Diesmal mit Dichtern vom westlichen Rand Europas, wo Schriftsteller keine Steuern zahlen. Und mit einer Theaterparabel über einen Mann, der an der Wall Street nicht mehr mitmachen wollte.
Irland ist das Österreich des Westens. Beide Länder haben im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl erstaunlich viele bedeutende Schriftsteller hervorgebracht. Wilde, Joyce und Beckett auf der einen Seite und Schnitzler, Joseph Roth und Bernhard auf der anderen Seite. Und in beiden Ländern ist die Erkenntnis, dass sie ihren Ruf in der Welt vor allem ihren Dichtern verdanken, ziemlich weit verbreitet – weshalb in Irland Schriftsteller keine Steuern zahlen. Bisher ist dieses Privileg auch gegen Forderungen der EU, das verschuldete Land solle sich solche Sperenzchen doch sparen, verteidigt worden.
Doch während wir in Deutschland über neuere österreichische Literatur gut und schnell informiert werden, ist es um das Wissen über neuere irische Autoren nicht so gut bestellt: Bis auf Roddy Doyle und John Banville, die beide auch schon etwas länger im Geschäft sind, kennt man hier kaum welche. Gelegenheit zu Neuentdeckungen gibt es noch heute und morgen in der Literaturwerkstatt bei den Tagen der irischen Literatur. Am 8. Februar lesen die Autorin Claire Keegan, über die ihr amerikanischer Kollege Richard Ford einmal geschrieben hat, sie habe „ein wunderbares Gespür dafür, was eine Geschichte sein kann. Und sie hat einen genialen Blick für das Komische, das noch den traurigsten Dingen innewohnt“ sowie der Lyriker Ciaran Carson – diesmal allerdings aus seinem Roman „The Pen Friends“. Am Abend des 9. Februar werden dann Prosa und Lyrik zusammen und eine Verbindung zur Musik gestiftet: Liam Mac Cóil liest aus seinem Buch über den irischen Komponisten Charles Villiers Stanford (1852-1924) und Michael Longley wird Gedichte aus seinem Band „Collected Poems“ vorstellen.
Tage der irischen Literatur noch am 8. und 9. Februar in der Literaturwerkstatt Berlin, Knaackstr. 97 (Kulturbrauerei). Beginn jeweils um 20 Uhr. Eintritt: 5 Euro/ermäßigt 3 Euro. Weitere Informationen: literaturwerkstatt.org/
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„Ich möchte lieber nicht“ heißt der berühmte Satz, mit dem der Schreiber Bartleby in Hermann Melvilles gleichnamiger Erzählung seine Verweigerung artikuliert. „Ich möchte lieber nicht geschlossen werden“, würde derzeit die angemessene Erweiterung im Theater Unterm Dach lauten. Durch das Chaos der Pankower Sparpolitik hat die Premiere von „Bartleby“ am 9. Februar ein ganz besonderes Gewicht bekommen – jede Premiere könnte hier gerade die letzte sein. Der Berliner Regisseur Luzius Heydrich, der an der Ernst-Busch-Schule studierte, hat „Bartleby“ ursprünglich für das Zimmertheater Tübingen inszeniert und die Geschichte des Aktenkopisten, der erst die Arbeit und dann das Leben verweigert, wie zuletzt häufiger üblich, als Parabel auf den Widerstand gegen die Zwänge der Ökonomie verstanden. Eingeleitet haben diese späte Karriere der 1853 entstandenen Erzählung die Philosophen Giorgio Agamben und Gile Deleuze, die beide den rätselhaften Schreiber Bartleby als eine Metapher für den modernen Menschen schlechthin interpretiert haben. Knapp drei Wochen nach der Tübinger Premiere gastiert die Aufführung „Bartleby – eine Geschichte von der Wall Street“ nun vier Tage lang in der Hauptstadt.
Premiere am 9. Februar im Theater Unterm Dach, Danziger Straße 101. Weitere Termine: 10./11./12. Februar, jeweils um 20 Uhr, und eventuell im März. Kartentelefon: 9 02 95 38 17. Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 5 Euro, Schülerticket 2 Euro. Weitere Informationen: www.theateruntermdach-berlin.de