Asyl in der Schule

von Thomas Trappe 2. November 2012

In Prenzlauer Berg werden drei „Willkommensklassen“ für Asylbewerber-Kinder eingerichtet. Der Bezirk befürchtet „soziale Akzeptanzprobleme“. Grund: Unbekannter Impfstatus.

Das Asylbewerberheim in Prenzlauer Berg wird nun doch länger bestehen als noch vor einer Woche angekündigt. Bis mindestens März soll die Unterkunft bestehen, erklärte Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) bei der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses der Bezirksverordnetenversammlung. Dass die bis jetzt etwa 200 Asylbewerber demnächst in regulären Wohnungen untergebracht werden können, sei nahezu ausgeschlossen, machte die Stadträtin deutlich. „Es fehlt einfach an Wohnraum.“ Allerdings sollen die Kinder der Asylbewerber möglichst bald beschult werden. An drei Schulen in Prenzlauer Berg sollen in den kommenden Wochen sogenannte Willkommensklassen eingerichtet werden, in denen Kinder unterschiedlichen Alters Deutsch lernen. Die Klassen sollen an den Grundschulen am Teutoburger Platz, am Senefelder Platz und in der Danziger Straße eingerichtet werden.

Bis jetzt sind laut Zürn-Kasztantowicz 61 Kinder unter den Asylbewerbern, zwei Drittel von ihnen sind im Schulalter, die meisten anderen kämen in Kitas. Die Unterbringung der Kinder sei relativ unkompliziert zu organisieren, „problematisch“ sei aber die Gesundheitsfürsorge, sagte die Stadträtin. Es geht um den Impfstatus. Grund für die Flucht vieler Asylbewerber ist ja gerade gesellschaftliche Isolation – was eben oft auch heißt, dass ihre Kinder oft nicht von der staatlichen Impfürsorge erfasst werden. Zudem „haben die meisten Kinder keine Impfbücher“. Für den Bezirk steht damit die Aufgabe, die Kinder zu impfen. Und wohl auch die Herausforderung, andere Eltern zu beruhigen. „Für das Impfen sprechen nicht nur Gesundheits-, sondern auch Akzeptanzgründe“, sagte die Stadträtin. Soll heißen: Die Willkommensklassen sollen nicht als Gesundheitsrisiko wahrgenommen werden. 

 

Keine psychologische Betreuung

 

Eine Grundimmunisierung kostet rund 500 Euro, so Zürn-Kasztantowicz. Die Gesamtkosten lägen damit deutlich im fünfstelligen Bereich, zumal nicht absehbar ist, wie sich die Asylbewerberzahl in den kommenden Monaten entwickelt. „Bis jetzt wird dieses Problem unterschätzt“, sagte die Stadträtin mit Blick auf ihre Amtskollegen in anderen Bezirken. „Ich werde da deutlich drauf aufmerksam machen, auch auf Landesebene.“ Der Senat sei in der Pflicht, die Impfungen zu unterstützen. Ausschussmitglied Jan Schrecker (Piraten), machte im Ausschuss zudem darauf aufmerksam, dass viele der Asylbewerber auch psychologische Betreuung bräuchten. „Viele kommen aus Bürgerkriegsregionen und sind traumatisiert. Gibt es da die Möglichkeit einer psychologischen Unterstützung?“ Zürn-Kasztantowicz sieht keine Möglichkeit. Dazu sei der Mangel an Psychologen in Berlin viel zu groß.

Ähnliches gilt für Wohnraum. Dass eine zentrale Unterbringung in einem alten Verwaltungsgebäude alles andere als optimal sei, darin waren sich die meisten Ausschussmitglieder einig. Jan Schrecker fragte nach, ob Wohnungsunternehmen stärker in die Pflicht genommen werden könnten, Flüchtlinge aufzunehmen. Zürn-Kasztantowicz würde dies zwar begrüßen, sieht aber keine Optionen. „Die Wohnungsknappheit trifft alle.“ Und sie träfe nun leider auch die Asylbewerber.

 

Rotes Kreuz hat weitere Unterkunft eingerichtet

 

Wie sich die Asylbewerberzahlen in Prenzlauer Berg entwickeln, ist absolut offen. Inzwischen hat auch das Deutsche Rote Kreuz in Prenzlauer Berg eine Notunterkunft eingerichtet – hier werden Notfälle betreut, derzeit rund 20. Die meisten Flüchtlinge kämen aus Ländern Ex-Jugoslawiens, dem Iran, Irak, Syrien, Afghanistan und Tschetschenien. Absehbar ist, dass viele von ihnen wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt werden. 

Für jene, die bleiben, sind die jetzt einzurichtenden Willkommensklassen nur eine Übergangslösung. Maximal ein Jahr dürften solche Klassen bestehen, erklärte Zürn-Kasztantowicz. Danach würden die Kinder in den normalen Schulbetrieb integriert.

 

 

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