Die Verwaltung will transparenter werden. So jedenfalls hört man es von der Pankower Verwaltung und Lokalpolitikern. Eine Bestandsaufnahme.
Im Juli 2009 wurde der SPD-Antrag in der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingebracht. Das Bezirksamt wurde aufgefordert, die Einrichtung eines Rückrufservices für Bürger zu forcieren. Pankower sollen, erreichen sie einen Verwaltungsmitarbeiter nicht, per Rückruf kontaktiert werden. Insgesamt sechs Beratungen und Zwischenberichte später stand das Thema in der jüngsten BVV erneut auf der Tagesordnung. Datenschutzfragen wurden inzwischen erörtert, außerdem konnte die Feststellung verkündet werden, dass Anrufe Gebühren kosten. Inzwischen gebe es auch Ideen, wie sich der Anrufbeantworter melden könnte. So: „Wenn Sie einen Rückruf wünschen, sprechen Sie nach den Piepton Ihren Namen, Ihre Rufnummer und Ihr Anliegen auf den Anrufbeantworter.“ Beschlossen ist freilich noch nichts. Das Thema bleibt auf der Tagesordnung.
Bürgerbeteiligung bei Ämtern umzusetzen, ist ein langer Prozess. Hierarchien im Amt müssen beachtetet werden, die BVV und ihre Ausschüsse einbezogen werden, verkrustete Strukturen in der Verwaltung aufgebrochen werden, und das bei permanenten Klagen der Überforderung bei den Angestellten. Die sicher noch lange nicht beendete Geschichte um das Projekt Rückruf zeigt das genauso wie ein anderer Antrag, der in der vergangenen BVV auf der Tagesordnung stand. Wieder ein Antrag der SPD, hierbei ging es darum, dass Bürger mit „geeigneten Mittel“ über Amtsvorgänge in Pankow informiert werden sollen. Gestellt wurde er: vor sieben Jahren. Bis jetzt gibt es elf Zwischenberichte, weitere werden folgen. Der Grünen-Antrag, dem es um ein „Internetangebot Bürgerbeteiligung“ geht, hat eine vergleichsweise junge Geschichte. Er wird erst seit März 2010 behandelt und vertagt.
Piraten werden weggelacht
Man kann die Zähigkeit all dieser Beratungsprozesse beklagen, man kann aber auch anerkennen, dass allein in der jüngsten BVV gleich drei Anträge zu den Themen Transparenz und Bürgerbeteiligung auf dem Plan standen. Fest steht: Das Amt und auch die meisten Verordneten haben begriffen, dass diese Fragen immer mehr Bürger umtreiben. Jetzt muss sich nur noch zeigen, ob sie es mit der Umsetzung ernst meinen oder man es bei all den wohlklingenden Anträgen mit auf Papier gebrachten Sonntagsreden zu tun hat. Auch hier lohnt ein Rückblick auf die jüngste BVV.
Jan Schrecker, Verordneter der Piratenfraktion, stellte eine Anfrage an Christine Keil, Stadträtin für Immobilien und Jugend (Die Linke). Es ging um die Zertifizierung durch sogenannte Energieausweise in Pankower Schulen. Auf die ausweichende Antwort von Christine Keil, dass es auf jeden Fall solche Ausweise gebe, fragte Schrecker erneut nach. „Das weiß ich. Aber welche“? Reaktion: Christine Keil verließ ohne zu antworten das Rednerpult, Gelächter zog sich durch den gesamten Saal und alle Fraktionen außer der der Piraten hatten einen großen Spaß. Dem Neuling wurde gezeigt, was er sich erlauben kann. Nerviges Beharren auf Antworten gehört scheinbar nicht dazu.
„So richtig glaubhaft wirkt das nicht“
Die Piraten waren bei der vergangenen Wahl erfolgreich, so die weitgehend akzeptierte Interpretation, vor allem wegen ihrer Forderung, einen transparenteren Politikstil als die anderen Parteien zu pflegen. Man kann die ersten Gehversuche der Pankower Piraten mit einigem Recht als naiv, teilweise chaotisch und oft unkoordiniert beschreiben. Doch der Umgang mit ihnen in oben beschriebener Situation wirft auf jeden Fall die Frage auf, wie ernst es den Verordneten mit einem Dialog auf Augenhöhe ist – sei es mit ungeübten Piraten-Mitgliedern oder mit noch amtsferneren Menschen, auch genannt: Bürger.
Der in der BVV noch weggelachte Pirat Schrecker gibt sich gelassen. Gestört habe es ihn aber doch, dass er mit seiner nicht abwegigen Frage nach dem Einsatz von Energieausweisen im Bezirk einfach ignoriert wurde. „Man fragt sich dann natürlich schon, ob man überhaupt ernst genommen wird. Auch wenn es lobenswert ist, dass sich alle Parteien die Forderungen nach Bürgerbeteiligung auf die Fahnen geschrieben haben – so richtig glaubhaft wirkt das noch nicht.“
Schrecker kündigte an, dass der Druck auf die Verwaltung diesbezüglich jetzt erhöht werden soll. Wie das aussehen kann, ist auf der Liste der Kleinen Anfragen sichtbar: Innerhalb einer Woche stellte Schrecker gerade sechs davon. Eine siebte soll bald folgen, es geht wieder um die Energieausweise. „Irgendwie müssen wir die Information ja bekommen.“ Wie gesagt: Transparenz in der Verwaltung ist ein zäher Prozess.
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