Drei Viertel für die Miete

von Thomas Trappe 18. Oktober 2012

Das Ballhaus Ost muss den Großteil seiner Landeszuschüsse an den Vermieter weiter geben. Die Förderung wird nun in Frage gestellt.

Es war absehbar, aber fragen kostet ja nichts. Kann man Off-Theater sagen? Nein, soll man wenn irgendmöglich nicht, sagt Daniel Schrader, Geschäftsführer des Ballhaus‘ Ost. Es gebe Theater, aber keine Off-Theater, Punkt. „Freie Theaterszene gefällt uns schon besser“, sagt er. Frei deshalb, weil diese Theater nicht in kommunaler Obhut sind wie zum Beispiel das „Theater unter Dach“ im Thälmann-Park. Frei aber auch deshalb, weil sie damit den Gesetzen des Marktes ausgesetzt sind, genauer gesagt des Mietmarktes. Womit man im Falle des Ballhauses doch wieder beim Off wäre. Denn drastisch steigende Mieten drohen der Existenz des Hauses mittelfristig den Garaus zu machen. Die Perspektive, die die Berliner Kulturpolitik dem Haus gibt, ist jedenfalls nicht unproblematisch.

Die wichtigste Finanzierungsquelle ist für das Ballhaus Ost wie auch für viele andere Spielstätten in Berlin die sogenannte Spielstättenförderung. Wer die bekommt, wird zwar von der Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten entschieden, ausschlaggebend ist aber die Empfehlung einer Jury, die regelmäßig tagt und über eingegangene Anträge berät. Seit 2007, also ein Jahr nach Gründung des Ballhauses, wurde dieses immer wieder mit der Förderung bedacht. In diesem Jahr äußerte die Jury Bedenken, ob das Land noch weiter Zuschüsse geben sollte. „Die hohen Mietkosten stehen in keinem Verhältnis zur Fläche“, wurde moniert. Kulturförderung müsse Kunst, nicht Quadratmeterpreise bezuschussen, das Ballhaus scheint geradezu exemplarisch für diese Berliner Fehlentwicklung. Zwar konnte sich die Jury, wie sie nun Anfang Oktober erklärte, dann doch zur Förderung bis 2014 durchringen. Deutliche Zweifel bleiben aber. „Es ist fraglich, ob das Ballhaus Ost auf Dauer zu halten ist.“ 

 

Tipp: Einfach nicht zahlen

 

Auf knapp 160.000 Euro werden sich die Zuschüsse für das Ballhaus, ansässig in der Pappelallee, im kommenden Jahr belaufen. Eine Summe, mit der man bis jetzt recht gut wirtschaften kann. Immerhin werden laut Daniel Schrader knapp 50 Prozent der Gelder durch Eintritt und Fördermittel für die Künstlergruppen, die im Ballhaus gastieren, eingespielt. Ab 2014 allerdings wird es problematisch. Denn Voraussetzung dafür, dass überhaupt im Ballhaus weitergespielt werden kann, ist eine umfangreiche Sanierung des Hauses. Die wird im kommenden Jahr erfolgen – allerdings verdopple sich dadurch die Miete nahezu. Damit würden drei Viertel der veranschlagten Fördersumme in die Mietzahlungen gehen, so die Berechnung der Jury. Und das, obwohl die Förderung sogar nochmal auf 211.000 Euro steigen soll. Nach 2014 soll sich die Miete dann laut Jury alle zwei Jahre um 7,5 Prozent erhöhen. Ihr Ratschlag: „Nachfolgejurys sollten einer solchen Steigerung bei einer etwaigen Förderung nicht nachkommen.“

Man setzt auf ein Entgegenkommen des Vermieters. „Wir hoffen, dass sich der Vermieter des nicht nur symbolischen Werts des Ballhauses stärker bewusst wird und ihm in Form kulturwirtschaftlich günstiger Konditionen für die Betreiber Ausdruck verleiht“, heißt es. Theaterchef Schrader würde diesen Appell wohl auch so formulieren, will sich aber keinen Illusionen hingeben; der Vermieter sei in erster Linie Vermieter. Zu Almosen werde es daher nicht kommen, aber immerhin gebe es gute Gespräche. „Wir haben ein Verfahren verabredet, das uns Planungssicherheit bis 2020 gibt“, sagt Schrader. Voraussetzung sei dabei natürlich, dass die Spielstättenförderung weiter gezahlt werde und der Eigentümer des Hauses nicht wechsle. Immerhin dreimal ist Letzteres in den vergangenen sechs Jahren schon passiert.

 

Wollt ihr uns überhaupt?

 

Eine Weile wird es schon noch weiter gehen, davon ist Daniel Schrader überzeugt. „Es ist wichtig, diesen Kulturstandort für Prenzlauer Berg zu erhalten.“ So sieht es auch die Jury, hofft allerdings auch auf mehr Anstrengungen im Ballhaus. „Wir wünschen uns eine stärkere programmatische Akzentsetzung“, heißt es in ihrer Erklärung. Schrader will diese Forderung gerne umsetzen, dazu brauche es aber auch die Unterstützung aus dem Kiez. „Die Prenzlauer Berger müssen sagen, ob sie dieses Theater überhaupt wollen. Bis jetzt habe ich den Eindruck, Politik und Vermieter entscheiden, und wenn dann geschlossen wird, ist der Aufschrei groß.“ 

 

 

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