Der lang erkämpfte Konsens zur Mauerparkerweiterung kippt. Auch dass sich die Bezirke verklagen, scheint nicht mehr ausgeschlossen.
Vielleicht kann der im April gefundene Kompromiss zur Mauerparkerweiterung am besten mit einem Kartenhaus verglichen werden. Eine Karte ist die Bereitschaft des Landes, von der CA Immo Land zu kaufen. Eine andere Karte das Zugeständnis an eben jene CA Immo, im Norden bauen zu dürfen. Weitere Karten: Die Teilnahme der Bürgerwerkstatt an den Planungen zum erweiterten Mauerpark und die Integration von Flohmarkt und Mauerseglern ins Konzept. Und dann war da noch diese Karte: Die Bereitschaft der Bezirke Mitte und Pankow, sich gemeinsam um eine Lösung zu kümmern. Ein schönes Kartenhaus, das nun zu zerfallen droht. Nach einem Beschluss, der in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte bald verabschiedet werden könnte, droht der Streit um die Mauerparkerweiterung in eine neue Runde zu gehen. Oder gar in eine Sackgasse.
Kern des bisherigen Kompromisses war die Zusage, nördlich des Gleimtunnels eine sozial und ökologisch vertretbare Genossenschaftsbebauung zu etablieren. Damit konnten sich zwar nicht alle, aber doch die Mehrheit der Mauerpark-Kämpfer anfreunden. Für das, was die Fraktionen von SPD und CDU in der BVV Mitte nun fordern, gilt das nicht mehr. Im Dringlichkeitsantrag, der aller Voraussicht nach erst nach der Sommerpause verabschiedet wird, ist von Wohnungsbauten die Rede mit einer Fläche von insgesamt 58.000 Quadratmetern. Relevant ist dabei die sogenannte Geschossflächenzahl (GFZ); sie gibt das Verhältnis der Wohnfläche zur Fläche des Gesamtgrundstücks an. Im Falle des offenbar geplanten Projekts läge sie bei 1,7. Eine Zahl, die Kritiker schockiert, da die Bebauung so viel zu dicht wäre.
Angst vor der „Übernutzung“
„Das ist die reinste Kamikaze-Aktion“, sagt Cornelius Bechtler, Fraktionschef der Grünen in der Pankower BVV. Gemeinsam mit der Fraktion der SPD weist er in einer Stellungnahme darauf hin, dass nach „neuester Rechtsprechung eine GFZ von mehr als 1,2 nur noch in begründeten Ausnahmefällen und zwar in Kerngebieten zulässig“ sei. Würde die BVV Mitte der von der CA Immo avisierten Projekt grünes Licht geben, fürchtet Bechtler Schlimmes. „Es wird etwas versprochen, was später Gerichte wieder kassieren könnten. Dann müsste das Land Schadenersatz zahlen, da es nicht erfüllen kann, was es versprochen hat.“
Die Pankower Grünen und SPD fürchten das, was Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) bereits im April als Gefahr prognostizierte: Dass der Bezirk Mitte bei der Mauerparkerweiterung Pankow übervorteilen könnte, indem auf Weddinger Mauerparkseite exzessiv gebaut wird und in Prenzlauer Berg die Erholungsfläche „übernutzt“ wird. Klaus Mindrup, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Pankower SPD, zeigt ebenfalls auf den Kinderbauernhof und die Frischluftschneise, die jetzt zugebaut werden könnte.
Gewerbe wieder möglich
Die Stimmung zwischen Pankow und Mitte ist bereits jetzt – es wurde noch nichts beschlossen – äußerst gereizt. Auch von Klagen wird inzwischen gesprochen. So erklärte Mindrup, dass Pankow als Anlieger ein Recht darauf habe, bei Bebauungsplänen auf Weddinger Seite mitzureden. Und ließ keinen Zweifel daran, dass man sich notfalls auch mit juristischen Mitteln dieses Recht verschaffen werde. Doch noch ist es nicht soweit. „Wir hoffen, dass die Kollegen in Mitte die sechs Wochen nutzen, um nochmal über die ganze Sache nachzudenken.“ Aus der CDU-Fraktion Mitte hieß es gerade, dass eine Sondersitzung vor der BVV-Sommerpause angedacht werde. Allerdings sei dies noch nicht beschlossen, außerdem hänge dies auch davon ab, ob genügend Bezirksverordnete in Berlin sind, um eine beschlussfähige BVV zusammen zu kriegen.
Bei der CA Immo in Frankfurt schaut man entspannt nach Berlin. Sprecher Wilhelm Brandt bekräftigte auf Anfrage den Anspruch seines Unternehmens, wie vorgesehen zu bauen. „Wir sind im Laufe der Zeit dem Land Berlin entgegenkommen und haben immer mehr Fläche gegeben für immer weniger Fläche, die wir nutzen können. Jetzt muss man natürlich auch damit leben, dass dichter bebaut wird als ursprünglich vorgesehen.“ Sollte die CA Immo ihr Projekt nicht umsetzen können, so Brandt, müsste man auf die Vergabe einer Teilfläche verzichten. „Dann würde das Gelände wieder verstärkt als Gewerbefläche genutzt“, so Brandt. Die Mauerparkerweiterung wäre damit wohl endgültig vom Tisch.
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