Der Schriftsteller Eugen Ruge will die Prenzlauer Berger demnächst in einen echten Jurassic Park des Sozialismus entführen, Julia Franck lädt derweil ins Ost-Berlin der 50er Jahre ein.
Er holte den Deutschen Buchpreis 2011 in den Kiez: Eugen Ruge, der 1954 als Sohn des marxistischen DDR-Historikers Wolfgang Ruge in Soswa (Ural) geboren wurde, lebt heute in Prenzlauer Berg und auf Rügen. Sein preisgekröntes Prosadebüt „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ (Rowohlt Verlag 2011, 432 Seiten, 19,95 Euro) ist ein Familienroman zur DDR-Historie – und eine Geschichte der schwindenden Begeisterung: Es geht um die abnehmende Strahlkraft der kommunistischen Ideologie während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ruge beginnt mit den Großeltern Wilhelm und Charlotte Umnitzer, die ihr Leben noch ganz in den Dienst der sozialistischen Sache stellten, und endet mit Urenkel Markus, der auf die politischen Verblendungen und Konflikte seiner Vorfahren etwas verständnislos zurückblickt. Für Markus ist die DDR nur noch die untergegangene Heimat seltsamer, humanoider Urzeitreptilien, die beim 90. Geburtstag seines Großvaters aufgeregt durcheinanderschnattern (mehr Infos hier). Eugen Ruge wird diesen schönen Jurassic Park des Sozialismus den Prenzlauer Bergern bald höchstpersönlich vorstellen: Bei seiner Lesung in der Clinker Lounge.
Am 30. November um 20 Uhr in der Backfabrik/Clinker Lounge, Saarbrücker Straße 36a. Karten zu 8 Euro unter 43735734 und in „Buchbox“-Filialen. Infos auch hier.
***
Tja, da kommen sich wohl zwei Veranstaltungen in die Quere: Ausgerechnet am gleichen Tag, zur selben Uhrzeit wie Eugen Ruge liest auch Julia Franck in Prenzlauer Berg. Auch sie hat den Deutschen Buchpreis in der Tasche, 2007 bekam sie ihn für „Die Mittagsfrau.“ Und wie Ruge erzählt sie in ihrem jüngsten, fünften Roman „Rücken an Rücken“ (S. Fischer Verlag 2011, 380 Seiten, 19,95 Euro) ebenfalls eine autobiografisch gefärbte Familiengeschichte aus der DDR: Ella und Thomas, zehn und elf Jahre alt, wachsen Ende der 50er Jahre in Ost-Berlin auf. Ihre Mutter, die Bildhauerin und überzeugte Kommunistin Käthe, vernachlässigt die Kinder dermaßen, dass sie einfach weglaufen – und Käthe merkt es noch nicht einmal. Vom sexuellen Missbrauch bis hin zu körperlichen Züchtigungen beim Arbeitsdienst im Steinbruch erspart Julia Franck den Geschwistern auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben kaum eine Demütigung. Ob und wie Ella und Thomas das am Ende durchstehen, ist im Kesselhaus zu erfahren.
Am 30. November um 20 Uhr im Kesselhaus/Kulturbrauerei. Karten zu 12/10 Euro im Georg-Büchner-Buchladen unter 4421301 oder zu 15/12 Euro an der Abendkasse.
***
Es mag ja ganz nett sein, zu Vernissagen oder ins Museum gehen. Noch netter, aufschlussreicher und persönlicher ist es aber zweifellos, Künstlern schon während der Arbeit über die Schulter schauen zu können; sich von ihnen erklären zu lassen, wie ihre Arbeiten eigentlich zustande kommen, und zu beobachten, wie aus unvollkommenen Skizzen oder Entwürfen beeindruckende Kunstwerke entstehen. In Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee kann man das am kommenden Wochenende tun, bei „p.art 2011 – Tage der offenen Ateliers“. Künstler aus allen drei Ortsteilen öffnen ihre Ateliers und Werkstätten, insgesamt 12 geführte Ateliergänge stehen auf dem Programm, außerdem Ausstellungen, Performances, Musikvorführungen und vieles mehr. Das Programm mit allen – übrigens kostenfreien – Führungen und Events steht hier zum Download bereit.
p.art – Tage der offenen Ateliers. Am Samstag, 26. November, von 13 bis 20 Uhr und am Sonntag, 27. November, von 13 bis 18 Uhr.