Sozialstudie zum Helmholtzkiez

von Juliane Schader 29. August 2012

Weniger alte Menschen, höheres Einkommen, gestiegene Mieten: Eine Studie hat die Veränderungen im Helmholtzkiez seit Beginn der Sanierung 1993 bis heute untersucht. 

Im Oktober 1993 wurde der Kiez um den Helmholtzplatz zum Sanierungsgebiet erklärt. Bevor dieser Sonderstatus im kommenden Jahr aufgehoben wird, hat die Asum GmbH, kurz für Angewandte Sozialforschung und Urbanes Management, eine Sozialstudie durchgeführt, um die Ergebnisse der Sanierung, in die mittlerweile über 230 Millionen Euro investiert wurden, zu dokumentieren. Im Frühjahr dieses Jahres wurde dafür per Fragebogen jeder zehnte Haushalt des Gebietes befragt. Die Ergebnisse der Studie im Überblick.

 

Beschreibung

Das Gebiet um den Helmholtzplatz zwischen Schönhauser Allee, Danziger Straße, Prenzlauer Allee und Wichertstraße ist das größte der fünf Sanierungsgebiete des Prenzlauer Bergs. Es zeichnet sich durch eine besonders dichte Bebauung und verhältnismäßig viele Ein- und Zwei-Zimmer-Wohnungen aus.

 

Wohnungsbestand

Gut drei Viertel aller Altbauwohnungen im Kiez wurden seit 1993 saniert. Jede vierte von ihnen wurde mit öffentlichen Mitteln gefördert – das ist die höchste Quote aller Sanierungsgebiete in Prenzlauer Berg. Ein Sechstel der Wohnungen gelten als unsaniert. Hier ist der Anteil der Bevölkerung, die schon vor der Sanierung im Viertel wohnte, besonders hoch.

Vor der Sanierung gab es 13.100 Wohnungen, durch Neubau kamen 600 hinzu. Allerdings ist die Zahl der auf dem freien Markt verfügbaren Wohnungen nicht dementsprechend gestiegen: Fast jede dritte ist mittlerweile in eine Eigentumswohnung umgewandelt worden, viele von diesen werden jedoch weiterhin vermietet. Hinzu kommt die Nutzung als Ferienwohnung, wobei deren Anzahl nicht genau bestimmt werden konnte. In jedem siebten Haus im Helmholtzkiez soll es welche geben, ergab die Befragung.

 

Einwohner und Altersstruktur

Heute leben um den Helmholtzplatz gut 21.500 Einwohner. Das sind 12 Prozent mehr als vor Beginn der Sanierung. Im Durchschnitt sind sie 38,3 Jahre alt und liegen damit unter den Werten von Pankow (40,7) und Berlin (42,8). Besonders bei den Kindern unter sechs Jahren gab es einen Zuwachs: Heute leben fast doppelt so viele Kinder im Vorschulalter im Kiez wie 1993. Dafür hat sich die Zahl der Rentner halbiert. Nur vier Prozent der Menschen sind älter als 65; für Berlin liegt dieser Wert bei 19 Prozent.

 

Berufliche Qualifikation und Einkommen

Die Studie vergleicht vor allem Zahlen von 2012 mit denen von 2002. Demnach sind heute zwei Drittel der Bewohner des Helmholtzkiezes Akademiker; vor zehn Jahren gehörte knapp die Hälfte zu dieser Gruppe. Dafür ist im gleichen Zeitraum die Zahl der Auszubildenden und Studenten von 25 auf 10 Prozent gesunken, was nahelegt, dass die Bewohner die gleichen geblieben sind.

80 Prozent der Bevölkerung sind heute erwerbstätig, ein Drittel von ihnen als Selbstständige und Freiberufler. Über die Hälfte der Haushalte hat ein Nettoeinkommen von 2000 Euro und mehr zur Verfügung; das mittlere Einkommen liegt bei 2000 Euro. Vor zehn Jahren lag der Mittelwert noch bei 1160 Euro; ein Drittel der Bewohner hatten damals weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass diese Zuwächse vor allem den Zugezogenen zu verdanken seien. Bei den Stammbewohnern sei vielmehr der Anteil von Haushalten mit gesunkenem Einkommen höher. Unter ihnen gibt es auch mehr Hartz-IV-Empfänger als unter den Zugezogenen.

 

Mieten

Die Nettokaltmiete liegt heute im Durchschnitt bei 6,22 Euro und ist damit teurer als in anderen Berliner Innenstadtbereichen. Für die Hälfte aller Wohnungen werden mehr als 6 Euro, für fast ein Fünftel mehr als 8 Euro fällig. Damit ist die Miete in den letzten zehn Jahren um 30 Prozent gestiegen. Auch unsanierte Wohnungen sind von diesem Trend betroffen: „Die Mietdifferenzen zwischen sanierten und unsanierten Wohnungen sind deutlich geringer, als angenommen werden könnte“, heißt es in der Studie.

Am teuersten ist das Wohnen in privat sanierten, am günstigsten in umfassend öffentlich geförderten Wohnungen, von denen es derzeit noch 2800 Stück im Kiez gibt. 2038 wird die letzte Wohnung aus der Förderung entlassen, schon ab 2020 nimmt die Zahl aber rapide ab.

Ein Drittel der Haushalte empfindet die Miete als zu hoch.

 

Wohndauer

Nur 13 Prozent der Haushalte haben schon vor der Sanierung im Gebiet gewohnt – weniger als in jedem anderen Sanierungsgebiet in Prenzlauer Berg. Nur sechs Prozent der Bewohner leben noch in der gleichen Wohnung wie vor 20 Jahren. Dafür ist in den letzten zehn Jahren die Verweildauer im Kiez wieder gestiegen.

 

Familien

Im Helmholtzkiez leben in 18 Prozent der Haushalte Kinder. Damit liegt er zwar leicht über dem Pankower Durchschnitt von 14 Prozent, bleibt aber hinter anderen Sanierungsgebieten wie dem Bötzowviertel (21%), dem Kollwitzkiez (23%) oder dem Winskiez (35%) zurück. Zu erklären ist das vor allem durch die Bausubstanz, da der Anteil an kleinen Wohnungen hier höher ist als in anderen Kiezen. Zudem werden große Wohnungen auch gerne von Haushalten ohne Kinder belegt: In zwei Drittel der Drei-Zimmer-Wohnungen und der Hälfte der Vier-Zimmer-Wohnungen leben Leute ohne Kinder.

 

Verkehr

Knapp die Hälfte der Bewohner lebt in einem Haushalt ohne Auto. Dafür gaben 87 Prozent von ihnen an, regelmäßig mit dem Rad unterwegs zu sein.

 

Bewertung

Die Bewohner schätzen an ihrem Viertel am meisten die gute Anbindung an Bus und Bahn, die Einkaufsmöglichkeiten, das allgemeine Erscheindungsbild und das Angebot an Spielplätzen. Ausbaubedarf sehen sie vor allem bei der sozialen Infrastruktur, etwa bei Einrichtungen für Senioren und Jugendliche. Außerdem klagen sie über chronischen Parkplatzmangel: Die Parkraumbewirtschaftung habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht, meinen sie.

 

Den Ursachen und Folgen dieser Entwicklung im Helmholtzkiez widmet sich dieser Artikel.

 

 

NEWSLETTER: Damit unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden bleiben, gibt es unseren wöchentlichen Newsletter. Folgen Sie uns und melden Sie sich hier an!

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar