Im Winter auf Eis-Entzug

von Ute Zauft 23. September 2011

Wenn’s draußen frisch wird, werden die Schlangen vor den Eisdielen merklich kürzer. Doch was machen die Eisverkäufer eigentlich den langen Berliner Winter über?

Annamaria Fedora sitzt an einem der kleinen Tische der Eisdiele, die ihren Namen trägt. Neben ihr schimmern Schokoladen-, Pistazien- und Vanille-Eis sahnig-cremig in der Glasvitrine. Vor ihr auf dem Tisch: ein noch etwas ungeordneter Stapel Rechnungen. Jedes Mal nehme sie sich vor, den Papierkram immer gleich ordentlich wegzusortieren, seufzt die zierliche Frau mit dem dunklen Pagenkopf. „Und doch schaffe ich das nie!“ Die gebürtige Italienerin muss jetzt noch schnell Ordnung in ihre Ablage bringen, denn Ende September wird sie ihre Eisdiele „Annamaria“ in der Husemannstraße für fünf Monate schließen.

Es gibt in Prenzlauer Berg zwei Sorten von Eisverkäufern: Die Puristen und die Gemischtwarenhändler. Die Puristen schließen während der Wintermonate ihre Eisdielentüren und kehren erst mit der Hoffnung auf den Frühling wieder zurück. Die Gemischtwarenhändler dagegen versuchen, auch in der kalten Jahreszeit mit warmen Waffeln oder süßen Kuchen zu locken. Annamaria gehört zu den Puristen und ist damit auch Saisonarbeiterin. Von März bis September ist sie quasi jeden Tag in der Eisdiele, und das seit rund 15 Jahren, erst in Charlottenburg, seit 2000 in Prenzlauer Berg.

 

Auch in Italien kann es kalt sein

 

Und im Winter? Zurück in die italienische Heimat? Annamaria wiegt den Kopf zögernd hin und her. „Ich komme aus Norditalien, dort ist es kalt und nebelig“, erklärt sie mit einem entschuldigenden Lächeln. Seit zwei Jahren verbringt sie deswegen einen Großteil des Winter in einem kleinen Dorf an der portugiesischen Küste. Und dann hängt sie natürlich doch noch ein paar Wochen Italien dran, um Familie und Freunde zu besuchen! Viele beneiden die Eismacherin um die lange Zeit, die sie am Stück frei hat. Sie selbst ist damit aber gar nicht so glücklich: „Am Ende des Winters fühle ich mich immer wie eingerostet und muss mich erst wieder in Schwung bringen.“ Ganz abgesehen davon, dass es praktisch unmöglich ist, in den Sommermonaten Freundschaften oder Hobbies zu pflegen.

Das Wort Gemischtwarenhändler fände Yücel Öc wohl nicht ganz so passend für das Caramello in der Hufelandstraße, das ganzjährig geöffnet ist. Der 41-Jährige ist einer der beiden Geschäftsführer des Eis-Cafés, das insgesamt drei Filialen in Prenzlauer Berg hat. Das Caramello hat zwar ein große Eis-Vitrine, aber daneben noch genug Platz, um an hellen Tischen auch im Winter ein heißes Getränk zu sich zu nehmen. Außerdem gibt es Kuchen und Schokoladen-Feinkost. Eis wird aber trotzdem auch im Winter verkauft: Für Anfang November ist eine Neukreation des hauseigenen sizilianischen Eismachers geplant. Was genau, will Öc nicht verraten. „Eis, aber anders, und einmalig in Berlin!“

 

Der Frühling beginnt für Annamaria im März

 

Annamaria hat derweil alle Rechnungen erfolgreich abgeheftet und hält einen Plausch mit einer Stammkundin, die fast jeden Nachmittag mit ihrem Sohn vorbeikommt. Am Spielplatz heiße es schon: Noch schnell mal zu Annamaria, bevor der Winter kommt! Die kleine Italienerin hat durchaus ein wenig Mitleid mit den Eisliebhabern: „Ich mache immer am 1. März wieder auf, egal wie das Wetter ist!“ Sie strahlt als wolle sie schon jetzt den Winter vertreiben: „Dann haben die Leute Lust auf Frühling und auch wieder Lust auf Eis.“

 

Hier ein paar Eisdielen im Kiez, die auch im Winter mit Eis und anderen Dingen locken:

  • kauf dich glücklich: Oderberger Straße 44
  • Mokka Milch Eisbar: Schönfließer Str. 14. Hier ist Eis am Kaminfeuer möglich!
  • Caramello: Rykestr. 7, Kollwitzstr. 37, Hufelandstr. 14
  • Chocolat: Kollwitzstr. 37. Leider im Winter Suppen statt Eis, aber auch lecker!

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