Karaoke muss mal Pause machen

von Juliane Schader 14. Mai 2012

Ab sofort ist nur noch jeden zweiten Sonntag im Mauerpark Karaoke. Auch andere Veranstalter sollen zum Zug kommen, meint der Bezirk. Übernehmen jetzt die kommerziellen Profis den Park?

Die Berlin-Reiseführer müssen umgeschrieben werden – zumindest die Abschnitte, in denen es um den Mauerpark geht. Bislang wird dort ein sonntäglicher Besuch zu Flohmarkt und Karaoke empfohlen, doch Letzteres wird nun nicht mehr regelmäßig stattfinden. „Ab sofort erhält Joe Hatchiban nur noch durchschnittlich alle zwei Wochen die Sondernutzungserlaubnis, die er für seine Karaoke-Show im Amphitheater benötigt“, sagt Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung. Die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker des im März vorgestellten Regelwerks für den Park scheinen damit in Erfüllung zu gehen.

Bislang konnte im Mauerpark jeder machen, was er wollte. Angesichts der bis zu 50.000 Besucher, die im vergangenen Jahr an den Sommerwochenenden durch die Grünfläche zogen, sah sich der Bezirk jedoch gezwungen, ein Sicherheits- und Versorgungskonzept aufzusetzen. Dessen Ziel ist es, die Sicherheit zu gewährleisten und der Müllberge Herr zu werden, ohne den anarchischen Charakter des Parks völlig zu zerstören. Doch das zu kombinieren ist gar nicht so leicht, wie sich jetzt zeigt. 

 

Auch andere Veranstalter sollen zum Zug kommen

 

Teil des Konzepts ist die Regel, dass größere Veranstaltungen beim Garten- und Umweltamt angemeldet und genehmigt werden müssen. Davon betroffen ist auch das sonntägliche Karaoke. „Wir haben sehr viele Anfragen von Veranstaltern und können nicht immer allen zu Gunsten von Herrn Hatchiban absagen“, meint Stadtrat Kirchner. Zudem habe dieser sich nicht um die Entsorgung des Mülls gekümmert, der sich im Laufe eines Karaoke-Sonntags im Amphitheater anhäufe. Um allen Interessen gerecht zu werden habe man sich nun als Kompromiss dafür entschieden, dass Karaoke und andere Veranstaltungen im wöchentlichen Wechsel stattfinden sollen.

Für die Freunde des Mauerparks ist diese Lösung erstmal eine gute Nachricht. „Wir haben uns sehr für den Verbleib von Bearpit-Karaoke eingesetzt“, meint Alexander Puell. Sorgen mache ihm allerdings, welche Veranstalter nun an den jeweils anderen Sonntagen im Park zum Zuge kämen. Schließlich sei für deren Auswahl der Bezirk zuständig, und dem gehe es vor allem darum, dass Müll entsorgt und Toiletten zur Verfügung gestellt würden, nicht um den künstlerischen Wert des Angebots.

 

Mauerpark soll nicht als Volksfestfläche enden

 

„Wir möchten nicht, dass ein Großsponsor nach dem nächsten im Park auftaucht und dessen Atmosphäre zerstört“, sagt Puell. Als Beispiel nennt er die Fête de la Musique im vergangenen Jahr, als Red Bull den Mauerpark in ein professionelles Festivalgelände verwandelte, in dem für alternative Künstler keinen Platz mehr war. „Je professioneller es wird, desto weniger spontan und desto langweiliger wird es auch“, meint er. „Der Park soll nicht als vermietete Volksfestfläche enden.“ Das Angebot des Vereins, das Amt bei der Auswahl der Veranstalter zu unterstützen, sei jedoch abgelehnt worden.

Beim Bezirksamt sieht man das gewohnheitsmäßig entspannter. „Wir wollen Veranstalter, die zum Mauerpark und dessen Flair passen“, meint Stadtrat Kirchner. Als Beispiel nennt der das Kinderfest, das am vergangenen Sonntag vom Kinderring Berlin im Park veranstaltet wurde.

 

Joe Hatchiban will dennoch im Mauerpark bleiben

 

Der Betroffenen selbst nimmt den ganzen Trubel verhältnismäßig gelassen. „Natürlich wäre es mir lieber, wie in den vergangenen Jahren spontan je nach Wetterlage zu entscheiden, ob Karaoke stattfindet oder nicht“, meint Joe Hatchiban. Grund, sich nun einen anderen Park für seine Show zu suchen, sei das aber nicht. Blöd findet er nur, dass die bislang zwölf Termine, die er für den Sommer bislang genehmigt bekommen hat, keinem richtigen Muster folgen. „Am nächsten und übernächsten Wochenende darf ich auftreten, dafür habe ich im Juni nur einen Termin bekommen“, sagt er. Das würde er gerne noch einmal ändern.

Zudem haben sich die Gebühren vervielfacht, die er für die Genehmigung zahlen muss. Laut Stadtrat Kirchner sind es nun um die 1500 Euro im Jahr. „Das Geld werde ich schon über Spenden zusammenbekommen“, meint Hatchiban. Es wären auch schon öfter Sponsoren auf ihn zugekommen, die ihm finanziell unter die Arme greifen wollten. „Mir wäre es aber lieber, wenn ich auf Sponsoring verzichten könnte. Das wird mir sonst zu kommerziell.“



 

Der Artikel in seiner ursprünglichen Fassung von 13 Uhr wurde um 15.20 Uhr um das Statement von Joe Hatchiban ergänzt.

 

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