In der Bücher-Nische

von Juliane Schader 26. September 2012

Bücher aus kleinen Verlagen gibt es bislang meist als Bückware. Aus der Nische und in die Regale bringt sie nun ein Laden in der Göhrener Straße: Werke aus 75 Verlagen zum Stöbern und Kennenlernen. 

Das einzige, das noch fehlt, sind die Preisschilder. „Da bin ich noch nicht zu gekommen“, sagt Gerrit Schooff. Die Bücherregale sind gefüllt, das Lesepult arrangiert, der Tisch mit den Empfehlungen des Hauses ist gedeckt, und sogar die Leuchtreklame funktioniert und proklamiert in beißendem Weiß „Lies weiter“. Nur bei der Kleinigkeit mit den entstehenden Kosten muss der frisch gebackene Buchhändler noch nachbessern. Aber sein Laden „Das besondere Buch“ hat ja auch erst am Samstag in der Göhrener Straße eröffnet.

Eigentlich ist Schooff Verleger im Dittrich-Verlag. Seit 22 Jahren veröffentlicht das kleine Unternehmen Bücher, die eben nicht wie Harry Potter oder 50 Shades of Grey sind. Da auch andere Verlage im deutschsprachigen Raum gute Arbeit machen, aber es dennoch gegen die Bestseller schwer haben, ist Schooff auf die Idee gekommen, ihnen in den eigenen Räumen eine Plattform zu bieten. 75 von ihnen sind nun jeweils mit ihren zehn Lieblingswerken im kleinen Verkaufsraum von „Das besondere Buch“ vertreten. Ordentlich aufgereiht füllen sie nun die weißen Regale, sortiert nicht nach Genre oder Thema, sondern nach Verlagshaus.

 

Ein Showroom für die Kleinen

 

„Uns geht es vor allem darum, einen Showroom für unabhängige Verlage zu schaffen und die Wahrnehmung für sie schärfen“, erklärt Schooff. Zudem soll sich der Laden als Ort des Austausches zwischen den Unternehmern etablieren. Um wirkliche Konkurrenten zu sein, dafür seien sie alle viel zu klein und der Markt zu groß, meint er. Daher sei er bei seiner Suche nach Büchern für den Laden auch überall offene Türen eingerannt.

Auf den ersten Blick sieht es in dem Verkaufsraum aus wie in jeder mit Liebe vom Inhaber geführten Buchhandlung, von denen es in Prenzlauer Berg ja einige gibt: Die Wände sind komplett mit Bücherregalen bedeckt, es gibt eine Empfehlungsecke, ein Sessel steht fürs intensive Schmökern bereit. Auch beim genaueren Blick auf die Regale fällt erstmal nicht auf, was an diesen Büchern so besonders ist – außer vielleicht, dass sie zum großen Teil tatsächlich einfach ziemlich schön aussehen. Statt dessen gibt es Kinderbücher, Romane, Comics, wie überall. Denn besonders bedeutet in diesem Fall nicht besonders abwegig und nur für besonders spezielle Interessen. Sondern einfach, dass diese Bücher in der Masse des Marktes sonst meist untergehen.

 

Auch aus Gifkendorf bei Lüneburg kommt Preis-Verdächtiges

 

„Dass die Bücher der kleineren Verlage nicht in den Bestseller-Listen landen, ist keine Frage der Qualität, sondern der fehlenden PR-Maschine“, meint Schooff. Als Beweis zieht er „Der Schwur des Barbaren“ des algerischen Autors Boualem Sansal aus dem Regal. Der Politkrimi, der im Vorbeigehen mal eben 40 Jahre algerische Geschichte vermittelt, ist im Merlin-Verlag aus Gifkendorf bei Lüneburg erschienen und wurde im vergangenen Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Anders hätte er es niemals in die Regale der Thalias und Hugendubels des Landes geschafft. „Diese versteckte Qualität der kleinen Verlage wollen wir sichtbar machen“, sagt Schooff. 

Damit die Leser den Weg in die Göhrener Straße auch finden, sollen zusätzlich Veranstaltungen angeboten werden. „Neben klassischen Programm mit Lesungen werden wir Literaturkritiker einladen, ihre Lieblingsbücher vorzustellen“, erzählt Rebecca Ellsäßer, die für die Pressearbeit zuständig ist. Auch andere Buchhändler seien da herzlich willkommen, sich über die Programme der kleinen Verlage zu informieren. Schließlich sehe man sich da nicht als Konkurrenz, sondern eher als Ergänzung.

 

Bestseller gibt es nebenan

 

„In Prenzlauer Berg gibt es einen gut funktionierenden Buchhandel, der durchaus auch mal Bücher aus kleinen Verlagen im Programm hat“, meint auch Schooff. Allerdings wären es nur die neuesten Werke, die es in die Regale schafften, während „Das besondere Buch“ explizit auch die Backlist im Angebot habe. „Wir präsentieren, was nicht präsent ist“, sagt der Verleger. In diesem Sinne sehe er seine Aufgabe auch nicht darin, interessierten Käufern die Bestseller der großen Häuser zu bestellen. „Die schicke ich dann zu einem der Kollegen.“

Von denen unterscheidet sich sein Projekt noch durch einen weiteren Punkt: Die Titel, die jetzt in den Regalen stehen, werden bis auf weiteres das bestehende Angebot bleiben. Denn die Idee, auch die Werke vergangener Buchsaisonen zu präsentieren, bringt mit sich, dass der Durchlauf nicht so groß ist. Zuwachs durch neue Verlage ist erstmal auch nicht zu erwarten – in Deutschland habe er den Markt nun durchforstet, meint Schooff, nur aus Österreich und der Schweiz könnte jetzt noch Neues nachrücken. Aber bei einem Laden voller Bücher, die es bislang kaum bis gar nicht zu sehen gab, gibt es ja vorerst auch genug zu entdecken. Die Preise seien übrigens in etwa so wie man es von den großen Verlagshäuser gewöhnt sei, sagt er. Schwarz auf Weiß an jedem Buch wird er das auch bald nachtragen.

„Das besondere Buch“, Göhrener Str. 2, Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr.

 

 

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