Mit der Goldenen Hausnummer wurden vor der Wende von den Bewohnern besonders gut gepflegte Häuser ausgezeichnet. Heute hängen die Plaketten noch, aber der Lack ist ab.
Diese Hausnummer ist golden, das steht zum Glück drauf. Denn an der Farbe erkennen kann man das schon lange nicht mehr. Längst ist die helle Schicht abgeplatzt und hat ein zerkratztes Schild hinterlassen, in das der Berliner Bär und ein Schriftzug eingeprägt sind: „Goldene Hausnummer“ steht da. Fast ein Hohn, dass es sich bei der heruntergekommenen Plakette ausgerechnet um eine Auszeichnung für besonders gepflegte Häuser aus DDR-Zeiten handelt.
„Die Goldene Hausnummer war ein Danke an alle, die sich um ihr Haus gekümmert und das nicht nur für sich selbst gemacht haben“, erklärt Klaus Lemmnitz. Heute ist er Vorsitzender des Bürgervereins Pro Kiez Bötzowviertel, damals war er als Mitglied des Wohnbezirksausschusses für die Verleihung der Hausnummern mit zuständig. „Viele wollten die Bedingungen im Kiez verbessern“, erzählt er weiter. Ob Gestaltung der Höfe und Balkone und Renovierungsarbeiten an den Fassaden oder im Hausflur, die Eigeninitiative der Bewohner sei gefragt gewesen. „Die Goldene Hausnummer war begehrt, da gab es eine richtige Wettbewerbsstimmung.“ Dabei hätte es sich doch nur um eine einfache bemalte Plakette gehandelt.
Förderung der Nachbarschaftshilfe statt politischer Agitation
Die Idee für die Auszeichnung stammte vom Magistrat von Berlin. Seit Mitte der 1980er Jahre hätten die Wohnbezirksausschüsse sie im Osten der Stadt verliehen, meint Lemmnitz. „Das hatte auch etwas mit dem Neuen Denken damals zu tun.“ Der Kern der Idee sei jedoch nicht politisch, sondern die Nachbarschaftshilfe gewesen. Wer jedoch ein wenig zu dem Thema recherchiert, liest auch, dass ein Haus seine Chance auf eine Goldene Hausnummer erhöhen konnte, indem seine Bewohner an staatlichen Feiertagen besonders euphorisch flaggten.
Wie viele Goldene Hausnummern er verleihen durfte, daran erinnert sich Lemmnitz nicht mehr genau. „Irgendwann war fast jedes zweite Haus ausgezeichnet“, meint er. Im Januar 1989 vermeldete die Berliner Zeitung, dass beinahe 3500 Goldene Hausnummern vergeben worden seien. Viele davon zieren bis heute die Fassaden nicht nur im Bötzowkiez, sondern im ganzen Ostteil der Stadt.
Ob es außer der Ehre auch eine finanzielle Unterstützung für die engagierten Hausbewohner gegeben habe, auch das kann Lemmnitz nicht mehr sicher sagen. Einen Anlass für ein Hoffest habe die Verleihung der Plakette aber in den meisten Fällen geliefert, meint er. Die Idee, dass sich die Bewohner selbst für ihr Wohnumfeld engagieren, findet er auch heute noch gut. „Aber man darf ja nicht mehr so einfach Blumen pflanzen oder die Zäune zwischen Höfen einreißen, damit die Kinder mehr Platz zum Spielen haben, wie damals.“
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