Stadtbad: Genossen, wo ist unser Geld?

von Juliane Schader 25. April 2012

Die Genossenschaft Stadtbad Oderberger Straße löst sich auf. Ihre Mitglieder informiert sie darüber aber nicht. Dabei wollen sie wissen, wo Ihr Geld geblieben ist.

Die Genossenschaft Stadtbad Oderberger Straße löst sich auf. Was vor zwölf Jahren als Einsatz engagierter Bürger begonnen hatte, die Ihr Bad vor Abriss und Privatisierung bewahren wollten, endet nun mit einem Dreizeiler im Genossenschaftsregister: Wegen Vermögenslosigkeit werde die Gesellschaft nun gelöscht, ist da zu lesen. Auf Nachfrage ist zu erfahren, dass der Vorstand sich selbst an das Register gewandt und auf diesen Umstand aufmerksam gemacht habe. Für alles weitere wie einen Abschlussbericht und die Benachrichtigung der Mitglieder sei nun die Genossenschaft selbst zuständig, sagt eine Mitarbeiterin. Bislang wurden diese aber weder über die Auflösung noch über den Verbleib ihres Geldes informiert.

Entstanden ist die Genossenschaft aus einer Bürgerinitiative, die das Stadtbad in den 1990ern für kulturelle Veranstaltungen nutzte. 2000 erfolgte die Gründung, im Jahr darauf kaufte sie das Bad für symbolische 100.000 Euro vom Liegenschaftsfonds des Landes. Nun wollte sie es sanieren, doch der Plan scheiterte, als eingeplante Fördergelder nicht gezahlt wurden. So musste die Genossenschaft das Stadtbad 2007 zum Einkaufspreis an die Stiftung Denkmalschutz Berlin abgeben, welche es ihrerseits im vergangenen Dezember an die GLS Sprachschule weiterverkaufte. Damit war der Genossenschaft ihr eigentlicher Sinn – der Erhalt des Stadtbads und die erneute Nutzung als Schwimmhalle – abhanden gekommen. Aufgelöst wurde sie deshalb jedoch zunächst nicht.

 

Die weitere Nutzung des Vermögens wurde nie geklärt

 

In einem Schreiben vom 29. Januar 2007, das den Prenzlauer Berg Nachrichten vorliegt, teilt der Vorstand den Mitgliedern mit, dass die Genossenschaft auch weiterhin dem Projekt verbunden bleiben und einen Freundeskreis aufbauen wolle. Erst mit Baubeginn solle ihre Auflösung angegangen werden; das Vermögen könne nach der Abwicklung entweder an die Mitglieder zurückgezahlt oder an den Freundeskreis übertragen werden. Bei einer Vollversammlung solle darüber abgestimmt werden, heißt es.

Doch soweit kam es nie. „Zuletzt habe ich von der Genossenschaft im Juli 2008 gehört“, erzählt Gerhard Friedrich. Einst hat der heute pensionierte Schumachermeister im Stadtbad schwimmen gelernt – eine persönliche Verbindung, die ihn zwei Anteile kaufen ließ. Seit zweieinhalb Jahren bemüht er sich nun, Kontakt zum Vorstand aufzunehmen, um Genaueres über die Zukunft der Genossenschaft und den Verbleib seines Geldes herauszubekommen. Doch seine Schreiben blieben stets unbeantwortet. „Wenn man Geld für eine gute Sache gibt, vertraut man darauf, dass damit verantwortungsvoll umgegangen wird“, meint Friedrich. Wenigstens eine Endabrechnung sei man den Genossenschaftsmitgliedern doch schuldig.

 

Kein Anschluss unter dieser Nummer

 

Mit der Genossenschaft in Kontakt zu treten ist schwer möglich. Die Telefonnummer, die sie noch im August 2011 auf ihren Briefkopf druckte, läuft ins Leere. Von der einstigen Internetseite www.stadtbad-oderberger.de wird man automatisch zur GLS Spachschule weitergeleitet, die auch keine näheren Informationen hat. Beim Unternehmen Wohnwerkstatt, welche zuletzt für die Verwaltung der Genossenschaft zuständig war, heißt es, man habe diese Aufgabe Ende März aufgegeben. Zuständig sei nun die Stiftung Denkmalschutz Berlin. Von dort ruft niemand zurück.

Von den fünf Vorstandsmitgliedern fehlen bei zwei die Kontaktdaten und zwei haben entsprechende Anfragen bislang nicht beantwortet. Lediglich Angelika Döhnert ist telefonisch zu erreichen, sagt aber, selbst auch nichts Neues zu wissen. „Ich bin 2004 aus Deutschland weggegangen, damit hatte sich das Thema für mich erledigt“, meint sie. Vor ein paar Wochen sei sie schriftlich über das Register informiert worden, dass die Genossenschaft aufgelöst werden solle. Weiter darum gekümmert habe sie sich aber nicht.

 

Unklar ist, um wie viel Geld es überhaupt geht

 

So ist nicht einmal zu erfahren, wie viele Mitglieder mit der Pleite der Genossenschaft ihr Geld verloren haben, und wie groß das Vermögen eigentlich war. Gerhard Friedrich hat lediglich eine Bilanz von 2002 vorliegen, in der von 3000 Genossenschaftsanteilen im Wert von gut 53.000 Euro die Rede ist. Im bereits erwähnten Schreiben der Vorstandes vom Januar 2007 wird berichtet, dass von den 100.000 Euro, die durch den Verkauf an die Stiftung Denkmalschutz Berlin eingenommen wurden, 75.000 Euro zur Tilgung eines Darlehens genutzt wurden. Dieses hatte die Genossenschaft aufgenommen, um einst selbst den Kaufpreis aufzubringen. 25.000 Euro seien an die Genossenschaft zurückgeflossen.

Eine realistische Einschätzung des Vermögens ist auf dieser Grundlage natürlich nicht möglich, zumal auch offen ist, welche Kosten das marode Stadtbad in den Jahren verursacht hat, in denen es im Besitz des Genossenschaft war. Somit bleibt Friedrich und den etwa 1000 anderen Mitgliedern, die die Genossenschaft gehabt haben soll, nur die Hoffnung, dass der Vorstand sich mit deren Auflösung doch noch ihrer erinnert und in einer letzten Bilanz offenlegt, wo das Kapital geblieben ist. Denn dass sie ihr Geld wiedersehen, erscheint unwahrscheinlich, ist doch „Vermögenlosigkeit“ der offizielle Grund für das Ende des einst so ambitionierten Projektes.



 

 

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