Ungewohnte Einigkeit bei den engagierten Bürgern am Mauerpark: Der Senat soll Geld vorschießen für die Erweiterung. Sind die Streitigkeiten damit beendet?
Die Zeit der langen Festivalsonntage im Mauerpark ist für dieses Jahr vorbei. Doch während sichtbar vorerst Ruhe eingekehrt ist, werden im Hintergrund gerade eifrig die Strippen gezogen. Im nächsten Jahr schon muss schließlich die ewige Debatte um die Erweiterung des Parks entschieden werden, will das Land nicht die 2,3 Millionen Euro an die Allianz Umweltstiftung zurückzahlen, die diese einst zur Anlage des Parks zur Verfügung gestellt hatte mit der Auflage, dass dieser vergrößert werden müsse.
Unter den Bürgern des Prenzlauer Bergs gibt es zwei Gruppen, die sich sehr in dieser Frage engagieren. Doch die Stiftung Weltbürgerpark auf der einen und die Freunde des Mauerparks sowie die Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen auf der anderen Seite waren sich lange keineswegs grün. In den vergangenen Wochen haben nun beide Parteien unabhängig voneinander den gleichen Lösungsvorschlag für das Erweiterungsproblem präsentiert: Das Land soll die Fläche kaufen und mittelfristig über Vermietungen an Gewerbe die Kosten wieder reinholen. Doch wie genau soll das vor sich gehen? Und hilft diese neue Gemeinsamkeit vielleicht, die alten Grabenkämpfe zu vergessen?
Wir haben beide Parteien getrennt voreinander befragt.
Wie soll es in Sachen Erweiterung des Mauerparks im nächsten Jahr weitergehen?
Frank Möller, Stiftung Weltbürgerpark
„Wir wünschen uns einen großen Mauerpark ganz ohne Bebauung. Damit das klappt, soll der Senat das Geld für den Flächenankauf vorschießen. Refinanzieren wollen wir das zum einen über Verpachtung an Gewerbe wie den Flohmarkt. Zum anderen wünschen wir uns Nutzungsformen wie das Urban Gardening: Gegen Spenden könnten kleine Grünflächen zur eigenen Bewirtschaftung an Bürger vergeben werden. Generell ist es wichtig, dynamische Konzepte zur Gestaltung der Fläche zu wählen, um auch die Verbindung mit dem Wedding zu schaffen. Bislang gelingt das vor allem auf dem Kinderbauernhof. Das Urban Gardening könnte dabei helfen.
Derzeit staut sich alles hinter dem politischen Willen – der Senat muss möglichst bald eine Entscheidung fällen. Wenn man mit der ökologischen und historischen Bedeutung des Mauerparks argumentiert, sollte es kein Problem sein, auch Spender zur Refinanzierung zu finden.“
Rainer Krüger, Bürgerwerkstatt Mauerpark Fertigstellen
„Ob der rot-schwarze Senat sich angesichts des knappen Wohnraums für die große Grünflächenlösung entscheidet, ist fraglich. Für uns ist vor allem eine Vermeidung aller Bebauung südlich des Gleimtunnels wichtig. Darüber hinaus gilt es, dass grüne Band und damit die Kaltluftschneise zu erhalten. Wir sind keine Bebauungsfreaks, aber man muss das realistisch sehen.
Unabhängig davon halten wir es aber für nicht angemessen, dass dieser besondere Ort unter den Tisch fällt, weil alles Geld für Tegel und Tempelhof drauf geht. Wir müssen da nun das Land in die Pflicht nehmen, um später dann, unter anderem etwa mit Hilfe der Stiftung, bei der Refinanzierung helfen. Das ist das Angebot der Bürger an den Staat und das Zeichen, das wir hier kein Geld verschwenden wollen, sondern die Ausgaben refinanzieren.“
Wie sieht Ihr Engagement in der Frage derzeit konkret aus?
Frank Möller
„Der Plan, den Senat die Fläche für die Erweiterung kaufen zu lassen, ist gut. Es gibt aber einige Feinheiten zu beachten, denn mit dem Vorschlag des Tausches Fläche gegen Baurecht wurden Begehrlichkeiten bei der Vivico als derzeitigem Grundstücksinhaber geweckt. Wir gehen davon aus, dass das Land das Gelände als Grünfläche kaufen kann, was 10 bis 12 Millionen Euro kosten dürfe. Für einen entsprechenden Bebauungsplan werben wir gerade bei den zuständigen Bezirksverordneten in Mitte. Problematisch könnte er werden, wenn die Vivico zu diesen Konditionen aber nicht verkaufen will – dann müsste man enteignen, was geht, wenn man mit der benötigten Grünfläche argumentiert. Falls das klappte, würde es aber heikel, mit gewerblicher Nutzung den Kauf zu refinanzieren. Diese juristischen Feinheiten klären wir gerade. Schön wäre es, wenn uns Senat und Bezirksämter dabei mit ihrem Wissen unterstützen könnten. Auch etwa beim Einwerben von Geldern wie EU-Mitteln wäre deren Know-How hilfreich.
Darüber hinaus sammeln wir natürlich weiterhin Geld für den Ankauf der Flächen und überlegen, mit welchen Möglichkeiten man noch so alles Geld verdienen kann. Was spricht etwa gegen eine Mauerpark-Lotterie?“
Rainer Krüger
„Für uns als Bürgerwerkstatt ist es wichtig, dass der Senat jetzt noch einmal die bislang eingefrorenen letzten Planungsmittel freigibt und wir unsere Arbeit abschließen können. Es ist schließlich einfacher, jemanden für eine Parkerweiterung ohne Bebauung zu gewinnen, wenn man schon genaue Pläne vorlegen kann, wie das später aussehen soll. Die könnten wir liefern, sodass man nach der Klärung der Grundstücksfrage gleich mit den Bauarbeiten loslegen könnte. Der Plan ist ein Zeugnis dafür, dass die Bürger wissen, was sie wollen.“
Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit den anderen engagierten Bürgern vorstellen?
Frank Möller
„Direkten Kontakt zu den Freunden des Mauerparks und den Mitgliedern der Bürgerwerkstatt gibt es derzeit noch nicht. Das gegenseitige Vertrauen ist strapaziert; wir verstehen etwa nicht, warum sie uns mangelnde Transparenz vorwerfen. Dennoch sind wir für eine Zusammenarbeit offen.“
Rainer Krüger
„Derzeit gibt es keine großen persönlichen Kontakte. Aber uns eint das Ziel, eine große Bebauung des Mauerparks zu verhindern. Natürlich war es für uns fies, dass sich die Stiftung so dafür stark gemacht hat, dass das Geld für die Bürgerwerkstatt erstmal auf Eis gelegt wurde. Das damit verlorene Vertrauen muss erstmal wieder hergestellt werden. Zudem müssten sich Vorstand und Stiftungsrat neu aufstellen; bislang fehlt im Rat etwa ein prominentes SPD-Mitglied. Außerdem sollte man transparenter mit den Finanzen umgehen: Bis heute weiß niemand, wie viel Geld die Stiftung schon gesammelt hat. Generell sind wir aber natürlich bereit für die Zusammenarbeit im Sinne der guten Sache; dafür müssen wir ja auch nicht gleich alle der Stiftung beitreten. Die Bildung eines Aktionsbündnisses wäre durchaus denkbar.“
Vivico, Gustav Lange und eine Bürgerwerkstatt auf Eis? Wer da nur Bahnhof versteht, dem sei ein Blick in das PBN-Dossier „Mauerpark“ empfohlen.
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