Die Stadträtin für Jugend und Immobilien Christine Keil (Die Linke) über das Kita-Recht ab 2013 und erste Sofortmaßnahmen.
Die Stadträtin empfängt in ihrem großzügig geschnittenen Dienstzimmer. Hinter einer Sitzecke stechen zwei Graffiti auf Leinwand ins Auge. Christine Keil erzählt, dass sie die aus eigener Tasche bezahlt hat. Einen Repräsentations-Topf gebe es in ihrem Amt schon lange nicht mehr.
Damit sind wir schon beim Thema, Frau Keil. Geldmangel ist der Hintergrund, vor dem wohl alle kommenden Fragen der Pankower Bezirkspolitik beurteilt werden müssen. In Ihrem Amt wird gerade gerechnet, welche Ausgaben der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz bedeutet. Sie als linke Stadträtin müssen doch hin- und hergerissen sein: Ist der Rechtsanspruch Segen oder Fluch?
Grundsätzlich finde ich es gut, dass es diesen Rechtsanspruch gibt, auch für Kinder im Krippenalter. Da gibt es nichts zu deuteln und auch keinen Beigeschmack. Wir haben in Pankow eine sehr komfortable Situation: Bei den Ein- bis Dreijährigen haben 74 Prozent einen Kita- oder Krippenplatz. Aus unserer Sicht ist damit auch der Bedarf im Wesentlichen gedeckt.
Woher wissen Sie das?
Wir haben geschaut, wie viele Anträge auf einen Platz abgelehnt werden mussten, zum Beispiel, weil die Eltern nicht berufstätig sind. Das ist im Bezirk Pankow verschwindend gering. Das liegt auch daran, dass bei uns die meisten Eltern arbeiten. Das war schon immer so, und deshalb ist das Versorgungsnetz in Pankow sehr komfortabel.
Wie sieht es mit den Eltern aus, die nicht berufstätig sind. Bleiben deren Kinder ausgeschlossen von der Kita-Betreuung?
Wir wollen auf jeden Fall darauf hinwirken, dass auch diese Kinder einen Platz kriegen. Berücksichtigt man die steigende Geburtenrate, wird es in den kommenden Jahren einen Mehrbedarf von 1.500 Plätzen im ganzen Bezirk geben. Derzeit haben wir 17.000 Plätze.
Sie sagten, die Situation im Bezirk sei entspannt. Warum hören wir dann immer wieder von Prenzlauer Berger Eltern, die mit einer Torte in der Kita vorbeischauen, um sich so einen Platz zu erkämpfen – zusammen mit 50 anderen Eltern?
Weil es tatsächlich in Prenzlauer Berg sehr drastisch ist, aber auch in Pankow-Zentrum und Weißensee. Natürlich ist das auch so, weil viele Eltern ihre Kinder hier in mehreren Kitas anmelden, sich aber nicht abmelden, wenn sie einen Platz haben. Das verzerrt das alles ein bisschen. Nichtsdestotrotz: Es fehlt in Prenzlauer Berg an Plätzen.
Also droht doch die Klageflut ab Anfang 2013.
Das denke ich nicht. In der vergangenen Woche hat der Senat die Förderung für den Kita-Ausbau auf den Weg gebracht. Mit dem Geld wollen wir jetzt nicht ad hoc neue Kitas bauen – das würden wir gar nicht schaffen –, sondern erst einmal die Maßnahmen ergreifen, die in den bestehenden Kitas eine Kapazitätserweiterung ermöglichen. Oft können Räume ja einfach nicht genutzt werden, weil zum Beispiel der Brandschutz mangelhaft ist. Da gehen wir zuerst ran, und zwar schon im Juli oder August. Parallel dazu werden Kitas ausgeschrieben und wieder neu eröffnet. Ich gehe davon aus, dass wir genügend Plätze bereitstellen können; auch wenn er nicht immer in der gleichen Straße sein wird.
Wird es mehr Privatanbieter geben?
Eher nicht. Die Entwicklung in dem Bereich ist weitgehend abgeschlossen.
Lassen Sie uns noch kurz über Bezirksimmobilien reden, auch dafür sind Sie ja zuständig. Hier haben Sie gerade einen richtigen Brocken abzuarbeiten: Das Verwaltungsgebäude in der Fröbelstraße soll abgegeben werden. Ist das eine grundsätzliche Richtung, die der Bezirk verfolgt: Immobilien loszuwerden?
Das ist nicht mein Ziel, keineswegs. Schulen, Sportstätten, Kitas und Jugendeinrichtungen in kommunaler Hand sollen auch dort verbleiben. Das ist meiner Meinung nach der beste Weg.
Es ist der Titel der Interviewreihe, deshalb hier nochmal gefragt. Was steht noch so an nach der Sommerpause?
Wir haben im Moment tatsächlich ganz gut mit dem Ausbau von Kitaplätzen zu tun, die Zahlenkolonnen, die da vorliegen, sind wirklich beeindruckend. Außerdem findet gerade ein „Qualitätsdialog“ statt, mit dem die Elternarbeit in den Kitas verbessert werden soll, das Thema ist ja ein Dauerbrenner. Wir sind dabei, ein tragfähiges Zukunftskonzept für die Kinder- und Jugendfreizeitstätten auf den Weg zu bringen, es gibt immerhin rund 50 Einrichtungen im Bezirk. Und dann würde ich noch das Ziel nennen, die Entwicklung von Familienzentren im Bezirk zu befördern.
Dann viel Erfolg für die anstehenden Aufgaben, Frau Keil. Vielen Dank für das Gespräch.
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