein Recht auf einen Supermarkt, auf Spielplätze. All das muss gebaut werden – welche Verwaltung könnte das ernsthaft nicht genehmigen, jetzt, wo sich alles so entwickelt hat? Und auch für das dahinsiechende Kulturareal wird sich eine komfortable Lösung finden. Wäre doch gelacht, wenn sich nicht ein paar Nachbarn und eventuell auch Investoren bereit erklären würden, die alte Kulturstätte wieder etwas aufzumöbeln. Sie werden Geld in die Hand nehmen und die Verwaltung müsste dafür natürlich auch etwas bieten – vielleicht ein wenig mehr gewerbliche Nutzung zulassen. Die freien Theatergruppen fühlen sich dann hier sowieso schon länger nicht mehr wohl: Zu viele Yuppies.
Spätestens 2025 wird der Thälmann-Park dann verklärt. Alteingesessene Prenzlauer Bürger und erinnerungsträge Kommunalpolitiker werden schimpfen, wie schön es im Park früher war. Man kannte sich, man grüßte sich, hier war Prenzlauer Berg noch Prenzlauer Berg. Sie werden sagen, dass sie alles dafür täten, dass es hier wieder so wie früher ist. Und eines vergessen: Dass sie vor gar nicht so langer Zeit genau diese Chance vertan haben.
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