Die ungewisse Zukunft in der Wisbyer Straße

von Thomas Trappe 21. November 2011

In einem Häuserblock an der Straße gibt es einen mühsam ausgehandelten Mietfrieden. Doch der könnte bald enden. Grund ist ein Topmanager-Prozess in München. 

Es war eine Art Notbremse. Eilig wurde vor ziemlich genau zwei Jahren ein Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung gesetzt, es ging darum, Rentner und Hartz-IV-Empfänger davor zu bewahren, dass sie aus ihren Wohnungen fliegen, weil sie die Miete nicht mehr zahlen können. Die Mission glückte, eine so genannte Umstrukturierungssatzung wurde erlassen. Was hieß, dass die Mieter im Milieuschutzgebiet Humannplatz davor bewahrt wurden, nach der vorangegangenen Sanierung plötzlich fast doppelt so viel wie bisher für ihren Wohnraum zu zahlen. 

Die Situation schien bereinigt. Doch jetzt ist wieder alles offen, zumindest für einen Teil der Mieter. Konkret für jene des Blocks zwischen der Scherenberg-, Kugler-, Glasbrennerstraße und Wisbyer Straße. Sie sind Mieter in einem Haus, das gleich in mehreren Gerichtsverfahren eine Rolle spielt – und das deshalb auch bald zwangsversteigert werden könnte. Abmachungen, die Mieterhöhungen für alteingesessene Mieter verhindern, wären damit nichtig.

 

Zwangsversteigerung ist möglich

 

Doch der Reihe nach: Die Immobilie mit rund 170 Wohnungen gehört zum Besitz von Gerhard Gribkowsky, einen ehemaligen Top-Banker der Bayerischen Landesbank, der aufgrund des Verdachts illegaler Geschäfte unter anderem mit Formel-1-Manager Bernie Ecclestone gerade in München vor Gericht steht. Auch sein ehemaliger Arbeitgeber, die Landesbank, behält sich vor, Schaden, den Gribkowsky verursacht haben könnte, so weit wie möglich aus seinem Privatvermögen zu begleichen. 

Offizielle Statements gibt es von der Landesbank zu dem Fall nicht. Aber nach inoffiziellen Informationen kann inzwischen als gesichert gelten, dass zu dem potenziell einziehbaren Vermögen auch die Immobilie an der Wisbyer Straße gehört. Fakt ist, dass dieser Vermögensteil bereits durch die Landesbank „eingefroren“ wurde, Gribkowskys Firma also keinen Zugriff mehr darauf hat. Auch beim Gericht in München ist man nur zu Hintergrundgesprächen bereit. Aber auch hier ist der Tenor, dass der Ausgang des Verfahrens offen ist, am Ende aber, nur eine von mehreren Möglichkeiten, die Zwangsversteigerung stehen könnte.

 

Mieterberatung empfiehlt juristischen Beistand

 

In diesem Fall, so Sylvia Hoehne-Killewald, Geschäftsführerin der Mieterberatung Prenzlauer Berg, wären alle Abmachungen, die die Wohnverhältnisse in der Immobilie betreffen, passé. Vor allem das Verbot von drastischen Mieterhöhungen, das vor zwei Jahren von der BVV auf den Weg gebracht wurde. „Den Bewohnern wäre in diesem Fall wohl dringen angeraten, sich einen Anwalt zu nehmen“, rät Hoehne-Killewald. Noch geht sie aber davon aus, dass die alten Bestimmungen bestehen blieben. „Ansonsten müsste man auf politischen Wege etwas tun.“ In dem Haus sind laut Statistik der Mieterberatung von Anfang 2011 rund 40 Prozent aller Mieter „finanzielle Härtefälle“.

Sollte das Verfahren mit einem Freispruch Gribkowskys enden, heißt das im Übrigen nicht, dass alles beim Alten bleibt. Eine Klage, von der es Anfang des Jahres noch hieß, sie werde von Gribkowsky erwogen, ist inzwischen eingereicht. So bestätigte der zuständige Bezirksstadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) gegenüber den Prenzlauer Berg Nachrichten, dass die Immobilie in der Wisbyer Straße auch noch ein Berliner Gericht beschäftigt. So gebe es eine „Amtshaftungsklage“ gegen das Land Berlin, Ende dieses Monats soll entschieden werden, ob das Land Schadenersatz zahlen muss für verloren gegangene Mieteinnahmen. Damit scheint klar, dass der Mietfrieden in dem Haus ein fragiler ist. Egal, wie die diversen Prozesse ausgehen.

 

 

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