Unsere Parkuhr soll schöner werden

von Juliane Schader 20. September 2011

In Prenzlauer Berg haben Grundschüler bunte Hüllen für Parkscheinautomaten entworfen. Wer kann so etwas wollen?

Es gab eine Zeit in meiner, ja, westdeutschen Jugend, da mussten wir alle Zahnspangen tragen. Die Dinger ziepten und zerrten, in einen Apfel beißen konnte man mir ihnen schon gar nicht, und dann sahen sie auch noch schrecklich aus. Während man den ersten Unwegsamkeiten wenig entgegenzusetzen vermochte, versuchte die Ärztin voll guten Willens wenigstens das Aussehen zu optimieren, indem sie Teile der Spangen in Neonfarben anfertigen ließ und das Ganze dann mit Glitzerzeug verkittete. Zumindest bei den Mädchen war das so, für die Jungs gab es sicherlich eine Alternative mit Batman. So sah alles irgendwie anders und bunter aus, aber am Grundübel änderte es doch nichts: Man musste eine Zahnspange tragen.

Ich denke, dass mit den Parkuhren in Prenzlauer Berg derzeit etwas Ähnliches passiert.

Schon im Herbst des vergangenen Jahres, als die Sache mit dem klingenden Namen „Parkraumbewirtschaftung“ ins Rollen kam, hatte das Bezirksamt einen Wettbewerb ausgerufen, um die ansonsten einfach blauen Hüllen der Parkscheinautomaten ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten. Oder, wie das Amt es nennt, „um die Parkschein-Automaten als Botschafter für die kreative Szene und das künstlerische Potential in Prenzlauer Berg zu nutzen.“

57 Künstler, darunter viele Grundschüler, fühlten sich daraufhin berufen, eine vorgefertigte Schablone in Parkuhrform zu gestalten und sie als Wettbewerbsbeitrag einzureichen. Eine nicht näher benannte, aber sicherlich fachkundige Jury hat aus den Entwürfen 21 als Sieger ausgewählt, die wiederum auf Klebefolie gedruckt und in der vergangenen Woche an Parkuhren im Gleimviertel sowie entlang der Kollwitz- und Greifenhagener Straße angebracht wurden.

 

Was sagen die Sprayer zur Diskreditierung ihrer Kunst?

 

Was viele Fragen aufwirft: Was sagen eigentlich die Sprayer dazu, denen bislang die Verschönerung der Säulen mit Tags oblag und die sich sicherlich in ihrer Kunst durch solche Gegenpropaganda schändlich missachtet fühlen? Hat man den Grundschülern gesagt, was sie da bemalen? Und was bitte war auf den 36 Entwürfen abgebildet, die nicht ausgewählt wurden? Ich tippe auf Stinkefinger und die perfekte Anmutung der Parkuhr als Baum, auf dass man endlich besten Gewissens behaupten kann, man habe ja einen Parkschein ziehen wollen, nur die Zahlstelle einfach nicht gefunden.

Was uns zurückbringt zu den Zahnspangen. Schon damals war mir klar, dass die Spange an sich zwar gehörig nervte, aber irgendwie doch einen gewissen und dazu nicht ganz unsinnigen Zweck verfolgte. In klassischer Schlichtheit hätte ich sie daher vielleicht sogar akzeptieren können. Als neonfarbenes Feuerwerk war sie aber unerträglich, unerträglich unübersehbar.

Nun soll man aber nicht aus einem Text gehen, indem man die Arbeit von Kindern diskreditiert. Nein, liebe Schüler der Grundschule am Falkplatz, ich mag Eure Kopfmenschen und Monsterblumen und sogar die lustigen Euro-Zeichen sehr gerne. Aber man hat sie auf Parkuhren gepappt, und das teilweise übrigens äußerst schlampig. Als hätte das Bekleben ein Laie übernommen! Liebe Street-Artisten: Ich plädiere bei Eurer Motivwahl für Monochrom Blau.

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